Das Aus der Damen bei der Fußball-WM hat enttäuscht. Über den Gastkommentar von Professor Ingo Froböse sind die Leser geteilter Meinung.
Leserbriefe zu GastkommentarBraucht es ein Sportministerium?

Universitätsprofessor Dr. Ingo Froböse lehrt an der Sporthochschule in Köln.
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Gastbeitrag zum WM-Aus: "Wir könnten bald als Sport-Entwicklungsland betrachtet werden (4.8.)
Professor Froböse weist zurecht auf allgemeinen Leistungsverfall hin
In seinem Gastkommentar greift Prof. Ingo Froböse den allgemeinen Leistungsverfall im Sport auf. In der Sache ist dem zuzustimmen. Gesamtgesellschaftliche Entwicklungen tragen maßgeblich dazu bei. Für die Leistungsförderung im Sport sind in erster Linie die Vereine und Fachverbände zuständig. Aber auch der Schulsport kann Weichen stellen, nicht nur durch Talentförderung, sondern auch im alltäglichen Unterricht. Darauf bezogen stellt man allerdings eine deutliche Verschiebung fest: Weg von der Leistungsperspektive und vom systematischen Üben hin zu einem Bauchladen von Angeboten, welche nur selten einer ausführlicheren und anspruchsvolleren Auseinandersetzung bedürfen. Ein bescheidenes Kompetenzverständnis sowie das Gutheißen des digitalisierten Sporterlebens (nicht zuletzt auch durch Herrn Froböse selbst!) tragen ebenfalls mit dazu bei, dass die Erfahrung von systematischem Üben, von wirklichem Können und sportlicher Leistung ausbleibt. – Paul Klingen Pulheim

Alexandra Popp, Kapitänin der Frauen-Fußball-Nationalelf
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Der Kommentar von Ingo Froböse betont zu sehr die Leistung im Sport
Der Gastbeitrag von Herrn Froböse hat mich in Wortwahl und Haltung irritiert - gelinde gesagt. „Kläglich ausscheiden“, „Versagen“, „statt Stolz und Leistung“, „unseren Sport wieder dorthin zu bringen, wo er hingehört — an die Spitze“ und die Forderung nach einem Sportministerium. An mangelnder Fähigkeit, Ausbildung und Leidenschaft wird es nicht gelegen haben, schließlich sprechen wir von dem Team, das noch im vergangenen Jahr Vizeweltmeister wurde. Sport ist sicher eine schöne, oft wichtige, auch gesellschaftspolitisch wichtige Art, sein Leben zu gestalten und andere dabei mitzunehmen. Fußball ist — in meinem Verständnis — ein spielerischer Wettkampf, der seinen Reiz daraus zieht, nicht von vorneherein zu wissen, wer gewinnt und wer verliert. Was für eine Größenvorstellung kommt in der Haltung des Kommentars zum Ausdruck? Mir scheint, genau diese Größenidee, die jede Möglichkeit zu stolpern und zu fallen ausschließt, birgt unendlich viele Möglichkeiten zu scheitern. Alleine schon die Angst vor dem Scheitern und vor der Vernichtung, die dann droht, kann jede Spielintelligenz verschütten. Sport ist — so sehe ich es — wenn mal die einen, mal die anderen gewinnen. Und sportlich ist, verlieren zu können. – Eva Buchenau Köln
Mir scheint, genau diese Größenidee, die jede Möglichkeit zu stolpern und zu fallen ausschließt, birgt unendlich viele Möglichkeiten zu scheitern.
Leistung im Sport muss erarbeitet werden - und nicht nur da
Die Analyse, die Professor Froböse in seinem Kommentar für den Sport vornimmt, lässt sich eins zu eins auf unsere Wirtschaft übertragen. Hier bestimmen Themen wie „work-life-Balance“ und die Vier-Tage-Woche die Diskussion. Vom Leistungsprinzip, das Deutschland groß gemacht hat, ist nichts mehr zu hören. Dabei möchte ich betonen, dass ich nicht grundsätzlich gegen diese Themen bin, zu bedenken ist aber, dass nur das verteilt werden kann, was vorher durch Leistung erarbeitet wurde. Wir ruhen uns auf den Erfolgen der Vergangenheit aus, vergessen dabei aber, dass diese Erfolge sehr flüchtig sind und immer wieder neu erarbeitet werden müssen. – Wilhelm Otten Euskirchen
Der von Ingo Froböse formulierte Leistungsanspruch ist überzogen
Der Leistungsanspruch, der im Kommentar gestellt wird, ist überzogen. Unter den 211 Fachverbänden hat sich die Mannschaft aus Deutschland zur Endrunde der 32 besten Teams qualifiziert. Die Spielerinnen haben einen wichtigen Wert des Sports gezeigt, sich mit anderen zu messen, dabei sein Bestes zu versuchen und Niederlagen zu riskieren. Damit steht weder Deutschland noch die Mannschaft aus Deutschland „im Abseits“. Frau Oberdorf hat – ich hoffe stellvertretend für viele des Teams - Sportsgeist gezeigt: Die nächste Aufgabe heißt „Paris 2024“, da wollen sie es besser machen. – Dr. Jörg Wimmert Bergisch Gladbach