PrüfberichtWDR hat Filmhaus-Sanierung in Köln „ohne fundierte Untersuchungen“ beschlossen

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Die Baustelle des WDR-Filmhauses an der Nord-Süd-Fahrt im November.

Die Baustelle des WDR-Filmhauses an der Nord-Süd-Fahrt im November.

In seinem Abschlussbericht bleibt der Landesrechnungshof bei seiner Kritik und fordert vom Sender grundlegende Veränderungen.

Der Landesrechnungshof NRW (LRH) fordert vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) ein besseres Projektmanagement, bevor er neue Bauvorhaben beginnt. In seinem Abschlussbericht zur laufenden Sanierung des Filmhauses in der Kölner Innenstadt urteilen die Prüfer: „Mit Blick auf zukünftige Baumaßnahmen muss der WDR seine Bauherrenfunktion überdenken und sein Bauprojektmanagement auf den Prüfstand stellen.“

Aus 130 Millionen Euro wurden 240 Millionen Euro 

Demnach haben die Gremien des Senders wie die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat als Kontrollgremium richtungsweisende Entscheidungen vor der Sanierung, insbesondere zum Standort, „ohne fundierte, vorherige Untersuchungen getroffen“. Es geht um sehr viel Geld, das die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ausgibt: Aus 130 Millionen Euro im Jahr 2015 wurden laut der Prüfer zwei Jahre später 161,4 Millionen Euro und 2019 dann 240,1 Millionen Euro.

In dem Bericht schreiben die Prüfer: „Es gab zu den entscheidenden Zeitpunkten weder eine Immobilienstrategie noch eine WU (Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Anmerkung der Redaktion).“

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Der Verwaltungsrat (VR) als Aufsichtsorgan hätte dem Projekt unter diesen Umständen laut LRH nicht zustimmen dürfen. Die Prüfer verlangen von dem neunköpfigen Gremium eine viel stärkere Kontrolle der Geschäftsleitung als bisher: „Der VR muss zukünftig seine Rechte als Aufsichtsgremium deutlich stärker und offensiver wahrnehmen.“ Im November hatte das Gremium gegenüber dieser Zeitung ein stringenteres Vorgehen „entlang von etablierten Regeln der öffentlichen Hand“ angekündigt.

46-seitiger Bericht liegt nun vor

Im vergangenen August hatte der Rechnungshof die Mängel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erstmals auf Anfrage mitgeteilt, damals war es noch eine vorläufige Prüfung. Danach durfte der WDR sich dazu äußern, bevor die Prüfer den Abschlussbericht verfassen und ihre Einschätzung erneuern. Sie bleiben darin bei ihrer Kritik. Seit Donnerstag liegt der 46-seitige Bericht vor.

Wie berichtet, lässt der WDR sein Filmhaus aus dem Jahr 1974 sanieren. Dort sollen laut des Senders später rund 700 Mitarbeitende Programme für WDR 2 oder das ARD-Morgenmagazin crossmedial produzieren. Der WDR nennt es „das Zentrum der journalistischen Aktualität“.

Jedenfalls hat der WDR durch die nachträgliche Untersuchung auch nicht den Beweis erbracht, welche Variante für den Ersatz des Filmhauses – auch außerhalb der Kölner Innenstadt – die wirtschaftlichste gewesen wäre.
Aus dem Prüfbericht

Der WDR begründet die Kostensteigerungen vor allem mit der Preisentwicklung in der Baubranche, er teilte mit: „Der WDR hält die Sanierung des Filmhauses, dessen Betriebserlaubnis aus Brandschutzgründen 2020 ausgelaufen war, weiterhin klar für die wirtschaftlichste Lösung.“ Die Prüfer lehnen das deutlich ab: „Dieser Sichtweise tritt der LRH weiterhin entgegen.“

Der Sender argumentiert, er habe einige monierte Punkte schon in der Vergangenheit aufgegriffen, unter anderem habe er seit 2015 eine Immobilienstrategie und auch Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen führe er vor Projektbeginn durch. Ein Neubau in der Innenstadt wäre 21,82 Millionen Euro teurer geworden.

Neues Regelwerk soll bis März kommen

Der Landesrechnungshof sieht das ganz anders: Er verweist darauf, dass der Sender die Kosten der möglichen Varianten erst 2019 geprüft hat, also weit nach Baubeginn. „Jedenfalls hat der WDR durch die nachträgliche Untersuchung auch nicht den Beweis erbracht, welche Variante für den Ersatz des Filmhauses – auch außerhalb der Kölner Innenstadt – die wirtschaftlichste gewesen wäre.“

Und: „Die Tatsache, dass der WDR die erforderliche WU nicht durchgeführt hat, konnte er durch seine Stellungnahme nicht entkräften.“ Das entsprechende neue Regelwerk soll laut der Prüfer erst bis spätestens Ende März 2024 vorliegen.

Kommission sperrte 69,1 Millionen Euro

Vor dem Rechnungshof hatte schon die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit geäußert und 69,1 Millionen der 240,1 Millionen Euro gesperrt. Der WDR wies die Kritik zurück. Im Februar soll die KEF ihren 24. Bericht veröffentlichen, darin wird sie sich auch zu den gesperrten Millionen Euro äußern.

Die Sanierung kämpft auch im Bau selbst mit Problemen: Der Sender musste die Planung und Bauleistung der technischen Gebäudeausrüstung voriges Jahr selbst übernehmen, weil die Firma Intecplan außerordentlich gekündigt hatte.

Ursprünglich sollte die Sanierung dieses Jahr beendet sein, doch die Zweifel daran werden nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“  immer lauter, es könnte demnach auch 2025 werden. Möglicherweise wackeln dann die Kosten von 240,1 Millionen Euro. Der WDR teilte mit: „Die von Ihnen angesprochene Prüfung dauert noch an. Nach Abschluss der Prüfung werden wir unseren Gremien einen aktualisierten Zeitplan vorlegen.“

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