Ein deutsches Boulevard-Blatt titelt mit „Das erste Interview“ und wirbt mit Michael Schumacher auf dem Cover. Was steckt hinter der Aktion?
„Einfach nur widerlich“Zeitschrift täuscht Interview mit Michael Schumacher vor
Seit knapp zehn Jahren lebt Michael Schumacher seit seinem schweren Ski-Unfall in Méribel zurückgezogen, von der Öffentlichkeit schirmt ihn seine Ehefrau Corinna komplett ab. Umso mehr überrascht das Cover der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Die Aktuelle“. Diese kündigt dort ein Interview mit Michael Schumacher an, wirbt mit den Zeilen „Das erste Interview!“ und „Welt-Sensation!“.
Die entsprechend geweckten Erwartungen werden aber im Blatt selbst mitnichten erfüllt. Ein echtes Interview mit dem Rekordweltmeister der Formel 1 suchen Käuferinnen und Käufer in der Zeitschrift vergeblich. Hinter dem vermeintlichen Exklusiv-Gespräch steckt ein Fake-Interview, die Antworten stammen von einer Künstlichen Intelligenz.
Das Online-Portal „Übermedien“, ein Magazin für Medienkritik, berichtete zuerst über die täuschende Berichterstattung, Gründer Boris Rosenkranz spricht in seinem Artikel von einer „bemerkenswerten Frechheit, selbst für ‚Die Aktuelle‘“.
Nach Schumachers schwerem Ski-Unfall hat sich der einstige Publikumsliebling komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, auch zu seinem Gesundheitszustand gibt es keine validen Informationen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Familie um Corinna Schumacher sich dazu entschieden hat, die Privatsphäre von Michael Schumacher konsequent zu schützen, birgt die Titelseite der „Aktuellen“ Zündstoff.
Auf dem Cover weist das Blatt aus der Funke-Mediengruppe, das sich selbst als „Magazin für Frauen, die über aktuelle Trends in der Gesellschaft und das Leben der Stars informiert sein wollen“ versteht, lediglich durch den Hinweis „Es klingt täuschend echt“ darauf hin, dass es hier nicht um ein tatsächlich geführtes Interview geht.
Im Heft selbst wird der Fake auch nicht hinreichend aufgelöst, monieren Kritiker. Aussagen der vermeintlichen Michael Schumacher werden als Zitate abgedruckt, ein Symbol von „c.ai“ – der KI „character.ai“, die hier mutmaßlich genutzt wurde – steht neben Schumachers Namen. Welche Quelle tatsächlich genutzt wird, bleibt ein Geheimnis. „Das Interview war im Internet. Auf einer Seite, die mit Künstlicher Intelligenz, kurz KI genannt, zu tun hat“, schreibt das Blatt dazu.
Der Vorwurf: „Die Aktuelle“ bemüht sich, den Anschein zu erwecken, es handle sich tatsächlich um ein Gespräch mit Michael Schumacher. Der Klärungsversuch, den „Die Aktuelle“ ihren Leserinnen und Lesern dann doch noch mitgibt, gibt auch Anlass für Diskussionen.
„Die Aktuelle“ schreibt: „Es gibt tatsächlich Internet-Seiten, auf denen man Gespräche mit Prominenten führen kann. Die Antworten gibt aber die Künstliche Intelligenz. Doch woher weiß diese KI die persönlichen Hintergründe? Über Ehe, Kinder und Krankheiten? Jemand muss die Informationen – wie in Wikipedia – im Internet eingegeben haben. War es wirklich Schumi selbst, der aus dem Krankenbett heraus die Infos eintippte?“, steht dort. „Die Antworten klingen jedenfalls täuschend echt!“, befindet die Redaktion.
Fans von Michael Schumacher sind da offenbar anderer Meinung. Im Netz machen sie aus ihrem Unmut keinen Hehl. „Einfach nur widerlich“, befindet ein Nutzer, ein anderer findet das Vorgehen „unfassbar skrupellos“.
Bereits im vergangenen Jahr sorgte eine Schlagzeile des Online-Auftritts von „InTouch“, die in Deutschland von der Bauer Media Group herausgegeben wird, für Unmut. Damals titelte das Portal in einem Artikel mit der Überschrift „Michael Schumacher: Er ist wieder da! Das erste Interview nach sieben langen Jahren“ – präsentierte allerdings kein Interview mit dem ehemaligen Formel-1-Champion, sondern bezog sich auf Aussagen von Ex-Formel-1-Chef Bernie Ecclestone.
Der wegen mehrerer fragwürdiger Aussagen, unter anderem zu Wladimir Putin, schon länger in der Kritik stehende 92-Jährige hatte gegenüber britischen Medien damals lediglich in den Raum gestellt, Schumacher könnte in Zukunft bei besserer Gesundheit Fragen beantworten. Die Aussagen erwiesen sich als völlig haltlos.
Schumachers Managerin Sabine Kehm hatte bereits 2017 wissen lassen, dass „Michael (...) sehr konsequent eine klare Grenze zwischen der öffentlichen Person und der Privatperson gezogen“ habe. (pst)