Residenz KinoOper im Kino

Das Programmheft zum Opernkino in Köln.
Copyright: michael bause Lizenz
Köln – Ob es an der ungewöhnlichen Uhrzeit lag, dass Anna Netrebko einen Bissen Hühnchen auf der Bühne nicht verschmähte? Schließlich begann die Vorstellung an der Metropolitan Opera um 13 Uhr. Im Kölner Residenz-Kino war es da 19 Uhr, beste Theaterzeit also. So fanden sich rund 250 Besucher zu einer Premiere ein, auf die sie sechs Jahre lang warten mussten. „Metropolitan in High Definition“ live in Köln. An anderen Orten gibt es das schon seit Jahren.
Auf dem Programm stand „Der Liebestrank“ von Gaetano Donizetti. Wichtiger noch als das aber war für die PR-Maschinerie, dass Anna Netrebko die Rolle der Adina sang. Sie enttäuschte nicht, die Kamera liebt dieses Gesicht. Und viele Opernfans lieben es auch. Außerdem sollte man nicht den Fehler machen, die Netrebko als Künstlerin zu unterschätzen. Hingebungsvoll im Spiel, sehr differenziert ohne selbstverliebte Mätzchen im Gesang und uneitel beim Beifall präsentierte sie sich.
Dass im Grunde der Großteil der Last auf ihren Schultern lag, war ihr nicht anzumerken. Dazu waren ihre Partner auch zu gut. Etwa Ambrogio Maestri als Quacksalber Dulcamara oder Matthew Polenzani als Nemorino, dessen Tenor über Sensibilität und Kraft verfügt – so weit es die Übertragung erkennen ließ.
"Es bleibt Kinoatmosphäre"
So wie die Bilder viele Großaufnahmen boten, so war auch der Klang über die zahlreichen Lautsprecher etwas lauter, als man ihn in einem Theaterraum wahrnehmen würde. „Es bleibt Kinoatmosphäre“, fand etwa Erik Michael, dem aber die Inszenierung und die schön anzusehenden Kostüme im typischen Met-Stil gut gefielen. Ist Oper im Kino Oper oder Kino? Auf diese Frage gab es auch anlässlich der „Liebestrank“-Übertragung mehrere Antworten.
„Das ist für mich ein Film, der mir nicht die Oper ersetzt“, fand Gabriele Pauli. Die Vorteile des Residenz-Kinos wusste sie aber zu schätzen: „So einen Sessel haben wir zu Hause nicht.“ Und: „Hier ist man mal nicht der Älteste.“ Keiner sei unter 50 Jahre. Ausnahmen bestätigten die Regel, etwa Nelly Gräf, eine junge Frau im besten Studentinnenalter. Sie geht ebenfalls gern in die Oper. Die Karte für das Residenz hat sie geschenkt bekommen. Die Idee des Globalen gefällt ihr an der weltweiten Live-Übertragung aus der Met. Aber sie meinte auch: „Die Illusion der Oper geht etwas verloren durch die Interviews und die Blicke hinter die Kulissen mit den Umbauten.“
Ein Stück Fernweh
Beides gehört zum Konzept der Kino-Met. Bevor die Vorstellung losging, erschien die Sängerin Deborah Voigt als Moderatorin des Abends hinter der Bühne und interviewte den Met-Intendanten Peter Gelb. Alles in Englisch ohne Untertitel. Bei der Aufführung in der italienischen Originalsprache gab es dann dezente deutsche Übersetzungen. Peter Gelb gab eine kurze Einführung in die Oper, die er als „Komödie mit Bedeutung“ einordnete. Ein Stück Fernweh mag für den ein oder anderen Besucher zum besonderen Reiz gehört haben.
Bei allem, was man dagegen einwenden könnte, die Stimmen nicht frei im Raum zu hören und die Bühne nur zweidimensional zu sehen, so war der Met-Besuch im Kino doch ein stimmungsvolles Ereignis, das sein Publikum gefunden hat und sicher auch in Zukunft finden wird. Irgendwie stellte sich sogar ein Gemeinschaftsgefühl mit dem Publikum in New York ein, das ähnlich leger-elegant gekleidet war wie das am Kölner Kaiser-Wilhelm-Ring. Vielleicht lag das aber auch daran, dass das Dunkelrot des Met-Auditoriums mit der Wandfarbe des Residenz so trefflich harmoniert.