Mehrere StrafanzeigenBerliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Till Lindemann

Lesezeit 4 Minuten
Rammstein-Sänger Till Lindemann, hier bei einem Konzert in Dänemark, sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt. (Archvibild)

Rammstein-Sänger Till Lindemann, hier bei einem Konzert in Dänemark, sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt. (Archvibild)

Nach den Vorwürfen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann ermittelt die Staatsanwaltschaft. Shelby Lynn, eines der mutmaßlichen Opfer, begrüßt den Vorgang, reicht aber wohl auch Beschwerde gegen die Polizei Vilnius ein.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann eingeleitet. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwoch. Zuvor hatte unter anderem der „Tagesspiegel“ berichtet.

Laut Staatsanwaltschaft liegen mehrere Strafanzeigen Dritter, also „nicht am Tatgeschehen beteiligter Personen“, gegen Lindemann vor. Es handle sich um „Tatvorwürfe aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln“. Weitere Angaben könnten derzeit nicht gemacht werden.

Mehrere Frauen, darunter auch die deutsche Influncerin Kayla Shyx, hatten in den vergangenen Wochen schwere Vorwürfe erhoben. Im Fokus steht ein mutmaßliches Fan-Castingsystem, das auch das Ziel gehabt haben soll, Lindemann Frauen zuzuführen. Laut Vorwürfen soll es im Rahmen dieses Systems zu Übergriffen und sexuellem Missbrauch gekommen sein.

Shelby Lynn reicht Beschwerde gegen Polizei ein: „Zu viele Mädchen haben das schon durchgemacht“

Zu den Frauen, die mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit getreten sind, zählt auch die Nordirin Shelby Lynn. Sie hat nach eigenen Angaben gegen die Polizei in Vilnius (Litauen) Beschwerde eingereicht. Lynn bestätigte den Vorgang am Mittwoch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Lynn hatte nach einem Rammstein-Konzert am 22. Mai im litauischen Vilnius mit ihren Anschuldigungen gegen Till Lindemann die Welle an Vorwürfen gegen den Rammstein-Sänger losgetreten. Die Ermittlungen in Berlin begrüßt Lynn. „Ich bin froh, dass wir endlich gehört werden“, erklärte sie.

„Zu viele Mädchen haben das schon durchgemacht“, sagt Shelby Lynn zudem im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ihnen wurde vor der Nase die Tür zugeschlagen. Ich werde nicht zulassen, dass sie die Augen davor verschließen“, sagt sie mit Blick auf die Polizei und die aus ihrer Sicht fehlenden Ermittlungen nach ihren eigenen Vorwürfen gegen Till Lindemann.

Die Staatsanwaltschaft Vilnius ließ eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zunächst unbeantwortet, gegenüber „Welt“ bestätigte die Staatsanwaltschaft aber die Prüfung des Falls. Die Polizei Vilnius hatte nach Lynns ersten Vorwürfen keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet. „Die Polizei beschloss, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten, da es keine Beweise für eine Straftat gab. Die endgültige Entscheidung wird von der Staatsanwaltschaft getroffen. Wir können derzeit keine weiteren Details nennen“, hieß es von der Polizei Vilnius auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Rammstein-Konzert in Vilnius: Shelby Lynn will Ermittlungen gegen Till Lindemann

Shelby Lynn hatte nach dem Rammstein-Konzert öffentlich gemacht, dass sie sich auch an die Polizei in Vilnius gewandt habe. Einer ihrer Vorwürfe lautet, dass ihr im Rahmen des Rammstein-Konzerts etwas ins Getränk gemischt worden sei. Daraufhin habe sie die Polizei kontaktiert, um sich auf Stoffe oder Drogen untersuchen zu lassen – diese ersten Tests fielen offenbar negativ aus, berichtete Lynn via Instagram. 

Lynn teilte außerdem Ende Mai ein Video, in dem sie beschreibt, dass sie die Polizei angefleht habe, ihre Vorwürfe und ein Statement aufzunehmen: „I begged them“ – Ich habe sie angefleht – sagte Lynn in dem Video. Wenige Tage später sei es laut Lynns Schilderungen zu einer fünfstündigen Vernehmung gekommen – strafrechtliche Ermittlungen der Polizei blieben aber vorerst aus.

Rammstein-Sänger: Till Lindemann weist Vorwürfe über Anwälte zurück

Der Fall von Shelby Lynn und weiteren mutmaßlich betroffenen Frauen, die vom mutmaßlichen Fan-Castingsystem für den Rammstein-Frontmann auch gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ oder „Spiegel“, berichten, haben hohe Wellen geschlagen. Die Forderungen nach Konsequenzen für Till Lindemann wurden vor allem in sozialen Netzwerken lauter.

Über die Medienanwälte Schertz/Bergmann ließ Till Lindemann die Vorwürfe bislang zurückweisen. Die Anwälte kündigten juristische Konsequenzen an. „Wir werden wegen sämtlicher Anschuldigungen dieser Art umgehend rechtliche Schritte gegen die einzelnen Personen einleiten.“ Über soziale Netzwerke dementierten Rammstein die Vorwürfe.

Allerdings hat die Band hat erste Maßnahmen nach den Vorwürfen ergriffen und eine interne Untersuchung angestoßen. Als Folge der Vorwurfswelle wurden jegliche Verbindungen zu der Lindemann-Vertrauten Alena M. gekappt, die als Schlüsselfigur in dem Fan-Castingsystem galt, heißt es aus dem Umfeld der Band. Außerdem agieren offenbar Awareness-Teams bei Rammstein-Konzerten, die die Sicherheit garantieren sollen. Lindemanns private Aftershow-Partys, die neben der normalen Rammstein-Aftershow-Partys existierten, wurde nach dem Vilnius-Konzert eingestellt, hieß es weiter aus dem Umfeld der Band.

Rammstein sind aktuell auf Stadion-Tour durch Europa, rund um das vergangene Wochenende spielten sie vier Konzerte in München. Trotz der aktuellen Vorwürfe hieß es aus dem Umfeld der Band: „Prognosen sind immer schwierig, aber aktuell wird die Tour auf jeden Fall zu Ende gespielt.“

KStA abonnieren