Roland KaiserEin Sänger mit Meinung

Roland Kaiser.
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Herr Kaiser, Ihr neues Album heißt „Auf den Kopf gestellt“. Wann wurde Ihr Leben zuletzt auf den Kopf gestellt?
Na ja, das war sicherlich der sogenannte Beginn meines zweiten Lebens.
Sie meinen Ihre Lungentransplantation vor sechs Jahren.
Genau. Wenn Sie quasi fast am Ende des Lebens angekommen sind, und Sie kriegen eine neue Chance, dann stellt sich Ihr Leben auf den Kopf. Sie gewichten Ihr Leben anders, setzen andere Prioritäten, Sie sind entspannter, nehmen vieles nicht mehr ganz so ernst. Alles das ist bei mir der Fall gewesen. Die neue Lunge hat mein Leben zum Glück sehr positiv auf den Kopf gestellt.
Es war ziemlich knapp, oder?
Das war es in der Tat. Und wenn man dann überlebt und wiederkommen kann, das hat das Leben für mich und für die Menschen, die mir nah sind, einfacher und schöner gemacht. Ich bin heute klarer als früher, nahbarer, leichter einzuschätzen, aber auch kritisierbarer und manchmal anstrengender als früher. Man kommt mit mir heute aber insgesamt einfacher aus als vor der Krankheit.
Verliert man die Angst vor dem Tod, wenn man ihm nah gewesen ist? Muss man Angst haben vor ihm?
Ich hatte auch vorher keine Angst vor dem Tod. Erstens ist er unumgänglich, und zweitens bin ich ein sehr christlicher Mensch. Ich glaube nicht, dass danach Schluss ist.

Schlagerstar Roland Kaiser (70) bei einem Konzert.
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PrivatRoland Kaiser wurde 1952 in Berlin geboren. Er lebt in Münster. Weil er an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) litt, wurde ihm 2010 eine eine neue Lunge transplantiert.KarriereDie größten Chart-Erfolge feierte Kaiser Anfang der 80er mit Liedern wie „Santa Maria“ und „Dich zu lieben“. Er hat 26 Studioalben veröffentlicht. Im August 2015 kamen über 50000 Zuschauer zu seinen vier Konzerten bei den Dresdner Filmnächten.AktuellKürzlich erschien Kaisers neues Album „Auf den Kopf gestellt“. Am 28.3. tritt er in Köln in der Lanxess Arena auf.
Sie engagieren sich politisch und für Wohltätigkeitsprojekte. In der Pegida-Hochburg Dresden haben Sie eine Rede gehalten, in der Sie sagten: „Setzen wir der Angst vor dem Unbekannten die Neugier entgegen, und lassen wir uns auf Menschen ein“. Ist auch Ihr Lied „Und wenn dein Name Leila wär“ ein Plädoyer für Toleranz?
In dem Lied geht es letztlich um die Frage: Wie würde ich reagieren, wenn mein Sohn eine Leila lieben würde? Ich wünsche mir, dass möglichst bald der Zustand eintritt, dass die unterschiedlichen Kulturkreise sich verstehen. Das ist natürlich runtergebrochen auf einen Unterhaltungssong, so wie es Udo Jürgens mit „Griechischer Wein“ gemacht hat. Man kann ja auch mit kleinen Geschichten Anregungen geben, ohne zu proklamieren, dass man alles besser weiß als andere.
Für Ihre Rede sind Sie als „Mutbürger“ bezeichnet worden. Haben Sie keine Angst vor Ablehnung?
Ich kann und will meine politische Meinung und meine Äußerungen nicht von wirtschaftlichen Interessen abhängig machen. Wenn ich etwas sage, überlege ich vorher nicht, ob die Leute danach wohl weiter meine Platten oder Konzertkarten kaufen. Das wäre ja schrecklich. Ich habe in Dresden eine Rede gehalten für Toleranz und Dialog. Und ich habe laut und deutlich gesagt, dass ich stolz bin, in einem Land zu leben, in dem Menschen, die auf der Flucht sind und um ihr Leben bangen müssen, menschenwürdig leben können. Da bin ich stolz drauf.
In Dresden sind Sie durch Ihre jährlichen „Kaisermania“-Konzerte quasi ein Volksheld. War es wichtig, Ihre Rede dort zu halten?
Ich habe diese Rede auch als Dankeschön an die Stadt gehalten, die in einem völligen Zerrbild dastand. Es hieß: Dresden gleich Pegida. Und das ist einfach falsch. Ich war das der Stadt schuldig.
Sie sind SPD-Mitglied. Juckt es Sie manchmal, politisch noch aktiver zu werden?
Wissen Sie, wenn man das richtig machen will, dann beginnt man im Ortsverein. Eine von außen kommende Person hat nicht das Basiswissen, und ich finde, mit 63 anzufangen, das ist ein bisschen spät. Ich mache lieber meine Musik und sage meine Meinung, wenn ich gefragt werde.
Das Gespräch führte Steffen Rüth.