Sherlock Holmes und Doktor Watson sorgen beim Sommerfestival des Kölner NN-Theaters für exzellente Unterhaltung.
Kölner NN-Theater„Der Hund von Baskerville“ als turbulenter Reigen

Michl Thorbecke und Peter S. Herff als „Holmes & Watson“ in einer Inszenierung des Kölner NN Theaters
Copyright: Rene Achenbach
Das fantastische Reisebüro des Kölner NN-Theaters schickt die Zuschauer beim Theaterfestival im Friedenspark mal wieder auf große Abenteuerfahrt. Mit dem antiken Schlitzohr Odysseus geht’s durchs Mittelmeer, in Nordafrika gibt es coole Sprüche und heiße Blicke in „Ricks Cafe“ in Casablanca, während sich Peer Gynt mit seinem eigenen Ego und den Trollen des hohen Nordens herumschlägt.
Zentraler Schauplatz des diesjährigen Festivals ist aber bei der neuesten Produktion „Holmes & Watson - Wer hat Angst vorm schwarzen Hund?“ das schaurige Dartmoor im englischen Devonshire. Hier herrscht seit Generationen die Sippe der Baskerville in Baskerville Hall. Es ist ein unseliges Treiben dieser teuflisch triebhaften Adelssippe. Schon manch junge Frau aus der Umgebung musste im Moor ihr Leben lassen, weil einer der Männer aus dem Hause Baskerville ihr brutal zu Leibe rückte.
Thorbecke und Herff stapfen als Karikaturen viktorianischer Gentlemen durch die Landschaft
Passend zum düsteren Sujet des neuen Stücks ist die Bühne (Michl Thorbecke) diesmal eine sumpfig, grüne Moorlandschaft, über die sich das blutrote Anwesen der Baskerville erhebt. Wie immer gelingt es dem NN-Theater, mit nur wenigen Bühnenelementen und einer stimmungsvollen Lichtsetzung (Beppo Leichenich), das Publikum augenblicklich in die morbide Moorlandschaft zu versetzen. Bevor Englands berühmtestes Kriminalduo sich aber mit der Mordserie im Moor befasst, stapfen Sherlock Holmes (Michl Thorbecke) und Doktor Watson (Peter S. Herff) als köstliche Karikaturen viktorianischer Gentlemen auf Moorhuhn-Jagd durch die Landschaft.
Wenn die beiden in Computer-Shooter-Manier dem Vogelvieh mit einer Klarinette als Donnerbüchse zu Leibe rücken, ist erstmal fröhlicher Slapstick angesagt. Dabei machen die beiden auch erste Begegnungen mit einem „Einheimischen“, gespielt von Bernd Kaftan, der als Live-Musiker ein Sumpfloch zum Orchestergraben umfunktioniert und das Treiben der skurrilen Jagdgesellschaft mit fröhlichem Swing unterlegt. Später setzt er mit zahlreichen Zitaten aus der Filmmusikwelt - vom „Kommissar“-Thema bis hin zu Lalo Schiffrins „Mission: Impossible“ - die passenden musikalischen Akzente.
Allerdings achtet die Regie von Gregor Höppner sorgsam darauf, dass nicht zu viel Klamauk die gespenstische Atmosphäre aushebelt. Bereits der erste Mord, wenn eine junge Mutter (Christina Wiesemann) dem Triebtäter zum Opfer fällt, ist packend und gruselig in Szene gesetzt. Was folgt, ist ein turbulenter Reigen, bei dem in klassischer „Whodunit“-Dramaturgie gleich mehrere Mordopfer und potenzielle Täter sich auf der Bühne tummeln. Gespielt werden alle von dem Trio Michl Thorbecke, Christina Wiesemann und Peter S. Herff, die sich auch dank der originellen Kostüme (Claus Stump) in eindrucksvollem Tempo zu verwandeln wissen.
Gleich eine ganze Riege typischer viktorianischer Charaktere wird hier lebendig: Der verträumte adelige Schmetterlingsforscher auf den Spuren von Eddi Arents Lord Castlepool taucht hier ebenso auf, wie ein Butler, der die Marotten der feinen Gesellschaft mit stoischem Berufsethos erträgt. Herrlich pointiert, wie Christina Wiesemann als versnobte, mysteriöse Lady mit launiger Grandezza ihren Ehemann malträtiert, um kurz darauf als geknechtete Magd auf der anderen Seite der sozialen Rangordnung zu stehen. Als dann plötzlich der Hausherr tot im Moor aufgefunden wird, werfen Holmes & Watson entschieden ihre Hüte in den Ring und die Crime-Story steuert auf ein überraschendes Ende zu, das sich erfrischend vom Original Sir Arthur Conan Doyles unterscheidet.
NN-Theaterfestival, Friedenspark Köln Süd: „Holmes & Watson“, 14. – 16.8. + 21.8.; „Peer Gynt“, 17.8; „Odyssee“ 18.8.; „Exit Casablanca“, 19.8.; „NN Freundeskreis“, 20.8. jeweils 20.30 Uhr