Kölner KammerorchesterMusik aus der und für die Ukraine

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Geigerin für Mendelssohn: Clara-Jumi Kang     

Köln – Unter seinem Chefdirigenten Christoph Poppen hat sich das Kölner Kammerorchester behutsam der musikalischen Romantik und Moderne geöffnet. Das Programm des jüngsten Konzerts in der Philharmonie bekam noch dadurch Schlagseite in Richtung Gegenwart, als man aus gegebenem Anlass kurzfristig ein Stück des 1937 in Kiew geborenen Ukrainers Valentyn Silvestrov auf die Agenda genommen hatte: die „Abschiedsserenade“ von 2003.

Nun ja, so richtig „modern“ ist das in seinen fallenden Tonleitern tiefmelancholische Werk, in dessen zweiter Hälfte noch ein trauriger Walzer aufklingt, nicht – da steckt noch viel leicht sentimentale Spätromantik auf der Linie von Schönbergs „Verklärter Nacht“ drin. Das macht aber nichts, wirkungsvoll ist die Musik allemal, und die Kölner Streicher setzten sie unter Poppen mit klangvoll in Szene.

Richtig modern wurde es dann mit Andrew Normans (Jahrgang 1979) „Sabina“ von 2020, gleichfalls ausschließlich für Streicher. Der Amerikaner stellt – durch die Lichteffekte römischer Kirchenfenster inspiriert und erkennbar unter dem Einfluss von Ligetis Klangflächenkompositionen – mit Bordunquinten, Liegetönen und Bariolage-Figuren auf der Basis eines vagen Dur-Klangs ein prinzipiell statisches Tonbild hin, das aber sukzessiv verdichtet und dynamisch gesteigert wird. Schon beeindruckend, was so alles unter dem weiten Mantel der Gegenwartsmusik Platz hat.

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Dem kaum Bekannten folgte mit Mendelssohns Violinkonzert und Beethovens zweiter Sinfonie das Hyper-Bekannte. Das hört man indes gern, wenn es so ansprechend aufgeführt wird wie an diesem Morgen. Clara-Jumi Kang, in Deutschland geborene Koreanerin und Poppens Geigenschülerin, spielte den Mendelssohn-Evergreen bestechend souverän, mit einem feinen, aber intensiv-durchdringenden Ton, sorgfältigster Binnenphrasierung und lupenrein-kontrolliertem und zugleich elegantem Passagenspiel zumal im Finale.

Die Rubati und die starke Verlangsamung beim Einsatz des zweiten Themas im Eröffnungssatz gerieten nicht manieriert, sondern wurden schlüssig aus dem Werkverlauf heraus gestaltet. Wenn man etwas an dieser eindrucksvollen Performance bedauern mochte, dann war es ein gewisser Mangel an musikantischem Überschwang, an Spontaneität. Dass die Künstlerin allemal tief zu empfinden vermag, zeigte sie in ihrer Zugabe aus Bachs Solosonate BWV 1003.

Brillantes Feuerwerk

Ein brillantes Feuerwerk ließ Poppen dann noch mit der Sinfonie abbrennen, die fokussiert, dramatisch-zündend und mit blühender Melodik im langsamem Satz erklang. Wie mit der Nadel gezogen kam die 16tel-Figuration der Streicher. Das Wechselspiel der Instrumente und die explosiven Laut/Leise-Kontraste schließlich stellten nachdrücklich den Humoristen Beethoven heraus – einen Humoristen mit Zähnen.

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