„Saturday Night Fever” kommt nach Köln„Man kann John Travolta nicht reproduzieren“

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Bill Kenwright, Theaterproduzent und Präsident des FC Everton

  • Bill Kenwright ist einer der erfolgreichsten Theaterproduzenten der Welt – und führt den Premier-League-Verein Everton.
  • Im Moment arbeitet er zusammen mit Paul McCartney an einer Musical-Fassung von „Ist das Leben nicht schön?"
  • Aber zuerst bringt er seine Inszenierung von „Saturday Night Fever" nach Köln.

Bill Kenwright, „Saturday Night Fever“ war 1977 eine Kinosensation, die Ende der 1990er als Musical am West End und am Broadway Premiere feierte. Mit der hatten Sie aber noch nichts zu tun?

Kenwright: Nein, meine „Saturday Night Fever“-Geschichte beginnt mit meiner Freundschaft zu Robert Stigwood, dem Produzenten der Bee Gees und auch des Films, wir kannten uns über 50 Jahre. Ich war damals Schauspieler und Sänger. Stigwood und Brian Epstein, der Manager der Beatles, waren die magischen Namen, wenn du es im Showgeschäft schaffen wolltest. Robert nahm mich nie als Klient auf, aber er griff mir stets unter die Arme. Jedenfalls blieb unsere Freundschaft unerschütterlich. Ich liebe „Saturday Night Fever“, den Film. Und ich war Bee-Gees-Fan seit ihren ersten Hits in Australien. Mein Bruder arbeitete dort und schickte mir die Singles.

Sie sind einer der erfolgreichsten Produzenten am West End. Nur die BBC, heißt es, beschäftigt mehr Schauspieler. Außerdem sind sie der Präsident des Liverpooler Premier-League-Vereins FC Everton. Wie finden Sie da noch die Zeit, bei einem Musical Regie zu führen?

Ich bin in jenem wundervollen Stadium meines Lebens, in dem ich nur noch mache, was ich wirklich machen will. Ich führe nur Regie bei den Projekten, die mir ganz persönlich etwas bedeuten. Dazu gehören „Blood Brothers“ und Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“ , die haben Botschaften, an die ich auch glaube. Ich komme gerade aus einer Konferenz wegen eines Films, jetzt muss ich gleich in ein Vereinstreffen und danach auf die Probe. Ich tue das, weil ich es liebe. Für mich ist das wie Urlaub.

Und zu diesen persönlichen Projekten gehört also auch „Saturday Night Fever“?

Ich hatte schon seit ewigen Zeiten im Kopf, wie ich das Musical umsetzen würde. Ich fand, es hat nie funktioniert, so lange Tony Manero und seine Freunde plötzlich in Bee-Gees-Songs ausbrechen. Aber ich wollte die Bee Gees als Soundtrack, auch weil ich Musik fast so sehr liebe wie meinen Fußballverein. Also habe ich drei brillante Darsteller, die die Bee Gees verkörpern, weit über der Bühne platziert, von wo aus sie die Handlung mit ihren Liedern kommentieren. Und ich durfte auch Bee-Gees-Songs verwenden, die nicht im Original-Soundtrack vorkommen.

Die Hauptrolle, Tony Manero, ist auf ewig mit John Travolta verbunden. Ein schweres Erbe für Bühnendarsteller.

Man kann John Travolta nicht reproduzieren. Ich bin mit Travolta befreundet, wir haben zusammen Filme gemacht, und er hat mir erzählt, dass jede Tanzbewegung, jeder Schritt in „Saturday Night Fever“ aus dem Charakter Tony Maneros heraus entstanden ist, dass er darüber endlose Diskussionen mit dem Choreographen geführt habe. Er lebte damals für den Tanz. Die besten männlichen Tänzer in England sind alle von Matthew Bourne ausgebildet worden. Unsere Hauptrolle wird von dem ersten Solisten aus Bournes berühmten „Swan Lake“ getanzt.

Was Travolta Ihnen erzählt hat, klingt wie Method Acting für Tänzer.

Genau so ist es. Schauen Sie sich den Film noch einmal an: Sie können den Schauspieler hinter der Figur nicht erkennen, sie sehen nur Tony Manero, die Rolle passt ihm wie ein Handschuh.

Der Film ist kein Wohlfühlkino: Kids ohne Aussichten, Vergewaltigung, Suizid. Fällt das im Musical alles weg?

Nein, das finden sie auch im Musical. Aber wenn sie ein eher sanftes Gemüt sind, ist der Film schwer zu ertragen. Die Dialoge sind furchtbar vulgär und rassistisch. Die benutzen wir nicht. Nur die dramatischen Situationen. In England haben manche Kritiker bemängelt, dass wir das Original verwässert hätten, andere, dass wir zu viele der schmerzlichen Themen drin gelassen hätten. Es ist ein Musical über einen 19-jährigen Jungen, der völlig verloren ist, und nur auf der Tanzfläche zu sich findet.

Sie hatten erwähnt, dass Sie sich anfangs als Schauspieler versucht hatten. Ist das noch ein unerfüllter Traum?

Oh, nein, der ist schon lange verflogen. Vor 50 Jahren habe ich mein erstes Stück produziert, weil ich eine bestimmte Rolle spielen wollte. Ich war der jüngste Produzent am West End. Aber wie John Lennon sagt: Leben ist das, was passiert, während du andere Dinge planst. Ich wollte kein Produzent werden. Aber ich fand bald heraus, dass ich lieber durch die Lobby als durch den Bühneneingang ging.

Wie wussten Sie, welche Projekte die richtigen, welche erfolgreich sein würden?

Das weiß ich immer noch nicht, das weiß man nie. Mein Geschäftsführer schlug mir mal vor, dass wir mehr Geld verdienen könnten, wenn wir nur die Hits produzieren würden. Na, daran hatte ich noch nie gedacht. Ich hatte selbstverständlich auch Misserfolge. Es ist leicht, einen Flop vorherzusagen. Das weiß ich fünf Minuten nachdem der Vorhang aufgegangen ist. Aber man weiß nie, welche Produktion diejenige sein wird, die die Leute wieder und wieder sehen wollen, die Mega-Hits. Mein Glück ist: Wenn du schon mehr als einmal Erfolg hattest, kommen die Leute mit ihren Projekten zu dir. Sie wissen vielleicht, dass ich gerade zusammen mit Paul McCartney eine Musical-Version von „Ist das Leben nicht schön?“ erarbeite? Ich habe über 40 Jahre lang versucht, die Rechte an dem Stoff zu bekommen.

Ich weiß auch, dass Paul McCartney und George Harrison in Liverpool Ihre Schulkameraden waren.

Ja, die Liverpool Institute High School for Boys. Unsere Schule war nur eine halbe Meile vom Cavern Club entfernt, in der großen Pause konnten wir zu den Sessions dort gehen, und viele brachten ihre Gitarren mit. Ja, ich war ein Teil, wenn auch nur ein kleiner, dieser wunderbaren Merseyside-Szene. Haben Sie von dort Ihr Selbstbewusstsein? Ich glaube, es ist die Stadt selbst, es ist Liverpool, das einem Selbstbewusstsein verleiht. Liverpudlians sind wie Gummibälle. Schlagen sie einen zu Boden, springt er wieder hoch. Außerdem: Bands wie Gerry and the Pacemakers, The Searchers oder die Beatles dachten damals nicht daran, die Welt zu erobern. Das große Ziel war, einmal auf der Bühne des Liverpool Empire zu stehen.

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was Ihre beiden großen Leidenschaften, was die Bühne und das Fußballstadion verbindet?

Oh, die haben viel gemeinsam. Als Präsident von Everton ist mein Einfluss darauf, wie der Verein spielt, begrenzt. Aber ich kann mich um die Art und Weise kümmern, wie der Verein geführt wird. Als Theaterproduzent ist es nicht anders: Meistens bin ich ja nicht der Regisseur, aber ich kümmere mich darum, dass das Publikum genau das bekommt, was es bekommen sollte. Ich produziere Shows, um das Publikum zu erfreuen. Ich habe den FC Everton 1999 für die Fans gekauft, der Club ist ein Familienverein. Wenn der Schiedsrichter anpfeift, bin ich nicht mehr der Präsident, dann bin ich wieder der siebenjährige Junge, der sich in das Team verliebt hat.

Das Gespräch führte Christian Bos

ZUR PERSON

Bill Kenwright, 1945 in Liverpool geboren, ist einer der erfolgreichsten britischen Theater- und Filmproduzenten. Zu seinen größten Erfolgen gehören „Blood Brothers“ und „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“. Für „Saturday Night Live“ hat er selbst Regie geführt. Kenwright ist außerdem noch Präsident des britischen Premiere-League-Clubs FC Everton.

„Saturday Night Fever“ gastiert vom 17. März bis zum 29. März im Musical Dome Köln

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