Der junge Pianist Lukas Sternath sorgte mit den Bamberger Symphonikern und dem Dirigenten Jakub Hrůša für ein musikalisches Highlight.
Igor Levits Meisterschüler in der PhilharmonieDieses Kölner Debüt ist eine Sternstunde der Saison

Der Pianist Lukas Sternath bei einem Auftritt in Gmunden
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Zweimal Beethoven Nr. 5 (Klavierkonzert und Sinfonie) – ein breiter ausgetretenes und also langweiligeres Konzertprogramm lässt sich auf Anhieb kaum denken. Freilich kommt es gerade angesichts solcher Agenda immer darauf an, wer sie wie aufführt. Und gegen wirklich große Klasse kann eben auch Gewöhnung durch zigfache Wiederholung nichts ausrichten.
Diese Klasse erschien beim jüngsten Meisterkonzert auf dem Podium der Kölner Philharmonie, und zwar gleich in dreifacher Gestalt: der Bamberger Symphoniker, ihres tschechischen Chefdirigenten Jakub Hrůša und des jungen Wiener Pianisten Lukas Sternath, der mit dem Auftritt sein Debüt in der Philharmonie feiern konnte. Insgesamt darf von einer Sternstunde der schließlich nicht mehr so jungen Saison gesprochen werden.
Igor Levits Meisterschüler Lukas Sternath in der Kölner Philharmonie
Ob der wechselseitigen Befeuerung und Beflügelung muss die Kritik die genannten Faktoren eigentlich stets im Zusammenhang behandeln, das Ergebnis war in diesem Fall deutlich mehr als die Addition von Teilleistungen. Zunächst also das Klavierkonzert: Mit einer für einen 22-Jährigen allemal stupenden souveränen Unaufgeregtheit, ja wahrhaft imperial spielte Sternath, derzeit Meisterschüler von Igor Levit in Hannover, das Kaiserkonzert: leuchtend, groß, poetisch, aber nicht romantisierend, mit großartig ausgeformten Phrasen, stets gut platzierten Schwerpunkten und stets bereit zu angemessener Selbst-Zurücknahme.
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Das Durchführungsende im ersten Satz zeigte, wie exzellent er dramaturgisch disponieren kann: Da wurden die zunächst noch auftrumpfenden Oktaven in zwingender Reduktion an einen Nullpunkt, in das Tal als Geste zwingend wahrnehmbaren Erschöpfung geführt. Und im zweiten Satz entfaltete sich der Gebetscharakter mit der bannenden Intensität innerweltlicher Transzendenz, belebt und beredt dank geringer Tempoverschiebungen. Atmosphärisch dicht geriet auch die Zugabe, die Nummer 3 aus Smetanas Tschechischen Tänzen – vielleicht eine Verbeugung vor dem Dirigenten und der Prager Vorgeschichte des Klangkörpers.
Jakub Hrůša und die Bamberger Symphoniker waren mehr als Beiwerk
Wer die Gelegenheit wahrnahm, einmal vom Flügel „weg“ ins Orchester zu hören, konnte feststellen, dass die Rolle Hrůšas und der Bamberger keineswegs in der einer durchschnittlichen „Begleitung“ aufging – dafür war hier in jedem Takt zu viel Aktivität, zu viel „Charakter“ spürbar, etwa in der Platzierung des Hauptmotivs im ersten Satz, das zuweilen mit der Gewalt des „Weißen Hais“ anrollte. Was indes nicht verhinderte, dass sich der Pianist immer wieder in einem luxuriös-weichen Bett aufgehoben fühlen konnte. Mit den kernig tönenden Bläsern, auch mit den diesmal stark exponierten Hörnern, ergaben sich inspirierte kammermusikalische Interaktionen.
Es folgte, ganz aus diesem Geist, eine äußerst dichte, dramatische, kraftgesättigte Darstellung der Sinfonie: detailintensiv, kontrastreich, gut abgestuft, auch mit der angezeigten Aggressivität – die Fanfaren schienen immer wieder den Kriegshintergrund der Entstehungszeit zu beleuchten –, dabei im Tutti voll und satt, ohne die grelle Farbe des Nur-Lauten. Die Accelerandi und Steigerungen des Finales vermochten den Hörer schier aus dem Sessel zu heben. Eine Zugabe wäre nach diesem Interpretationstriumph nicht nötig gewesen, sie kam dann aber trotzdem mit dem Schlusssatz aus Beethovens Siebenter. Musterfall einer disziplinierten Ekstase, die noch einmal den Rang der Formation herausstellte.