„Spiegel“ nimmt Artikel offlineZweifel an Bericht über totes Flüchtlingskind in Griechenland

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Griechische Sicherheitskräfte stehen mit Helmen und Schutzschilden ausgerüstet am Grenzzaun zur Türkei. (Symbolbild)

Griechische Sicherheitskräfte stehen mit Helmen und Schutzschilden ausgerüstet am Grenzzaun zur Türkei. (Symbolbild)

Der „Spiegel“ hat einen Artikel über ein totes Flüchtlingsmädchen offline genommen. Es gibt Zweifel am Wahrheitsgehalt der Reportage. Auch die griechische Regierung ist involviert.

Nach öffentlichen Zweifeln am Wahrheitsgehalt einer „Spiegel“-Reportage über ein Flüchtlingsmädchen, das auf einer Insel im griechischen Grenzfluss Evros gestorben sein soll, hat das Nachrichtenmagazin den betroffenen Artikel aus dem Netz genommen. Der Artikel erschien bereits im vergangenen August.

Unter der Überschrift „Todesfalle EU-Grenze“ heißt es nun auf der „Spiegel“-Website: „An dieser Stelle befand sich ein Beitrag über das Schicksal einer Flüchtlingsgruppe am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros im Sommer 2022. Mittlerweile gibt es Zweifel an der bisherigen Schilderung der damaligen Geschehnisse. Wir haben daher mehrere Beiträge zu diesem Thema vorläufig von unserer Website entfernt. Wir überprüfen unsere Berichterstattung und entscheiden nach Abschluss der Recherchen, ob die Beiträge gegebenenfalls in korrigierter und aktualisierter Form erneut veröffentlicht werden.“

Zweifel an Existenz des Kindes

Konkret wurde nach Berichten von „Medieninsider“ die Frage aufgeworfen, ob sich das in dem Artikel geschilderte Schicksal des Flüchtlingsmädchens Maria so zugetragen und das Kind überhaupt jemals existiert hat.

Hintergrund seien des Magazins zufolge Aussagen des griechischen Migrationsministers Notis Mitarachi, der sich rund einen Monat nach der Veröffentlichung mit einem Brief direkt an Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann gewandt haben soll. Laut des Berichtes des „Medieninsders“ soll der Minister dem Spiegel darin vorgeworfen haben, den Vorfall ausschließlich nach Darstellungen von Nichtregierungsorganisationen übernommen zu haben.

Böse Erinnerungen an „Relotius-Affäre“

Die Geflüchteten-Situation an der griechisch-türkischen Grenze ist unterdessen unübersichtlich und die griechische Regierung steht immer wieder für ihren Umgang mit Flüchtlingen in der Kritik.

Spiegel-Reporter Giorgos Christides bestritt derweil auf Twitter, Marias Geschichte ungeprüft übernommen zu haben. Die Existenz des Kindes und ihrer Familie sei ihm von anderen Flüchtlingen bestätigt worden, so Christides. Eine Sprecherin des Spiegels äußert sich auf Nachfrage des Medieninsiders entlang des bereits auf der Webseite veröffentlichten Statements.

Für den „Spiegel“ könnte der Vorfall nach der „Relotius-Affäre“ der zweite Vorfall sein, der das Ansehen des Magazins erschüttert. Im Dezember 2018 war bekannt geworden, dass der „Spiegel“-Reporter Claas Relotius viele seiner Reportagen ganz oder teilweise erfunden hatte. (rnd)

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