Leserbriefe zur GrundsteuerHauseigentümer fürchten steigende Belastung

Lesezeit 6 Minuten
Ein Grundsteuerbescheid für 2024 wird vor einem Privatgrundstück hochgehalten. Im Bildhintergrund sind unscharf mehrere Einfamilienhäuser zu sehen.

Für die Neuberechnung der Grundsteuer müssen bundesweit etwa 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.

Nach dem Ärger über die elektronische Grundsteuererklärung sehen Eigentümer nun erheblich höhere Steuern auf sich zukommen. 

„Unwucht“ bei der Grundsteuer – Städte- und Gemeindebund prognostiziert einen drastischen Anstieg bei Wohnimmobilien (10.2.)

Grundsteuerreform: Mit heißer Nadel gestrickt?

Mit dem Begriff „Unwucht“ werden die Probleme und mangelnde Plausibilität bei der Umsetzung des neuen Grundsteuerrechts in NRW kleingeredet. Man muss eher von einem flächendeckenden Schildbürgerstreich sprechen, bei dem der Bürger massiv zur Kasse gebeten wird. Ein Beispiel gefällig?

Ein Gartengrundstück von etwa 1000 Quadratmetern, das von allen Seiten durch fremde Grundstücke umgeben ist, mit altem Baumbestand und Wiesenfläche mit Sträuchern. Es gibt keine Wegerechte und keine Möglichkeit, Versorgungsleitungen zu legen. Außerdem besteht eine eingetragene Baulast von 500 Quadratmetern, die das Grundstück in zwei gleiche Teile teilt. Somit besteht keine Möglichkeit, dieses Grundstück zu bebauen oder als Baugrundstück zu verwerten.

In der Vergangenheit nach altem Recht wurde es als Gartengrundstück eingestuft, mit entsprechender Höhe des Grundsteuersatzes. Der Bescheid des zuständigen Finanzbeamten bewertet diese Fläche jetzt mit 460 Euro pro Quadratmeter als Baugrundstück. Somit erfährt der Garten eine Aufwertung auf 460.000 Euro, was einer 15-fachen Erhöhung des Grundsteuerbetrags entsprechen dürfte. Nach Auskunft des Finanzamtes erlaube die Rechtslage keine anderslautende Entscheidung.

Da fragt man sich doch, wie kann so etwas sein? Wie können so offensichtlich falsche Einschätzungen rechtskräftigen Charakter erlangen? Fachleute aus den steuerberatenden Berufen schütteln den Kopf über solchen Unsinn und die Finanzämter sind wahrlich zu bedauern, wenn derart unausgegorene Gesetze in Rechtswirklichkeit umgesetzt werden müssen. Wie so oft in der Vergangenheit hat die Politik ein Gesetz mit heißer Nadel gestrickt und wichtige Detailfragen außer Acht gelassen. Dieter Kautz Rösrath

Grundsteuererklärungen: Finanzämter überfordert

Gerhard Voogt stellt mit seiner Behauptung „Viele Steuerzahler waren offenbar mit dem Prozess überfordert“ eine ungeprüfte und unzulässige These auf, der ich widerspreche. Meine Erfahrung besagt, dass es reichlich Unzulänglichkeiten im elektronischen Erfassungssystem Elster gab und gibt. Zwei Beispiele aus meiner Erklärungspflicht: Die Daten für einen landwirtschaftlich genutzten Acker, das grundbuchlich eingetragene Flächenmaß, quittierte das System mit Fehlermeldungen.

Mehrere von einer Mitarbeiterin des Finanzamts telefonisch „geführte“ Eingabeversuche schlugen fehl, worauf die Mitarbeiterin des Finanzamts vorschlug, die Erklärung auf Papierformular einzureichen und die Vordrucke per Post schickte. Wer war hier überfordert? Einen Bescheid gibt es noch nicht.

Die etwas differenziertere Erklärung für ein Wohngrundstück im Eigentum mit Garagengrundstück in Erbpacht, eine wirtschaftliche Einheit, führte permanent zu Fehlermeldungen. Die Hotline-Mitarbeiterin des Finanzamts konnte keine Lösung anbieten, nur eine Krücke: Zwei getrennte Erklärungen. Die nahm das System an; obwohl fristgerecht eingereicht, gibt es bis heute keinen Bescheid!

Aus dem Bekanntenkreis weiß ich, dass mancher Eingabeprobleme umgangen hat, indem er die Eingaben so gemacht hat, wie das System sie annimmt – auch wenn sie nicht korrekt sind. Logisch, dass die Finanzämter in Korrekturen ersticken. Aber nicht, weil die Bürger zu dumm sind. Eine Recherche bei den Finanzämtern, was die Mitarbeitenden seit der ersten Stunde der Erklärungspflicht mit dem System erlebt haben und wodurch eine Überforderung und bei wem sie hervorgerufen wurde, wäre angebracht gewesen. Christian Bergner Köln

Technische Probleme bei der Grundsteuererklärung

Im Bericht über die Abgabe der Grundsteuererklärung erwähnen Sie, dass elf Prozent diese Erklärung auf Papier abgegeben haben. Das habe ich auch! Wir haben zu dritt versucht, von Elster einen Aktivierungscode zu erhalten. Vergeblich. Alle Firewalls wurden ausgeschaltet, es funktionierte trotzdem nicht. Meiner Meinung nach war das ein technisches Problem, ich hätte diese Erklärung lieber online bearbeitet. Rita Illig Köln

Grundsteuer: Bescheide kaum nachvollziehbar

Die Ausführungen des Artikels kann ich nahezu vollumfänglich aus eigener Erfahrung bestätigen. Schon der Anmeldeprozess zum Elster-Portal war alles andere als einfach oder schnell. Das Ausfüllen der Erklärungsbögen war weder unkompliziert noch selbsterklärend, spätestens dann, wenn wie bei uns das Grundstück aus mehreren Flurstücken besteht. Die beiden Teile der Erklärung verwenden hierzu eine unterschiedliche Logik, die Plausibilitätsprüfung bemerkt zwar den Fehler, weist aber nicht auf den Grund hin.

Nach Erhalt von Grundsteuerwert- und -messbescheid ergibt sich für unser Einfamilienhaus eine Steigerung des Messbetrags um sage und schreibe 75,3 Prozent! Wie hoch letztlich die Steuer-Mehrbelastung ausfallen wird, lässt sich nicht sagen, da die Stadt Köln sich noch nicht zur Entwicklung der Hebesätze geäußert hat. Ich kenne niemanden, bei dem der Messbetrag für ein Wohngrundstück niedriger ausgefallen ist – das bestätigt die Eindrücke des Städte- und Gemeindebund NRW. Die in den Bescheiden aufgeführten Berechnungen sind für den Normalmenschen nicht nachvollziehbar.

Da ist es vollkommen logisch, dass der Bürger schon aus Gründen des Selbstschutzes zunächst Einspruch einlegt. Vielen Bürgern dürfte entgangen sein, dass man nach Erhalt der genannten ersten beiden Bescheide nur eine Frist von vier Wochen für einen Einspruch hat. Kommt später der Zahlungsbescheid, gibt es keine Einspruchsmöglichkeit mehr. Insofern halte ich die Formulierung, die Finanzämter müssten sich mit einer Vielzahl von Einsprüchen „herumschlagen“, für unangemessen. Die Bürger sind deshalb auch nicht „rebellisch“, sie passen schlicht auf. Norbert Krautz Köln

Grundsteuererklärung: Vorteile der Digitalisierung nicht zu erkennen

Bei der Erhebung der Grundsteuer wurde so ziemlich alles falsch gemacht. Das begann schon damit, dass durch unseren manchmal unseligen Föderalismus einige Bundesländer eigene Wege gingen, also die Chance verpasst wurde, eine wie bei der Einkommensteuer bundeseinheitliche Regelung bei der Grundsteuererklärung zu erreichen. Als bemerkenswert empfand ich, wie in den Anschreiben der Finanzämter an die Bürger kategorisch, wenn nicht gar imperativ, gefordert wurde: „Für den oben genannten Grundbesitz wurde durch öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert. Danach ist die Erklärung bis zum 31.10.2022 elektronisch beim zuständigen Finanzamt einzureichen.“

Das lässt nichts Gutes von der ständig propagierten Fortschrittlichkeit der Digitalisierung für den Bürger erwarten. Im Anschreiben war auch keinerlei Hinweis an vorzugsweise ältere Bürger enthalten, denen die elektronische Einreichung gar nicht möglich ist, weil sie keinen PC besitzen oder sich mit der elektronischen Datenverarbeitung nicht auskennen und die Kosten für Steuerberatung nicht aufbringen können. Anzugeben war in der Erklärung auch der sogenannte Bodenrichtwert. Woher soll ein Bürger wissen, was damit gemeint ist, ganz abgesehen von der Frage, wo dieser Wert zu finden ist? Manchmal denke ich, wir älteren Bürger hätten uns einfach verweigern sollen.

Es löst bei mir eine gewisse Genugtuung aus, dass in NRW 6,8 Prozent der Steuerzahler der Abgabepflicht bisher noch nicht nachgekommen sind! Mein Fazit: Wenn das die ständig betonten Vorzüge der Digitalisierung sein sollen, wird damit nichts Gutes auf die Bürger zukommen und die Bürokratisierung weiter zunehmen. Aber das erinnert mich nur an die Zeit, als die PCs aufkamen. Da hieß es, jetzt käme das papierlose Büro. Und was ist gekommen? Soviel Papier wie nie zuvor! Helmut Sonnenberg Erftstadt

KStA abonnieren