KommentarAndy Warhol isst einen Burger
Andy Warhol hatte eine einfache Vorstellung von den Schönheiten der Welt: „Das Schönste in Tokio ist McDonald's“, schrieb er 1975 in „Die Philosophie des Andy Warhol“. Und fuhr fort: „Das Schönste in Stockholm ist McDonald's. Das Schönste in Florenz ist McDonald's. Peking und Moskau haben noch nichts Schönes.“
Bei Warhol wusste man nie, ob er seine Philosophie wirklich so meinte, wie er es sagte, zumal sich diese vor allem in der Anbetung der Gottheiten Geld, Ruhm und Massenkonsum erschöpfte. Doch vermutlich hätte es ihm gefallen, dass ihn jetzt ausgerechnet die Firma Burger King zur weltweit besten Sendezeit (nämlich während des Super Bowl) als Werbefigur vorführte. Dazu musste der Fast-Food-Gigant den Toten nicht mal digital wiederauferstehen lassen, denn im Jahr 1982 aß Warhol tatsächlich mal vor laufender Kamera einen königlichen Burger.
In diesem kurzen Filmschnipsel des dänischen Regisseurs Jorgen Leth sitzt Warhol an einem Tisch vor einer Burger-King-Tüte und einer Flasche Ketchup. Er packt den Burger aus, patscht etwas Ketchup darauf, isst ihn so unverwandt vor starrer Kamera, als wäre es einer seiner berühmten Screen-Tests, räumt den Papiermüll zur Seite und sagt zum Abschluss: „Mein Name ist Andy Warhol, und ich habe gerade einen Hamburger gegessen.“
Was Burger King verschweigt: Warhol war laut Jorgen Leth sehr enttäuscht darüber, dass ihm keine McDonald’s-Tüte serviert wurde. Die seien einfach schöner gestaltet, so Warhol, der seine Karriere nicht von ungefähr als Grafik-Designer begonnen hatte. Stattdessen bekam er den Königsburger und zwei Hamburger in jeweils neutraler Verpackung vorgesetzt. Letztere sagten Warhol noch weniger zu. Nach seiner Philosophie hätte eine Welt ohne verkaufsfördernde Marken nichts Schönes mehr.
Als Marke verstand sich Warhol schließlich auch selbst. Deshalb ist sein Werbeauftritt kein Sakrileg – schlimm wäre nur, hätte man seinen Nachruhm unter Wert verkauft.