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Kölner Autor Yannic Han Biao FedererWo kommst du eigentlich her?

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Yannic Han Biao Federer

Köln – „Wo kommst du her?“ fragt eine Frau auf einer Hochzeitsfeier den Erzähler. „Aus Köln, sagte ich.“ Doch das reicht der Wienerin nicht: „Naa, sie machte eine wegwerfende Geste, wo kommst du eigentlich her?“ Seine Antwort: „Ach so. Freiburg.“ Die Frau lässt nicht locker: „Und deine Eltern?“ Er: „Auch, sagte ich.“ Schließlich stellt sie fest, dass sie sich „halt total“ dafür interessiere, woher die Leute kommen: „Weil ganz bist du ja nicht was anderes, nur halb, oder?“

Solch inquisitorische Befragungen sind dem Ich-Erzähler in Yannic Han Biao Federers Roman „Tao“ leidig vertraut. Die Frage nach der Herkunft muss Tao, der von den meisten Tobi genannt wird, in diesem Roman mehrmals beantworten. Allerdings begibt er sich auch selbst auf die Suche nach den Spuren seiner Herkunft und reist deshalb nach Hongkong. Bei seiner Ankunft prägen gerade die Massenproteste im Zeichen des Regenschirms die Metropole: „Stop violence“. Die Überlegung, einen Mundnasenschutz zu kaufen, wird da noch vom Tränengas und nicht vom Virus angeregt.

Tao macht sich auf den Weg nach Asien wie zuvor schon sein Vater. Der war ebenfalls aus Deutschland in die Sonderverwaltungszone Hongkong gereist, um den Geburtsort seines eigenen Vaters zu finden. Taos Großvater stammte aus einer chinesischen Familie, die Hunger litt und derart verarmt war, dass sie das Kind nach Indonesien verkauft hatte.

Wenn das Autobiografische zu nahe geht

Wie man von alledem erzählen kann, ist ein wesentlicher Aspekt in „Tao“. Yannic Han Biao Federer, 1986 in Breisach geboren und in Köln lebend, führt zunächst den Ich-Erzähler ein, der aufschreibt, was wir hier lesen. Doch weil Tao das Autobiografische viel zu nahe geht, wechselt er die Perspektive und überträgt seine Geschichte einem Alter Ego namens Alex – so „als handelte der Text nicht von mir“.

Aber damit sind nicht alle Erzählprobleme gelöst. Was ist wahr und was ist erfunden, wenn man sich das eigene Leben erzählt? Schon die Mutter weist Tao darauf hin, dass seine Erinnerung Lücken aufweise. Und die Versuche von Micha, die Biografie des Freundes für ein Hörspiel zu nutzen und ihn dort als Yán einzuführen, stoßen bei Tao auf keine Begeisterung: „Yán kommt mir etwas weinerlich vor.“ meldet er dem Freund. Das angefügte „Haha“ klingt nicht locker, sondern eher aufgesetzt.

Tristesse in Köln-Kalk

Wie schon der Debütroman „Und alles wie aus Pappmaché“, auf dessen Coming-of-Age-Geschichte in „Tao“ angespielt wird, beeindruckt auch der neue Roman mit Erzählrhythmus und Formbewusstsein. Ständig wechselt Yannic Han Biao Federer die Erzählfäden, die miteinander verbunden sind. Mal schildert er die Tristesse in Köln-Kalk und mal dem Liebeskummer mit Miriam, die unter dem Verlust des Vaters leidet (ja, es ist auch ein Väter-Roman). Dann chattet er mit Micha über literarische Fragen, führt eher beiläufig die Nachstellungen aus Schulzeiten an und handelt von Erkundungsreisen und Familienbesuchen in Asien.

In so klarer wie geschliffener Sprache wird von der Suche nach der Identität erzählt. Der Ich-Erzähler erwähnt, dass er seinem Manuskript den Arbeitstitel „Hauttyp“ gegeben habe. Dieses Motiv wird einige Male intoniert. Es bekommt eine besondere Dynamik in dem Moment, in dem sich der Held bei seiner Ärztin am Telefon beklagt, die verordneten Tabletten machten seine Haut bleich und bleicher. Die fernmündliche Diagnose gehört zu den amüsanten Momenten, die es in diesem Roman ebenfalls gibt.

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Nicht zuletzt besticht der Autor als hellwacher Beobachter, wenn er „bunte Regenjacken mit vorgespanntem Hund“ ausmacht oder wenn sein Held versucht, dem Wind die Flasche zu entwenden, in die dieser pfeift. Das mit dem Wind klappt nicht so recht: „immer findet er einen neuen Winkel, aus dem er mir dunkle Töne ins Bier geben kann.“

Beim Bachmannwettbewerb im Jahre 2019 wurde Yannic Han Biao Federer für einen Auszug aus dem nun vorliegenden, damals aber noch nicht abgeschlossenen Roman mit dem 3sat-Preis geehrt. „Tao“ ist ein vielfarbig schimmerndes Mosaik, dessen Steine und Steinchen sich im Lauf der Lektüre zu einem faszinierenden Bild formieren. Allerdings wird bewusst kein Ganzes und nichts Gerundetes zur Anschauung gebracht. Jedes Lebensmosaik hat seine Leerstellen. Die Suche nach der Person, die man ist, geht immer weiter.

Buchpremiere im Literaturhaus Köln am 9. März um 19.30 Uhr. Moderation: Tilman Strasser.

Yannic Han Biao Federer: „Tao“, Suhrkamp, 190 Seiten, 23 Euro. E-Book: 19,99 Euro.