Kommentar zu WinnetouRassistischer Kinderfilm hat in den Kinos nichts zu suchen

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Faschings-Apache: Szene aus „Der junge Häuptling Winnetou“  

Köln – Nachdem er in den sozialen Medien heftig kritisiert wurde, hat der Ravensburger Verlag die Auslieferung von zwei Kinderbüchern gestoppt. Die sollten als Begleitung zum neuen Film „Der junge Häuptling Winnetou“ für Erstleser erscheinen. Man habe nie die Gefühle anderer verletzen wollen, schreibt Ravensburger und entschuldigt sich.

Das ehrt den Verlag. Der Film zu den beiden Büchern aber läuft bereits in den deutschen Kinos. Er wurde aus verschiedenen deutschen Filmfördertöpfen mit Mitteln in Millionenhöhe gefördert und wurde mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet.

Das ist der eigentliche Skandal, denn wie zu erwarten tappt der grundschulgerechte Aufguss der „Winnetou“-Filme der 1960er Jahre in jedes mögliche rassistische Fettnäpfchen, vom kolonialistischen Klischee des „Edlen Wilden“ über die verpönte Praxis der kulturellen Aneignung bis zum „redfacing“, also dem rot überschminkten Gesicht eines biodeutschen „Indianer"-Darstellers. Ach ja, die Irrtumsbezeichnung des Kolumbus wird auch fleißig verwendet.

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Bevor Sie jetzt sagen: „Wie bitte? Dürfen wir jetzt nicht einmal mehr Karl May lesen?“, sage ich: „Sie dürfen, ich gestatte es Ihnen persönlich.“ 

Im Ernst: Es geht nicht darum, einen vor mehr als 100 Jahren gestorbenen Autor mit besserwisserischer Wokeness zu diffamieren, oder dessen fast 150 Jahre alte beliebteste Figur. Es geht darum, dass anderthalb Jahrhunderte später schlimme Stereotype der „Winnetou“-Romane in einem Kinderfilm unreflektiert wiederholt, gefördert und für wertvoll befunden werden. Ja, der Wilde Westen Karl Mays ist eine Märchenwelt. Aber auch die idyllische Überschreibung eines Genozids.

Niedlicher Rassismus ist immer noch Rassismus. Ravensburger hat das, wenn auch spät, verstanden. Leonine Distribution, der Verleih von „Der junge Häuptling Winnetou“, nicht. Dieser vorgestrige Film hat nichts in den Kinos zu suchen. 

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