Kölner Kontrabassist André NendzaNeues Kölner Jazz-Quintett belebt die Szene

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André Nendza hat sein Projekt „On Canvas“ – Auf Leinwand – genannt.

  • Der Kölner Kontrabassist André Nendza hat in seinem neuen Quintett musikalische Schwergewichte versammelt.
  • Der für Donnerstag im Ehrenfelder Loft angesetzte Auftritt soll trotzdem stattfinden – per Livestream.

Es ist so etwas wie ein musikalisches Gipfeltreffen: Fünf Persönlichkeiten des Jazz, die ihre jeweils eigenen Klangsprachen entwickelt haben und dabei mitunter sehr verschiedene Richtungen einschlugen, kommen zusammen, um gemeinsame Harmoniestrukturen zu ergründen. Auf diese spannende Idee kam der Kontrabassist André Nendza, der sein neues Quintett „On Canvas“ (Auf Leinwand) nennt: „Es ist wie ein gemeinsamer musikalischer Ausflug, bei dem die stilistischen Unterschiede der Beteiligten als Farben auf die gemeinsame Leinwand aufgebracht werden.“

Allein schon der planerische Aufwand, die fünf musikalischen Schwergewichte unter einen Hut zu bekommen, dürfte immens gewesen sein: Die an Nendzas Leinwand-Projekt Beteiligten sind nicht nur musizierend in diversen Ensembles unterwegs, sie initiieren Projekte, unterrichten, leiten Workshops und erfüllen kuratorische und kulturpolitische Funktionen. So betreut Saxofonistin Angelika Niescier im Stadtgarten das jährliche Winterjazz-Festival und arbeitet im Vorstand der Initiative Kölner Jazz Haus, Pianist Martin Sasse ist künstlerischer Leiter des King Georg, Trompeter Matthias Bergmann maßgeblich im Cologne Contemporary Jazz Orchestra aktiv.

Was aber passiert, wenn diese Persönlichkeiten zusammenfinden, ihnen dann aber, wie allen Jazz-Musikerinnen und -Musikern in diesen komplizierten Zeiten, die Aufführungsmöglichkeiten wegbrechen? André Nendza wollte das später womöglich kaum noch einmal realisierbare Quintett nicht sang- und klanglos zu den Akten legen: Der für Donnerstag im Ehrenfelder Loft angesetzte Auftritt, der für eine mögliche CD mitgeschnitten werden sollte, findet trotz allem statt – zwar ohne Publikum, dafür aber live zu verfolgen im Internet. So kann man das reizvolle Projekt quasi unter Studiobedingungen vor dem heimischen Computer oder Fernseher miterleben.

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André Nendza hatte sich in jüngster Zeit vornehmlich aufs Komponieren konzentriert, zugleich aber mit eigenen Projekten die Grenzen des Jazz zu populäreren Sounds ausgelotet. Seine Band A.Tronic jongliert mit Einflüssen von Funk, Prog-Rock und Singer-Songwriter-Pop, während er sich mit der Sängerin Inga Lühning „immer wieder gerne auf improvisatorische Abwege“ begibt – ihre Duo-Interpretation von Franz-Josef Degenhardts Lied „Wölfe mitten im Mai“ kann gerade heute noch Gänsehaut hervorrufen.

Mit „On Canvas“ kehrt Nendza zum Jazz zurück, neugierig und ergebnisoffen wie vor 20 Jahren, als er mit Angelika Niescier das klangintensive Duo-Labor „Holzlinienspiel“ gründete. Als besonders anregend empfindet er die Jazz-Phase der späten 1950er, frühen 1960er Jahre, als Formen des Free Jazz auf Musiker trafen, die tief in der Tradition verwurzelt waren. Dies will Nendza aufgreifen: „Auf Basis einer time-orientierten Rhythmusgruppe mit Martin Sasse, Niklas Walter und mir sollen von den Solisten sehr unterschiedliche Geschichten erzählt werden. Angelika Niescier und Matthias Bergmann können das vortrefflich.“ Seine neuen Kompositionen basieren überwiegend auf Formen vertrauter Standards, denen die Beteiligten jetzt ihre individuellen Stimmen widmen.

André Nendza Quintett: „On Canvas“. 19. März, 20.30 Uhr, Live-Übertragung aus dem Loft über den Loft-Youtube-Kanal.

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