So war der „Tatort“Auch die Außeridischen werden uns nicht retten

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Boerne (Jan Josef Liefers) auf der Flucht

Der Fall

Ein Webdesigner liegt erschlagen in seiner Wohnung, die einzige Spur führt auf eine Bowlingbahn. Wie sich herausstellt, sind die Kegelkumpane des Toten teilweise mit den Anhängern der Chatgruppe „Sisundus“ identisch, in der sich Verschwörungsfantasten über reptilienähnliche Außerirdische und deren Welteroberungsabsichten austauschen. Während sich Kommissar Thiel (Axel Prahl) an halbwegs seriöser Polizeiarbeit versucht, ermittelt Professor Boerne (Jan Josef Liefers) mal wieder auf eigene Faust und gibt sich dazu sogar als Reptiloiden-Gläubiger aus. Beide stellen dann schmerzhaft fest, dass die scheinbar harmlosen Spinner sehr gefährlich werden können.

Die Auflösung

Anfangs wollten sich der Tote und seine Mörderin nur über einen in den Verschwörungswahn abdrifteten Bowlingfreund lustig machen und starteten die Chatgruppe „Sisundus“ (das steht für „Sie sind unter uns“). Doch dann wurde der böse Scherz so erfolgreich, dass es plötzlich um viel Geld und nicht wenig Macht über andere Menschen ging. Ob die Mörderin am Ende sogar ihren eigenen Schwindel glaubte? Jedenfalls brachte sie ihren Mitverschwörer lieber um, als ihn aus der Sache aussteigen zu lassen.

Für „Tatort“-Fans

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Bei all dem hat sich die „Propheteus“-Autorin Astrid Ströher durchaus etwas gedacht, denn so schwierig die Verschwörungsgläubigen zu verstehen sind, so leicht sind manche psychologischen Mechanismen dahinter zu begreifen. Es geht um Macht, Geld und das schmerzlich vermisste Gefühl von Gemeinschaft in einer als feindlich empfundenen Welt. Dass die Mörderin anhand einer mundartlichen Schreibschwäche überführt wird (das „d“ in „Sisundus“ müsste eigentlich ein „t“ sein), wirkt etwas billig. Passt aber zu den hanebüchenen Erfindungen des Verschwörungsmilieus.

Gibt es Reptiloide?

Astrid Ströher glaubt eher nicht an reptilienähnliche Außerirdische auf Erden, macht sich aber einen Scherz daraus, sie durch ihren „Tatort“ stiefeln zu lassen. Die beiden Verfassungsschutzbeamten Herr Muster und Frau Mann sind offensichtlich der Kinoserie „Men in Black“ entliehen, in der schwarz gekleidete Geheimdienstler uns vor der Einsicht bewahren, dass Aliens friedlich auf der Erde leben – nur dass die schwarzen Männer in Münster selbst sehr außerirdisch wirken. Auch den Hund, der Thiel und Boerne das Leben rettet, kennt man so ähnlich als Alien-Larve aus „Men in Black“.

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Passend dazu belehrt uns Boerne darüber, dass sich die Existenz von Außerirdischen im Weltall streng wissenschaftlich nicht verneinen lässt. Das stimmt selbstredend, aber allzu wahrscheinlich, auch das sagt die Wissenschaft, ist menschenähnliches Leben in unserem Sonnensystem nicht.

Fazit

In diesem Münsteraner „Tatort“ steckt vieles, was uns zuletzt in Angst versetzte: Verschwörungsgläubige, geheime Chatgruppen, Selbstmordattentäter, live gestreamte Amokläufe – und ein bisschen zum Fürchten waren zuletzt ja auch die ausgelaugten Frotzeleien zwischen Prahl und Liefers. Während sich letzteres wieder auf ein angenehmes Maß eingependelt hat, lässt der Krieg in Europa die alte, von Verschwörungsmythen geplagte Wirklichkeit geradezu als heile Welt erscheinen. Auch die Außerirdischen, so die bittere Erkenntnis, werden uns wohl nicht retten. Die kriegen ja nicht mal Thiel und Boerne klein.

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