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Liederabend in Kölns PhilharmonieMaximilian Schmitts trübe „Winterreise“

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Maximilian Schmitt

Köln – Wer ist er, der Wanderer aus Schuberts „Winterreise“, was quält ihn, was treibt ihn hinaus in die verschneite Welt? Früher sah man im Helden des berühmtesten aller romantischen Liederzyklen vor allem den unbehausten, existenziell heimatlosen Individualisten. Mittler-weise sind – auch im Licht neuer Bearbeitungen und szenischer Deutungen – politisch-weltanschauliche Aspekte stärker in den Vordergrund getreten: Der ohnmächtige Zorn über die Lähmung des geistigen Lebens in Metternichs Polizeistaat, der beißende Spott über den allseitigen Rückzug ins Private.

Diesen „angry young man“ hatte Maximilian Schmitt beim philharmonischen Liederabend allerdings weniger auf dem Schirm. Nur ein einziges Mal bleckte der Tenor die Zähne: bei den berühmten, blasphemisch kühnen Versen „Will kein Gott auf Erden sein, sind wir selber Götter“ – aber das war bereits das 22. von 24 Liedern. Stattdessen zeigte er den Wanderer hilflos in sich befangen, um sich kreisend – einer, der nicht vorankommt, weil er vor sich selbst wegläuft. Vorherrschend war ein grauer, trüber Tonfall, der seligen Erinnerungen („Der Lindenbaum“) ebenso wenig Raum geben mochte wie den raren Momenten der Hoffnung („Frühlingstraum“).

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Als ehemaliger Regensburger Domspatz verfügt Maximilian Schmitt über eine ausgezeichnete Artikulation, die er allerdings häufiger und entschiedener einem lebendigen, dramatischen Sprachausdruck nutzbar machen könnte. So fehlte es – bei aller sängerischen Souveränität über 75 pausenlose Minuten hinweg – an Bildhaftigkeit, an Vergegenwärtigung der wechselnden Stationen.

Gerold Huber begleitete aufmerksam und pianistisch ausgefeilt, aber unnötig defensiv. Sein sparsam pedalisiertes, spitz pointierendes Klavierspiel passte ganz gut zu filigran gesetzten Stücken wie „Täuschung“ oder „Letzte Hoffnung“; auf die Länge hätte dem Sänger ein stabileres Klangfundament aber vermutlich mehr gedient.