RückblickSo war die „Tatort“-Saison – Verrückte Plots und schwuler Sex

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Der „Tatort“ gilt als Deutschlands beliebteste Krimireihe.

Berlin – Seit dem 6. September standen bis zu diesem Sonntag (5. 6.), wenn die Sommerpause beginnt, 36 neue „Tatort“-Krimis im Programm des Ersten der ARD. Ein Rückblick in Fragen und Antworten:

Was war die größte Innovation in dieser Saison? Der „Tatort“ als Deutschlands beliebtestes Fernsehformat hat jetzt einen männerliebenden Ermittler. Doch ist dieser Robert Karow, gespielt von Mark Waschke, wirklich schwul? Oder bisexuell? Egal. Er passt in keine Schublade. Früher kam Homosexualität fast nur problembeladen in Primetime-Krimis vor. Das ist nun anders. Die Berlin-Krimis vom RBB mit Waschke an der Seite von Meret Becker zeigen ohne Skandalisierung den rätselhaften Kriminalhauptkommissar Karow als einen Mann, der auch mal Sex mit Männern hat.

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Meret Becker und Mark Waschke - die Kommissare aus Berlin.

Was ist so besonders an dem nicht-heterosexuellen Kommissar? Während Robert Karow in der Folge „Ätzend“ (15.11.) lediglich einen Typen mit nach Hause nimmt und eine Zigarette danach raucht, geht es im Krimi „Wir - Ihr - Sie“ (5.6.) deutlich zur Sache. Eine fürs deutsche Fernsehen kaum für möglich gehaltene Lässigkeit. Möglicher Streitpunkt: Die meistgeguckte Krimireihe der Republik hätte vielleicht schon vor vielen Jahren eine schwule Hauptfigur bekommen können. Nun hat ihr der RBB stattdessen ganz fortschrittlich einen Ermittler mit un-eindeutiger Orientierung beschert - das ist postsexuelles TV, jenseits etablierten Verständnisses von Sexualität.

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Welcher „Tatort“ war der verrückteste der Saison? Im MDR-Weimar-„Tatort“ steht ein Totgeglaubter („Der treue Roy“, 24.4.) mit Kugel im Kopf wieder auf, im WDR-Münster-Krimi „Ein Fuß kommt selten allein“ (8.5.) macht Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) mit der Staatsanwältin genau dort einen Tanzkurs, wo es etwas zu ermitteln gibt. Äußerst verschwurbelt und dabei unterhaltsam ist der Plot vom HR-Krimi „Wer bin ich?“ (27.12.) mit Ulrich Tukur als Felix Murot. In dem selbstbezüglichen Film-im-Film spielen die Schauspieler angeblich sich selbst, am Ende gibt es eine geradezu metaphysische Auflösung. Besonders absurd: Ex-„Tatort“-Star Martin Wuttke spielt Ex-„Tatort“-Ermittler Wuttke. Ein verrückter Meta-„Tatort“.

Welches neue Personal ist dazugekommen?

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Vor der Premiere des neuen Weimarer Tatorts "Der treue Roy" posieren die Schauspieler Nora Tschirner und Florian Lukas auf dem roten Teppich.

Während es in der Saison davor drei Neustarts gab - und zwar in Berlin, Frankfurt am Main und in Franken - ist diesmal das neue MDR-Team in Dresden angetreten: Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski). Die Figur von „Fack ju Göhte“-Star Jella Haase stirbt gleich im ersten Fall „Auf einen Schlag“ (6.3.), der in einem fiesen Schlagermusikermilieu spielt. Außerdem ist Heike Makatsch für den SWR in Freiburg aufgetaucht (28.3./Ostermontag). Darüber hinaus hat NDR-Ermittler Thorsten Falke seit dem Fall „Zorn Gottes“ (20.3.) jetzt die österreichische Schauspielerin Franziska Weisz an seiner Seite (statt zuvor sechsmal Petra Schmidt-Schaller).

Übrigens: Auch in der anderen ARD-Sonntagskrimireihe „Polizeiruf 110“ gibt es neues Personal: So ermittelt jetzt im Brandenburgischen für den RBB nach dem Abschied von Dorfpolizist Horst Krause an der Seite von Maria Simon der Schauspieler Lucas Gregorowicz in einer deutsch-polnischen Mordkommission. Beim Magdeburger „Polizeiruf“ vom MDR hat jetzt Claudia Michelsen den Schauspieler Matthias Matschke (statt Sylvester Groth) an ihrer Seite.

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Die Folge „Ein Fuß kommt selten allein“ mit Jan Josef Liefers gilt als eine der verrücktesten der diesjährigen Saison.

Was bietet die ARD den Zuschauern sonst noch Neues? Der „Tatort“ hat jetzt eine kostenlose App. Damit sind per Smartphone und Tablet die Filme abrufbar, außerdem gibt es Hintergrundinformationen und Mitmach-Elemente. Die Zuschauer können als Sofa-Kommissare beim Gucken den Fall parallel zu lösen versuchen.

Was steht kommende Saison an? Im Herbst kommt der offizielle 1000. „Tatort“ mit Maria Furtwängler und Axel Milberg (der Titel lautet wie beim ersten 1970: „Taxi nach Leipzig“). Fachleute sahen bereits im Bremer Fall „Der hundertste Affe“ (16.5./Pfingstmontag) die 1000. „Tatort“-Erstausstrahlung, weil sie im Gegensatz zur ARD 13 Filme dazuzählen, die zwischen 1985 und 1989 nur in Österreich gesendet worden sind. Voraussichtlich im Dezember läuft nach 14 Jahren der letzte Bodensee-„Tatort“ mit Eva Mattes als Klara Blum. Wohl 2017 kommt dann vom SWR das neue Schwarzwald-Team (Freiburg) unter anderem mit Eva Löbau („Der Wald vor lauter Bäumen“, „Lerchenberg“) und Entertainer Harald Schmidt. (dpa)

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