Zu dumm für Mathe?„The Simple Club“ beweist mit Nachhilfe auf Youtube das Gegenteil

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Nicolai Schork (li.) und Alexander Giesecke, Gründer von „The Simple Club“

  • Von Schülern für Schüler: Das war das Gründungsprinzip von Alexander Giesecke und Nicolai Schork als sie 2011 den YouTube-Kanal starteten.
  • Mittlerweile ist „TheSimpleClub“ eine ausgewachsene Lernplattform mit Sitz in Berlin, auf der Jugendliche Nachhilfe in acht Fächern in Anspruch nehmen können.

Köln – Herr Giesecke, wie kam es dazu, dass Sie und Ihr Freund „TheSimpleClub“ gegründet haben?

Die Idee ist in der elften Klasse entstanden. Wir wollten etwas im Internet starten, und es war die Zeit von YouTube. Wir haben mitbekommen, dass Mitschüler im Internet Nachhilfe-Videos benutzten, die Erklärungen aber nicht sonderlich verständlich waren. Dann haben wir uns hingesetzt, mathematische Probleme gelöst und verständliche Videos produziert. Als das für Mathe gut funktionierte, haben wir es nach und nach ausgeweitet. Heute steht hinter den Videos ein ganzes Team.

Was läuft Ihrer Meinung nach denn in der Schule schief, dass Schüler sich oft schwer tun mit Fächern wie Mathe, Bio und Physik?

Ich glaube, es ist eine Kombination: Auf der einen Seite ist es das Schulsystem an sich, das nicht optimal funktioniert. Die Schüler wissen nicht, warum sie einige Dinge überhaupt lernen sollen – und der Lehrer kann das oftmals auch nicht erklären. So entsteht erst gar keine Grundmotivation. Und auf der anderen Seite wird der Stoff oft trocken erklärt, obwohl es Themen gibt, die gar nicht so trocken sind. Anwendungsbeispiele sind unglaublich wichtig.

Was machen Sie in Ihren Videos anders?

Wir erklären die Aufgaben auf Augenhöhe. Wir sagen unseren Nutzern: Wir helfen euch durch den Stoff zu kommen und um die Aufgaben zu verstehen, müsst ihr dieses und jenes tun. Wenn es keinen offensichtlichen Grund gibt, einen Teilbereich zu lernen, sagen wir das auch ganz offen – trotzdem müssen die Schüler es eben lernen, weil es in den Klausuren drankommt.

Das ist alles?

Naja, dazu kommt, dass in vielen Schulen nicht nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand gelehrt wird. In den Lehrbüchern steht zum Beispiel erst eine Definition und dann ein Beispiel. So wird auch im Studium gelehrt. Studien haben aber gezeigt, dass es anders herum besser ist: Erst ein anschauliches Beispiel öffnet Türen für Erklärungen. So machen wir es, und es funktioniert.

Das heißt, die Lehrer sind Schuld?

Nein, die Schuld wird oft zu schnell auf die Lehrer geschoben. Es gibt Lehrer, die sich mit moderneren Methoden auseinandersetzen und Lust haben, Neues auszuprobieren. Aber es gibt eben auch jene, die sich nicht in die Schüler hineinversetzen. Fachlich und sprachlich sollten Lehrer versuchen auf Augenhöhe mit den Schülern zu sein.

Was heißt das für das Fach Mathematik?

Ich glaube, viele Lehrer vermitteln den Schülern, dass es eine Intelligenzgrenze gibt, dass sie zu dumm für Mathe sind. Aber das stimmt nicht! Es ist vielmehr eine Zeitfrage. Manche brauchen eben länger, um eine Aufgabe zu verstehen – das haben auch US-Studien gezeigt.

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Warum habt Ihr als erstes Mathe in euren Videos erklärt?

Mathe ist bei den meisten Schülern das Problemfach Nummer 1, daher war hier die Nachfrage am größten. Aus heutiger Sicht wissen wir allerdings auch, dass das Verständnis für Mathe einen interessanten Nebeneffekt hat: Diese spezielle Denkweise baut das Gehirn um, was einem die Grundlage bietet, auch in anderen Bereichen komplexe Sachverhalte zu lösen. Man geht an viele Probleme im Leben viel rationaler heran. Auch wenn wir glauben, dass nicht jeder Mensch wissen muss, wie man ein Integral unter der Kurve berechnet, so ist ein mathematisches Grundverständnis doch sehr wichtig.

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