Streaming-TippDisney+-Serie über die Welt religiöser Fanatiker

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Eine Großfamilie betet am Essenstisch.

Bei „Mord im Auftrag Gottes“ stehen Religion und Glaube im Zentrum eines spannenden Kriminalfalles.

Mit der siebenteiligen Mini-Serie „Mord im Auftrag Gottes“ verbirgt sich unter der Star-Kachel bei Disney+ ein spannender Kriminalfilm, der auf einer wahren Begebenheit beruht.

Im Zentrum der Geschichte stehen „die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (genannt LDS-Church) und ein schrecklicher Doppelmord im Jahre 1984 in Utah. Eines Abends wird Polizei-Detektiv Jeb Pyre (Andrew Garfield) beim gemütlichen Abendessen mit seiner Familie zu dem schlimmsten Einsatz seiner bisherigen Karriere gerufen. Wie der Zuschauer schnell mitbekommt, sind der junge Polizist und seine Familie Mormonen und Mitglieder der LDS-Church.

Ein Doppelmord Anfang der 80er Jahre

Am Tatort angekommen stellt er fest, dass die junge Mutter Brenda Lafferty (Daisy Edgar-Jones, bekannt aus dem wundervollen „Normal People“) und ihre 18 Monate alte Tochter brutal ermordet wurden. Außerhalb des Hauses wartet in blutgetränkter Kleidung der Ehemann Allen Lafferty (Billy Howle) auf die Polizisten. Als Hauptverdächtiger wird er direkt verhört und teilt den Behörden mit, dass seine gesamte Familie in Gefahr ist. Er schreibt die Tat einer mysteriösen Gruppe von bärtigen Männern zu. In Rückblenden wird nun erzählt, wie Brenda und Allen sich kennenlernten. Ein zentraler Punkt ist dabei das erste Treffen der jungen Studentin Anfang der 80er Jahre, bei dem sie die gesamte Mormonen-Großfamilie ihres zukünftigen Ehemannes kennenlernen sollte. Eine schicksalhafte Begegnung.

Zwei Polizisten stehen vor einem Absperrband

Die Polizisten Bill Taba (Gil Birmingham, l.) und Jeb Pyre (Andrew Garfield) ermitteln in einem Mordfall bei den Mormonen.

Die Laffertys sind eine Art Clan, der in Utah gerne mit den Kennedys verglichen wird. Familienoberhaupt ist Ammon Lafferty, der mit seiner Frau Doreen sechs Söhne und zwei Töchter hat. Er hat seine Kinder streng nach mormonischen und patriarchischen Grundregeln erzogen. Nun werden aber er und seine Frau von der Kirche auf eine zweijährige Missionsreise geschickt, was auch bedeutet, dass ein Kontakt zur Familie nur im absoluten Notfall gestattet ist. Die Söhne sind somit auf sich alleine gestellt. Es entwickelt sich schnell eine Dynamik, in denen sich die Brüder vom Staat und den lokalen Behörden verfolgt fühlen und sich immer mehr in ihren Glauben hineinsteigern. Sie schaffen sich ihre eigene Realität, in der sie recht haben und alle anderen nur Böses wollen. 

Brenda betrachtet all das zunächst von außen, wird allerdings immer weiter in die Familie hereingezogen. Das geht sogar so weit, dass sie kurz vor ihrer Hochzeit ihrem eher liberalen Vater, der aber auch ein Mann der Kirche ist, erklären muss, warum die Laffertys gut für sie sind und sie sich eine Zukunft dort vorstellen kann. Sie hinterlässt einen kopfschüttelnden Vater, der sich wohl nie hat ausmalen können, dass seine nach modernen Standards lebende Tochter in eine patriarchische Mormonen-Familie einheiratet.

Schnell wird jedoch klar, dass Brenda als emanzipierten Frau so gar nicht in das Weltbild der Mormonen-Familie passt. Als bei Brendas Hochzeit der Vater der Laffertys von seiner zweijährigen Mission zurückkehrt, eskaliert die Geschichte. Es entwickelt sich ein spannender Krimi in einer fremden Welt, in der irgendwann jeder verdächtig scheint.

Schauspielerin Daisy Edgar-Jones spielt in der Serie eine Nachrichtensprecherin.

Daisy Edgar-Jones überzeugt als Brenda.

Es ist vor allem Daisy Edgar-Jones als Brenda, die diese Miniserie zu etwas Besonderem macht. Dem Zuschauer zerreißt es nicht nur einmal das Herz, weiß er doch, welches schreckliche Schicksal die junge, mutige Frau und ihr Baby erwartet. Eventuell ist es daher gut, dass im weiteren Verlauf die Brüder einen größeren Teil in der Geschichte einnehmen. Dabei wird der strenge Glaube der Mormonen nicht verteufelt. Das geht sogar so weit, dass die Handlung bis tief ins 19. Jahrhundert zurückreicht und die Gründung der Kirche schildert. Eine mutige Entscheidung der Macher, diesen historischen Aspekt mit einzubeziehen. Auf ein klischeehaftes schwarz-weißes Bild wird bewusst verzichtet. Auch die Zerrissenheit, in der Polizist Pyre während der Ermittlungen seinen eigenen Glauben hinterfragt, gibt der Geschichte besondere Tiefe.

„Mord im Auftrag Gottes“ ist ein klassischer Thriller, der ohne viele Effekte auskommt und mit immer neuen Wendungen überrascht. Das gesamte Ensemble um die Stars Daisy Edgar-Jones und Andrew Garfield kann überzeugen. Nur die teilweise zu lang geratenen religiösen Monologe der Protagonisten unterbrechen die spannende Geschichte ein wenig zu häufig.

Die sieben, teilweise länger als eine Stunde dauernden Folgen, sind komplett bei Disney+ in der Stars-Mediathek abrufbar.

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