Sons of Kemet in EhrenfeldWie an eine Dampframme gefesselt

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Sons of Kemet im Club Bahnhof Ehrenfeld  

Köln – Das Kölner Set des Londoner Jazz-Quartetts Sons of Kemet klingt wie ein permanenter Aufbruch, ein großer, von zwei Schlagwerkern angetriebener, unnachgiebiger Marsch nach vorne. Die Menschen im ausverkauften Club Bahnhof Ehrenfeld tanzen, schwitzen und johlen, als hätte eine lange Ravenacht gerade ihren Höhepunkt erreicht.

Tatsächlich ist es ein Abschied: Bandleader Shabaka Hutchings hatte im Juni verkündet, dass sich die Sons of Kemet nach zehn Jahren zur Ruhe setzen werden, das Konzert im Rahmen der Cologne Jazzweek wird eines ihrer letzten sein.

Zehn Jahre immerhin, in denen Hutchings der britischen Jazz-Szene zu neuer Popularität und einem sehr viel jüngeren Publikum verholfen hat. Dabei ist der in London geborene, in Barabdos aufgewachsene Saxofonist gar nicht mal unumstritten, es gibt solche, die ob der Dauer-Intensität seiner Sons of Kemet kapitulieren, wie Klassik-Connaisseure, die sich in den Techno-Club verirrt haben und sich nun fühlen, als hätte man sie an eine Dampframme gefesselt.

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Dabei sind die Sons alles andere als eintönig. Allein die Polyrhythmen, zu denen sich die Schläge der beiden Drummer Tom Skinner und Edward Wakili-Hick vereinen, atmen die ganze musikalische Pracht des schwarzen Atlantiks, von der Jazz-Beerdigung in New Orleans, zu Soca, zu Afrobeat, bis zu britischem Dubstep.

Und wenn Theon Cross auf seiner Tuba dazu die tiefen Bassnoten beisteuert, hört der Bauch gleich mit. Cross kann freilich auch virtuos: In seinem Solo entlockt er seinem Instrument unerhörte Töne, vom Quietschen ungeölter Maschinen bis zum Lippenflattern märchenhafter Riesen.

Ungefähr zur Mitte des Sets greift Hutchings zur Bambusflöte und gönnt seinen Hörern eine kurze Verschnaufpause, dann schrauben sich die Sons of Kemet erneut in ekstatische Höhen. Albert Ayler, Sun Ra und Fela Kuti winken ihnen von nahe gelegenen Wolken zu.

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