So war der TatortWenn ein Unschuldiger zum Mörder erklärt wird

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Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) hält eine Waffe und zielt. Er sieht sehr konzentriert aus.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) gehört im Tatort „Dein Verlust“ zu den Verdächtigen

Im Tatort „Dein Verlust“ gibt es für Moritz Eisner einiges zu feiern. Die gute Laune endet in diesem visuell anspruchsvollen Krimi aber schnell.

25 Jahre lang ermittelt Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) schon im Wiener Tatort. Dieses Jubiläum will gefeiert werden, und das tut der neueste Tatort „Dein Verlust“ mit einem bildgewaltigen Fall, in dem sein Jubilar einiges durchstehen muss.

Die Folge startet mit Moritz Eisners 60. Geburtstag in bester Partylaune. Was für ein visuelles Spektakel dieser Krimi auffahren wird, deutet sich schon in den ersten Szenen an. Das Licht, die Musik, der leicht verlangsamte Ablauf, ein scharf gestellter Ermittler und ein gedämpfter Hintergrund, alles markiert: Hier ist jemand nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.

Im Tatort „Dein Verlust“ muss Moritz Eisner einiges durchmachen

Als Bibi Fellner (Adele Neuhauser) am nächsten Morgen an einen Tatort gerufen wird, liegt Eisner immer noch ausgeknockt in seinem Wohnzimmer. Erst seine Tochter Claudia (Tanja Raunig) und ihr Freund Lukas (Julius Feldmeier) können den Polizisten aufwecken, der einen bösen Filmriss hat. Doppelt ärgerlich für Bibi Fellner, denn sie ist Eisner letzte Nacht näher gekommen und nun will er sich an nichts erinnern. So schnell kann die Stimmung von Liebesglück zu Verlegenheit umschlagen.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) tanzen und schauen sich in die Augen. Im Hintergrund weitere tanzende Paare.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) kommen sich im Tatort „Dein Verlust“ nahe.

Beide sind nicht ganz bei der Sache, als sie in einem Nachtclub die Leiche des Besitzers begutachten. Es gibt ein paar Verdächtige, aber die interessanteste Spur führt tatsächlich zum Geburtstagskind selbst. Am Tatort findet sich Moritz Eisners DNA, es gibt Aufnahmen, die zeigen, wie er den Club verlässt und die Tatwaffe finden sie in seiner eigenen Mülltonne. So doof kann eigentlich niemand sein, ein Polizist schon gar nicht, und natürlich glaubt man nicht eine Sekunde daran, dass Eisner wirklich der Täter sein könnte. Trotzdem landet er im Gefängnis und seine Anwältin rät ihn wegen der erdrückenden Indizienlage zu einem Geständnis.

Die Auflösung des Falls liegt bei Bibi Fellner

Doch wer ist der wahre Täter? Offenbar jemand, der Moritz Eisner etwas anhängen will. Dabei ist die Attacke gar nicht gegen den Ermittler gerichtet, sondern gegen Bibi Fellner - was angesichts des Jubiläums ein gelungener Twist ist. In einem früheren Fall kam wegen ihrer Ermittlungen ein Unschuldiger ins Gefängnis und beging dort Suizid. Die letzte Begegnung mit dem verbliebenen Sohn, der immer an die Unschuld seines Vaters geglaubt hat, wird wirkungsvoll erinnert, indem Bibi Fellner sie aus dem Blickwinkel der Zukunft heraus neu erlebt.

Da sie den Komplott nachweisen kann, kommt Eisner frei und so sind die beiden für den großen Twist wieder vereint: Bei dem verbliebenen Sohn handelt es sich um Lukas, den unauffälligen Freund von Eisners Tochter. Der konnte dem Ermittler auf seiner Geburtstagsfeier K-O.-Tropfen verabreichen und kam leicht an seine DNA. Und das alles nur, weil er Bibi Fellner nachspüren lassen wollte, wie es ist, wenn ein geliebter Mensch unschuldig zum Mörder erklärt wird.

Kunstfertiger Krimi überzeugt mit hervorragender Regie

Es ist ein interessanter Kniff: Die Nebelkerzen sind oft als solche erkennbar, und trotzdem bleibt Lukas Täterschaft bis zum richtigen Moment verschleiert. Schwächen hat dieser Tatort trotzdem, etwa im Dialog und seltener in der Inszenierung. Mehrmals geht die Folge einen Schritt mehr als nötig und traut sich nicht, Dinge unausgesprochen zu lassen. Damit tappt „Dein Verlust“ in für Fernsehfilme typische Fallen. 

Auf der anderen Seite überzeugt besonders die Regiearbeit von Katharina Mückstein mit einer Fülle von kreativen Stilmitteln. Besonders eine Kamerafahrt bleibt in Erinnerung, in der wir Bibi Fellner bis in den Morgen hinein beim Sichten von Fallakten verfolgen, inklusive Lichteinfall im Zeitraffer. Selbst ein leeres Wohnzimmer wirkt in diesem Krimi durch die hohen Kontraste und scharf umrissenen Objekte wie ein Kunstwerk. Immer wieder spielt die Folge mit asynchron verlaufenden Szenen, die sich gegenseitig vorgreifen. „Dein Verlust“ ist dank der Vielzahl seiner Kniffe ein stimmungsvoller Krimi, der trotz seiner Schwächen absolut sehenswert ist.

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