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Otto Waalkes bei der lit.CologneDer Elefant im Kunstladen

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Otto Waalkes im Gespräch mit Bernd Eilert bei der lit.Cologne.

Otto Waalkes im Gespräch mit Bernd Eilert bei der lit.Cologne.

Otto Waalkes stellte bei der lit.Cologne Spezial in Köln sein Buch „Kunst in Sicht“ vor. Das Publikum hörte lieber seine alten Sprüche.

Ein Wort reicht, und das Publikum im Klaus-von-Bismarck-Saal ist selig: „Holladihiti“, ruft Otto Waalkes als er bei seinem Auftritt im Rahmen der lit.Cologne Spezial am Freitagabend die Bühne betritt. Und schickt ein „Hallo Köln!“ hinterher, auf das ihm ein lautes, vielstimmiges „Hallo Otto!“ entgegenschallt.

Eine Begrüßung wie im Kasperle-Theater, die aber niemand albern zu finden scheint. Schließlich geht es hier für die meisten um eine Reise in ihre Kindheit und Jugend, um eine Zeit, in der Otto den ja nicht gerade als besonders humorbegabt geltenden Deutschen zeigte, dass es in Ordnung ist, auch über Kalauer und Wortwitze zu lachen, wenn sie nur gut vorgetragen sind.

Die lit.Cologne ist ja aber der Literatur gewidmet und so hat Waalkes sein Buch „Kunst in Sicht“ mit nach Köln gebracht, über das er mit seinem Freund und Weggefährten Bernd Eilert plaudert. Darin gibt es 150 Ölgemälde, Acrylbilder, Aquarelle und Federzeichnungen zu sehen, auf denen er sich mit der Kunstgeschichte auseinandersetzt. Denn der Musiker und Komiker hat sich immer auch mit Malerei beschäftigt.

Die Kunst war die erste große Liebe von Otto Waalkes

Sie war sogar seine erste große Liebe, die ihn über ungewöhnliche Wege zur Musik führte. Schon als Kind zeichnete der Sohn eines Malermeisters gern. Albert Schweitzer und die Gorch Fock waren seine Lieblingsmotive. Bei einem Malwettbewerb des Kaufhauses Hertie reichte er ein Bild ein - und wurde disqualifiziert. Man warf ihm vor, betrogen zu haben. Sicher habe sein Vater das Bild gemalt.

Nach dieser Enttäuschung legte er Stift und Pinsel erstmal zur Seite, wie er in Köln erzählt, und widmete sich der Musik, sehr zum Missfallen seiner streng religiösen Mutter. „Karl, er singt schon wieder“, klagte sie ihrem Mann ihr Leid. Alles Weltliche sei ihr verdächtig gewesen, so Waalkes. Und Eilert, der zur Neuen Frankfurter Schule gehörte, ergänzt: „Sie wissen das hier in Köln vielleicht nicht, aber der ostfriesische Protestantismus lehnt alles ab, was Spaß macht.“

Doch der junge Otto ließ sich nicht entmutigen und machte erneut bei einem Wettbewerb des Kaufhauses mit - dieses Mal dann eben mit Gitarre. Für seine Interpretation des Babysitter-Boogie gewann er einen Warengutschein im Wert von 30 Mark und eine Ausgabe von „Die Meuterei auf der Bounty“.

Sie wissen das hier in Köln vielleicht nicht, aber der ostfriesische Protestantismus lehnt alles ab, was Spaß macht
Bernd Eilert

Mit der Musik lief es in seinen frühen Jahren also besser als mit der Malerei, doch nach dem Abitur entschloss er sich dennoch, an der Hochschule für bildende Künste Hamburg Kunstpädagogik zu studieren, zu seinen Professoren gehörte der Maler Hans Thiemann. Dass er dort in einer WG mit Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen lebte, ist bekannt. Lindenberg hat auch das Vorwort zu seinem Buch beigesteuert. „Beide kommen wir aus der prüden Provinz, beide waren wir früh musik-obsessed“, zitiert Eilert daraus.

Bekannt wurde Waalkes dann aber erstmal für seine Bühnenshows und nicht für seine Malerei. Dabei kennt er sie alle, die Großen der Kunstwelt. Doch egal, welche Epoche und welcher Künstler, eines vermisse er auf allen Werken: den Ottifanten. Und so hat er es sich zur Aufgabe gemacht, berühmte Motive aufzugreifen und in seinen Kosmos zu holen.

Ob er nun wie Monet oder Manet malt, ob er Dali oder Vermeer zitiert, der kleine comichafte Elefant mit den großen Augen darf nicht fehlen auf seinen Werken. Da baumelt dann eben am Ohrläppchen des „Mädchen mit dem Perlenohrring“ ein Ottifant. Und auf einem Gemälde, das an Edward Hopper angelehnt ist, sieht man Otto und einen Ottifanten auf einem Bett sitzen, an einer Wand lehnt seine Gitarre, er blickt auf einen mutmaßlich ostfriesischen Leuchtturm in der Ferne. 

Dass es ihm keinesfalls darum geht, irgendetwas oder irgendwen ins Lächerliche zu ziehen, macht der 77-Jährige deutlich - auch nicht, wenn etwa aus Brueghels „Großer Turmbau zu Babel“ eine Sandburg wird, die ein kleiner Ottifant gebaut hat: „Die Parodie ist für mich die aufrichtigste Form der Verehrung.“

Die Parodie ist für mich die aufrichtigste Form der Verehrung
Otto Waalkes

Es sind die Momente, in denen Waalkes über sein Verhältnis zur Kunst spricht und erklärt, was ihn daran fasziniert, die in dieser Veranstaltung, die nur gut eine Stunde dauert, am spannendsten sind. Doch weil er weiß, was seine treuen Fans von ihm erwarten, musst er den Spagat eingehen, zwischendurch wie das Faultier Sid aus der „Ice Age“-Reihe, das er in der deutschen Fassung spricht, zu reden oder den Titelsong des Films „7 Zwerge - Männer allein im Wald“ anzustimmen.

Das Publikum feiert ihn, wann er das macht oder alte Sketche nachspielt. Und seine Freude über die große Zuneigung, die ihm entgegengebracht wird, erscheint aufrichtig und äußerst sympathisch. Aber ein wenig wirkt er eben auch gefangen in dieser Rolle des Kindheitshelden, der immer wieder die alten Kamellen hervorholen muss. Dabei wird deutlich, dass er etwas über Kunst zu sagen hat. Und er hat ja auch recht mit seiner Botschaft, wenn er anmerkt, dass in Galerien und Museen zu wenig gelacht werde und er das ein wenig aufbrechen möchte.

Doch für solche Überlegungen ist an diesem Abend kein Platz und keine Zeit. Als sich Waalkes und Eilert von ihrem Publikum unter großem Jubel verabschieden, ruft Waalkes: „Das war der schönste Abend in meinem Leben.“ Das wollen wir für ihn nicht hoffen, aber dass er so selig wie sein Publikum ist, nimmt man ihm doch ab. Am Ende signiert er im Foyer des Funkhauses und die Schlange ist schier endlos. Mit fast 80 Jahren ist der Mann, dessen Ottifant es bis in den Duden geschafft hat, irgendwie unantastbar geworden.