Nachfolger für Tom BuhrowViele Kandidaten, die beim WDR aber eigentlich niemand will

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Jörg Schönenborn steht vor einer blauen Wand mit dem Logo des Ersten und lächelt in die Kamera. Er trägt einen dunklen Anzug und ein hellblaues Hemd

Jörg Schönenborn,Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung, kennt den WDR so gut wie nur wenige andere. Reicht das, um Intendant zu werden?

Ende 2024 gibt Tom Buhrow sein Amt als WDR-Intendant ab. Wer hat Chancen auf die Nachfolge? Wir geben einen Überblick über mögliche Kandidaten.

Kurz vor Weihnachten gab Tom Buhrow bekannt, dass er Schluss macht mit dem WDR. Ende 2024 wird der Intendant der größten ARD-Anstalt seinen Posten abgeben. In der Juni-Sitzung will der Rundfunkrat einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin wählen. Doch weil so ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren Zeit braucht, gehen nun langsam die Spekulationen los, wer das Rennen machen könnte. Hört man sich im WDR und im Rundfunkrat um, ist da momentan vor allem viel Ratlosigkeit. Denn den einen Kandidaten, auf den sich alle verständigen können, gibt es nicht.

Ein mehr oder weniger logischer Nachfolger wäre Jörg Schönenborn. Der Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung kennt das Haus wie nur wenige andere. Der 59-Jährige ist das, was man ein WDR-Urgestein nennt und für viele schon jetzt der heimliche Intendant. Er hat seine Karriere im Sender gemacht und sich zielstrebig nach oben gearbeitet.

WDR sucht Nachfolger für Tom Buhrow: Jörg Schönenborn hat ein Imageproblem

Schönenborn gilt als präzise, manche sagen berechnend, klug und zielstrebig. Aber er hat ein großes Problem: „Man schätzt seine Kompetenz, aber er wird von niemandem geliebt.“ Diese oder ähnliche Sätze fallen häufig in Gesprächen über Schönenborn. Gerade mit seiner Personalpolitik hat er sich viele Feinde gemacht. Wen er nicht mag, der hat im WDR nichts zu lachen, das trifft auch Publikumslieblinge. So ist es ein offenes Geheimnis, dass er und Jürgen Domian in diesem Leben keine Freunde mehr werden. 

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Schönenborn tat sich in der Vergangenheit auch oft im Umgang mit den Mitgliedern des Rundfunkrats schwer. Während zum Beispiel die bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer umstrittene frühere Hörfunkdirektorin Valerie Weber das freundliche Umgarnen perfekt beherrschte und auch Tom Buhrow durch seine gute Laune und Freundlichkeit punktete, wirkt Schönenborn immer distanziert bis arrogant, wenn das Gremium tagt. Das könnte zu einem Problem für ihn werden. Aber aus dem Sender selbst hat er dennoch die besten Karten, da sind sich alle einig. 

Katrin Vernau lächelt in die Kamera. Sie trägt ein schwarzes Oberteil und eine goldene Kette.

Katrin Vernau kennt sich aus mit der Verwaltung eines so großen Senders, aber wo steht sie programmatisch?

Ein zweiter Name, der als mögliche Option ins Spiel gebracht wird, ist Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau. Die wurde der Öffentlichkeit vor allem als Übergangsintendantin des RBB bekannt, wo sie nach dem Skandal um Patricia Schlesinger die Scherben zusammenkehren musste. Vernau ist Wirtschaftswissenschaftlerin und bringt sicher die Managementfähigkeiten mit, derer es für die Leitung des WDR dringend bedarf. Aber sie hat einen entscheidenden Nachteil: Mit dem Programm hat sie nichts am Hut. In welche Richtung die 50-Jährige das Haus inhaltlich entwickeln würde, ist vollkommen unklar. „Sie könnte auch eine Schraubenfabrik managen“, formuliert er es jemand, der mit ihr zusammenarbeitete.

Und was ihre Kommunikation angeht, sei sie eine Katastrophe, ist aus dem Sender zu hören. Bei den Mitarbeitern machte sie sich zudem unbeliebt, weil sie 2022 bei den Tarifverhandlungen des WDR laut DJV das „schlechteste Angebot seit Gedenken“ machte. Zudem sorgte sie laut „Übermedien“ für Unmut, weil sie mit laxen Worten verteidigte, dass auch die Spitzenverdiener des Hauses, zu denen sie gehört, von Tariferhöhungen profitieren. Für Schlagzeilen sorgt immer wieder auch die Sanierung des Filmhauses, die in ihren Bereich fällt. Eine sichere Wahl ist sie also auch nicht.

Tina Hassel und Andrea Schafarczyk mit geringen Chancen auf WDR-Posten

 „Business Insider“ brachte in dieser Woche noch zwei Namen ins Spiel, die aber vermutlich nur geringe Chancen haben. Andrea Schafarczyk ist Diplom-Journalistin und beim WDR derzeit crossmediale Programmdirektorin NRW, Wissen und Kultur. Die gebürtige Essenerin begann ihre journalistische Karriere beim WDR, sie war unter anderem Wortchefin von 1Live, Leiterin der Musik- und Eventredaktion der Welle, Referentin, Redakteurin und Reporterin. Danach ging sie zu Radio Bremen und zum Hessischen Rundfunk, bevor sie 2022 zum WDR zurückkehrte. Sie sei kein Schwergewicht, ist zu hören, ihr fehlt also die Machtbasis, um das höchste Amt anzustreben. Kenner des Senders halten sie deshalb für eine unwahrscheinliche Nachfolgerin.

Auch der Name Tina Hassel kursiert als mögliche Kandidatin. Die 59-Jährige hatte sich 2021 auf den Posten der ZDF-Intendanz beworben und durchaus achtsam geschlagen. Die gebürtige Kölnerin leitet seit 2015 als Nachfolgerin von Ulrich Deppendorf das ARD-Studio in Berlin. Zuvor arbeitet sie als Korrespondentin, sie war in Paris und leitete das Studio in Washington. In der Personalführung soll sie sich in Berlin allerdings wenige Freunde gemacht haben. Außerdem wurde erst vor wenigen Tagen bekannt, dass Hassel die Leitung des ARD-Studios Brüssel übernimmt.  Da scheint die Karriereplanung also in eine andere Richtung zu laufen.

Nachfolger für Tom Buhrow: Externe Lösung beim WDR auch möglich

Neben einer WDR- oder ARD-internen Lösung ist es natürlich auch möglich, dass jemand von außerhalb am Ende das Rennen macht. Sicher müsste es jemand aus dem öffentlich-rechtlichen System oder zumindest mit einer großen Nähe dazu sein, denn ohne solche Einblicke ist der WDR nicht zu lenken.

Ein Wörtchen mitreden bei der Suche wird sicherlich auch Nathanael Liminski (CDU). Der NRW-Medienminister und Chef der Staatskanzlei ist ein versierter und sehr gut vernetzter Medienpolitiker, der auch beste Drähte in den WDR hat. Ihm ist es zuzutrauen, dass er einen Kandidaten oder eine Kandidatin ins Gespräch bringt, den oder die bisher noch niemand so recht auf dem Schirm hat. 

Momentan erinnere ihn die Suche nach einer Buhrow-Nachfolge noch an „Fahren ohne Licht“ sagt einer, der das Haus sehr gut und lange kennt. Es wird interessant sein zu sehen, was passiert, wenn das Licht eingeschaltet wird.

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