Theaterstück über RAF-TerrorismusWer sich gegen Trauer und für Wut entscheidet

Lesezeit 2 Minuten
"Lieber wütend als depressed" von Parasite Ensemble und studiobühneköln

'Lieber wütend als depressed' von Parasite Ensemble und studiobühneköln

Das Stück „Lieber wütend als depressed“ des Kölner Parasite Ensemble zeigt einen Polit-Parcour zwischen RAF-Geschichte und „Last Generation“-Gegenwart.

Radikale und politische Kunst wollen sie schaffen, so heißt es im Manifest des jungen Theater- und Performance-Kollektivs. Wie dieser Anspruch mit Theaterleben gefüllt werden kann, zeigt das fünfköpfige Ensemble hier eindrucksvoll. Ein lebendiges Museumsszenario lädt das Publikum zur Zeitreise ein.

Parasite Ensemble holt RAF-Terroristin Ulrike Meinhof auf die Bühne

Bevor es losgeht, gibt es im Foyer die Möglichkeit, einen Blick auf den Produktionsprozess des Stückes zu werfen. Von der Anfangsidee, das Wirken und Scheitern der radikalen Linken in den 1960er und 70er Jahren im Heute zu verhandeln, bis hin zum Antragsverfahren für die Förderung des Stückes, ist hier alles dokumentiert. Eine spannende Lektüre gerade für Gruppen der Freien Szene, die das Kollektiv vielleicht auf seine Website setzen sollte.

Für die Zuschauer gilt es nun, sich auf die Räume zu verteilen. Mit Ulrike Meinhof diskutiert man in ihrer Studentenbude über den Aufbruch in den 1960er Jahren. Im Raum 2 reist der Zuschauer zurück in eine Underground-Zelle, wo bei schlechter Luft und kaltem Zigarettenrauch mit einem strengen Genossen eine heiße Diskussion über die Methoden der RAF entbrennt.

Theaterstück spielt im Technologiepark in Müngersdorf

Eine an Marina Abramovic erinnernde Performance in Raum 3 führt dann in die Gegenwart, wo im 4. Raum mit einem maskierten Mann auf der Leinwand via Chat und Funkgerät über Glanz und Elend der Digitalen Revolution debattiert wird. Der letzte Raum, ein WG-Zimmer aus der Gegenwart, ist von seinem sanften Interieur  - mit Mal-Therapie-Staffelei - der Gegenentwurf zum martialisch wirkenden Raum 2.

Umso spannender zu beobachten, wie hier die Diskussion über politisches Handeln im Heute gleich alle Zuschauer unterschiedlicher Altersgruppen erfasst. Gespielt wird in der großen Halle im Technologiepark in Müngersdorf. Hier ist die Studiobühne bei ihren Auswärtsspielen bei der Tanzfaktur zu Gast. Die hat das großzügige Gebäude für geraume Zeit als Außenspielstätte in Betrieb genommen. Eine spannende Location, die die Topographie der Kölner Theaterlandschaft um eine weitere Spielstätte im Kölner Norden bereichert.

Zur Veranstaltung

„Lieber wütend als depressed“. Termine: 28.6. – 2.7., jeweils 20 Uhr, 2.7. auch 16 Uhr, Vitalisstraße 314, 50829 Köln. Der Zugang zum Gelände erfolgt über den Girlitzweg.

KStA abonnieren