Regen als perfekte RequisiteKölner NN Theater bringt Mischung aus Molière und Don Juan auf die Bühne

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NN Freilufttheater mit Molière – Drama, Dreck und Don Juan

SNN Freilufttheater mit „Molière - Drama, Dreck und Don Juan“

Das NN Theater bringt mit einer Mischung aus Molière und Don Juan ein Stück auf die Bühne, bei dem sie sich selbst schlechtes Wetter zu Eigen machen können.

Bevor Jean-Baptiste, der sich selber den Namen Molière gab, 1663 mit seinem Theaterensemble zur „Troupe du roi“ am Hofe des Sonnenkönigs in Versailles aufstieg, tingelte die Truppe viele Jahre durch die französische Provinz. Eine Künstlerexistenz, wie gemacht also, um vom NN Theater gewürdigt zu werden. Hat sich die Kölner Freiluft-Truppe doch im Laufe ihrer 26 Jahre (!) langen Geschichte zu wahren Meistern der Improvisationskünste entwickelt.

Kein widriges Wetter, kein schwieriges Terrain, das nicht mit schier unerschöpflichen Einfallsreichtum in ein komisches Szenarium verwandelt würde. Da wird der Regen, der die ausverkaufte Heim-Premiere im Kölner Friedenspark begleitet, fast schon zum perfekten Requisite, um die ersten Jahre von Molière ins rechte Licht zu rücken.

Irene Schwarz: Fünfköpfiges Ensemble für „Molìere“

Regisseurin Irene Schwarz schickt in „Molière – Drama, Dreck und Don Juan“ ein fünfköpfiges Ensemble mit einem Theaterkarren auf die Bühne. Es beginnt ein munteres Spiel im Spiel, beim dem die Akteure mal auf der Bühne des Theaterkarrens die Liebesränkeleien des Heiratsschwindlers und Libertin Don Juan zum Besten geben, um dann wieder auf der Gesamtbühne zur Molière-Truppe zu werden, die im anstrengenden Künstleralltag von der Hand in den Mund lebt.

Pointiert eingestreute Verweise auf das eigene Künstlerdasein als Teil einer freien Gruppe sorgen für eine zusätzliche Ebene, ohne dass dabei der Spielfluss abebben würde. Der ständige Wechsel gewinnt zusätzlich an dramaturgischer Dynamik, weil ausgerechnet der Meister selbst auf fatale Art und Weise mit der Rolle des Don Juan zu verschmelzen scheint.

„Molière – Drama, Dreck und Don Juan“: Ein Stück mit Livemusik

Michl Thorbecke wechselt in dem von der Commedia dell´arte inspirierten Schwank mit schelmischen Charme munter zwischen Theaterchef und erotischen Tausendsassa hin und her. Wobei beiden Männerfiguren eine narzisstische Neigung und ein patriarchalisches Gehabe eigen ist. Darunter haben naturgemäß die Frauen zu leiden, die Don Juan im Stück reihenweise betrügt, während im Ensemble von Molière–Truppe seine Beziehung erst zur Schauspielerin Madelaine Béjart (Christine Per), dann zu ihrer jüngeren Schwester/Tochter Armande (Christina Wiesemann) für immer größere Zerreisproben sorgt.

Oliver Schnelker muss als Theaterbüttel Buton nicht nur die Hierarchie aushalten, sondern immer wieder die Wogen glätten. Wie schon in der „Odyssee“ sorgt Bernd Kaftan mit stimmungsvoller Livemusik nicht nur für den passenden musikalischen Rahmen, sondern fügt sich auch souverän in die Spielszenen mit ein. Gerade noch rechtzeitig, bevor dem klamaukigen Wechselspiel etwas die Luft auszugehen droht, wechselt das Szenario nach Versailles. Nun muss sich Molière als Künstlerexistenz im Schatten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. behaupten. Den spielt nun Oliver Schnelker im prachtvollen Kostüm mit der dekadenten Grandezza eines eitlen und launischen Imperators, der seine Gunst großzügig gewährt, aber auch rasch wieder entzieht.

NN Theater Köln: Stück spricht die ganz großen Themen an

Gefahr droht Molière auch von Seiten der kirchlichen Obrigkeit, hier in Gestalt des Erzbischofes, den sowohl Christina Wiesemann wie auch Christine Per mit großartiger Galligkeit als bigotte Giftspritze in Szene setzen. Überhaupt überzeugt die zweite Hälfte des Stückes mit größerem Variantenreichtum und Tiefgang, weil mit dem Aufstieg von Molières Truppe die Luft dünner und die Fallhöhe größer wird. Wunderbar komische und ergreifende tragische Momente bestimmen nun das Geschehen. Vor großartiger Kulisse werden hier die ewigen Themen von Freiheit und Kunst, Macht, Moral und Wahrheit und der Preis der Liebe am Schicksal Molières verhandelt.

Dem bleibt am Ende nur die Bühne, die es bis zum letzten Atemzug zu bespielen gilt. „Spielt, solange ihr könnt“ lautet das zeitlose Motto der Schauspieler, dem bestimmt auch Kölns ältestes Freiluft-Theater nach dieser umjubelten Heim-Premiere noch lange folgen dürfte.

Zu den Spielterminen in Köln

Termine im Kölner Friedenspark, Jeweils 20.30 Uhr:

29.7. Molière, 30.7. Odyssee, 31.7. Odyssee, 1.8. Exit Casablanca

Waldbad Dünnwald, Jeweils 19.30 Uhr:

8.9.   Odysssee, 9.9.   Molière

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