Nach „Spiegel“-BerichtKölner Museum ergänzt Angaben zu Künstlern während der NS-Zeit

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Karikatur von Hanns Erich Köhler aus dem Simplicissimus

Köln – Seit Juni läuft im Kölner Käthe-Kollwitz-Museum eine Ausstellung zum Satiremagazin „Simplicissimus“, das im deutschen Kaiserreich gegründet und nach seinem vorläufigen Ende während der NS-Zeit im Jahr 1954 von Olaf Iversen wiederbelebt wurde. Unter dem Titel „Der neue Simplicissimus“ – Satire für die Bonner Republik“ geht es in der Schau vornehmlich um die 1967 wieder eingestellte Neugründung und um Zeitgeist und politisches Klima der Nachkriegsjahre. Dass Katharina Koselleck, die neue Direktorin des Kollwitz-Museums, dabei auch die problematischen Seiten dieser Wiederentdeckung deutlich macht, namentlich rassistische und frauenfeindliche Bildmotive im neuen „Simplicissimus“ sowie antisemitische Tendenzen im alten, wurde nicht nur in dieser Zeitung positiv vermerkt.

Hanns Erich Köhler war im NS-Staat ein gefragter Karikaturist 

Allerdings haben Koselleck und ihr Co-Kurator Uwe Westfehling offenbar übersehen, dass sowohl Iversen als auch zwei prominente Zeichner des neuen „Simplicissimus“ eine Nazi-Vergangenheit hatten. Der „Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe unter Berufung auf den Comic-Experten Eckart Sackmann, dass etwa Hanns Erich Köhler unter seinem Künstlernamen Erik im NS-Staat ein gefragter Karikaturist gewesen sei und zahlreiche antisemitische Motive gezeichnet habe. Nach dem Krieg setzte Köhler seine Karriere fort und arbeite unter anderem für die „FAZ“. In der Kölner Ausstellung, die mehr als ein Dutzend Köhler-Blätter zeigt, erfuhr man davon nichts. „Angeblich wusste man es nicht besser“, heißt es dazu süffisant im „Spiegel“.

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Insbesondere dieses „angeblich“ empfindet Koselleck als ungerecht. „Ich bedauere außerordentlich, dass der Eindruck entstehen konnte, wir hätten etwas verhehlen wollen“, so Koselleck zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Im Gegenteil: Hätten wir um die Nazi-Vergangenheiten der Zeichner gewusst, hätten wir das natürlich thematisiert.“ Koselleck verweist darauf, dass es kaum Literatur zu den Zeichnern gebe. Die Frage, ob es in der Redaktion des „Simplicissimus“ Kontinuitäten zwischen der NS-Zeit und der Nachkriegszeit gab, sei aber auch nicht Thema der Ausstellung. „Wir haben nicht einzelne Zeichner-Biografien, sondern gesellschaftliche Themenfelder in den Fokus gerückt. Beispielsweise wird die NS-Vergangenheit verschiedener Politiker der Bonner Republik sehr wohl behandelt. Auch weisen wir auf Tendenzen antisemitischer Bildsprache hin. Aber es bleibt dabei: Wir haben nicht gründlich genug gearbeitet, das war ein Versäumnis.“

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Katharina Koselleck, Direktorin des Käthe Kollwitz Museum Köln

Auf dem Faltblatt und im Begleitheft zur Ausstellung werden die Hinweise zu den Zeichnern aktualisiert, versichert Koselleck, in den Führungen gehe man bereits offensiv mit dem Thema um. Bleibt die Frage: Hätten es die Kölner Kuratoren besser wissen müssen? Zu Iversen ist die Literatur sehr spärlich, der „Spiegel“ zitiert einige verräterische Sätze aus einer entlegenen Quelle, einem im Jahr 1941 verfassten Brief. Köhlers braune Vergangenheit liegt hingegen etwas offener zu Tage. In einer Rezension der „Welt“ zu einer E. O. Plauen-Ausstellung im Hannoveraner Wilhelm-Busch-Museum wird er neben Plauen als „Hauslieferant“ der NS-Propaganda-Zeitschrift „Das Reich“ genannt. Allerdings spuckt Google diese Information erst nach der Suchverbindung „Hanns Erich Köhler“ und „Nazi“ aus.

Die Angaben zu A. Paul Weber lesen sich ziemlich verschwurbelt

Ziemlich schwurbelig klingen die biografischen Hinweise der Kuratoren zu A. Paul Weber, dem dritten vom „Spiegel“ aufgezeigten Fall. Weber soll bereits, wie sich leicht recherchieren lässt, in den 1920er Jahren mit antisemitischen Motiven aufgefallen sein, er gehörte zum „Widerstandskreis“ um den Nationalbolschewisten Ernst Niekisch, einer „innervölkischen“ Opposition zu Hitler, und saß 1937 wegen Anti-Hitler-Karikaturen für kurze Zeit in Haft. In welchem Maße Weber der Nazi-Ideologie nahe stand, ist bis heute umstritten, die Debatte darüber aber ist kein Geheimnis.

Im Begleitheft der „Simplicissimus“-Ausstellung heißt es zu Weber lediglich: „Man findet in seiner Bilderwelt, die teilweise von deutsch-nationalen und persönlichen kulturkritischen Vorstellungen geprägt ist, sowohl Tendenzen, die vom ‚Dritten Reich‘ aufgegriffen werden konnten (z.B. die sogenannte Englische Serie) als auch vehemente Stellungnahme dagegen.“ Diese Passage soll nun ebenfalls geändert werden.

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