Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

LeserbriefeKritik an Ungleichbehandlung von Flüchtlingen

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Das Ordnungsamt der Stadt Köln teilte mit, dass es bei Parkverstößen ukrainischer Geflüchteter „im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“ Milde walten lässt.

Keine Knöllchen für Ukrainer – Stadtverwaltung entscheidet „verhältnismäßig“ (10.5.)

Ungleichbehandlung von Hilfsbedürftigen schafft Unzufriedenheit

Seit 2016 arbeiten mein Mann und ich in der Flüchtlingshilfe. Wir betreuen hauptsächlich Menschen aus arabischen Ländern, die vor Krieg und Verfolgung durch den Islamischen Staat geflohen sind. Flüchtlinge aus Syrien haben erlebt, dass Putin seine neuen Waffen über Aleppo und dem Norden des Landes testete. Der Weg über das Mittelmeer war lebensgefährlich und die Schlepper haben ihnen Geld, Wertsachen und oft auch ihre Papiere abgenommen.

Uns war es wichtig, diese neuen Bürger zu integrieren, darum besorgten wir das Grundgesetz in arabischer Sprache und gaben es an die Neubürger weiter: „Das ist das Gesetz, das euch schützt, brecht es nicht!“ Wir haben uns immer wieder darauf bezogen, besonders darauf, dass vor diesem Gesetz alle Menschen gleich sind. Unsere Neubürger bemühten sich sehr, denn vieles war neu und nicht leicht zu verstehen. Mit ihnen erlebten wir, wie mühsam es ist, sich durch den deutschen Behördenwald zu arbeiten.

Die von uns unterstützten Neubürger bekamen keinen Freifahrtschein für den ÖPNV, sondern nur eine Fahrpreisermäßigung. Wenn sie arbeiten wollten, mussten sie das Deutschzertifikat B1 vorweisen, eine Ausbildung wird nur mit dem Zertifikat B2 genehmigt. Eine Kombination aus Ausbildung und Deutschkurs gibt es für sie nicht. Zeugnisse aus den Heimatländern werden nicht anerkannt. Trotzdem geben sich die Menschen Mühe, alles richtig zu machen und zu lernen, um ein selbständiges Leben in Deutschland zu führen. Das Warten auf die Anerkennung als Flüchtling dauert oft sehr lange, aber erst dann können sie auch auf eine Arbeitsvermittlung hoffen. Mit dem eigenen Auto beim Jobcenter vorfahren – eine Illusion.

Nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine erleben wir, wie die Flüchtlinge von dort ganz anders behandelt werden. Die Menschen kommen mit eigenen Autos, mit Gepäck und sogar mit Haustieren. Sie werden mit Bussen von der Grenze abgeholt und sind damit vor Schleppern geschützt, die ihnen alles wegnehmen. Hier werden sie sofort dem Jobcenter unterstellt. Es werden Ausbildungsplätze mit Deutschkurs angeboten, überall hängen ukrainische Fahnen als Willkommensgruß. Sogar die Haustiere werden versorgt. Jetzt wollen die Städte auf Knöllchen für Ordnungswidrigkeiten verzichten. Wo bleibt da die Gleichbehandlung aller Bürger?

Das werden wir nun auch von den Flüchtlingen gefragt, die nicht aus der Ukraine kommen. Wir sehen, dass durch die Ungleichbehandlung der Menschen Unfriede in die Gesellschaft getragen wird, denn nicht nur die anderen Flüchtlinge, sondern auch deutsche Hartz-IV-Empfänger haben nicht viel Geld. Trotzdem müssen sie alle Knöllchen zahlen!

Durch die Menge der zu bearbeitenden Vorgänge und die Anordnung, ukrainische Flüchtlinge bevorzugt zu behandeln, werden die Wartezeiten im Ausländeramt und im Jobcenter für alle anderen deutlich länger, was auch zu finanziellen Engpässen bei den Bedürftigen führt. Von der Überlastung der Sachbearbeiter ganz zu schweigen! Bei allem Mitleid mit der furchtbaren Situation aller Flüchtlinge müssen wir unbedingt möglichst schnell zu einem normalen Umgang und zur Gleichbehandlung aller Hilfsbedürftigen zurückkehren.Hannelore Schmiss Burscheid

Das könnte Sie auch interessieren:

„Auf Lesbos gibt es ebenfalls Menschen, die unsere Hilfe brauchen“

Seit 2016 betreue ich syrische, irakische und afrikanische Flüchtlinge. Dunkle Haut, dunkle Augen, dunkle Haare, muslimischer Glaube. Wie viele von ihnen werden „verhältnismäßig“ unverhältnismäßig behandelt? Ein Beispiel: Vielen habe ich geholfen, die Ratenzahlung für Strafen im öffentlichen Personennahverkehr zu organisieren. Ich kann mich an keinen Fall erinnern, wo einer wirklich ohne Fahrschein gefahren ist. Es waren immer irgendwie falsche Fahrkarten oder fehlendes Beiwerk. Da wurde jeweils gnadenlos auf 60-Euro-Standard-Strafen bestanden – diskutieren zwecklos.

Ich unterstütze die Genannten immer noch und werde von ihnen angesprochen: „Merkst du den Unterschied?“ Helle Haut, blaue Augen, helle Haare, christlicher Glaube. Es gibt radikale Deutschlandfeinde in der dritten Generation Zugezogener – Integrationsunwillige. Gibt es dafür Gründe, die vielleicht bei uns liegen? Wundern wir uns eventuell in einigen Jahren über die gescheiterte Integration der Flüchtlinge aus dem Jahr 2015? Und wer wird dann schuld gewesen sein?

Hunderttausende Ukrainer gelangen vergleichsweise komfortabel nach Europa. Ja, wir müssen ihnen unbedingt helfen. Dafür bin ich auch. Aber auf Lesbos gibt es ebenfalls Menschen, die unsere Hilfe brauchen, auch wenn sie dunkler Hautfarbe sind und Muslime. Derzeit leben sie vergessen am Ende der Welt.Uwe Räthsel Bergisch Gladbach

Privilegien müssen für alle Geflüchteten gelten

Ukrainische Geflüchtete können Busse, Bahnen und Züge kostenlos nutzen. So weit, so gut. Aber warum sollte ein in der Ukraine zugelassener SUV in Köln ohne Gebühren parken dürfen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Krieg in der Ukraine und dem in Köln „unter Umständen“ sanktionslosen Parken im Halteverbot? Und warum gelten diese Privilegien nicht für andere vor Krieg oder Verfolgung Geflüchtete? Wie passen das Einrichten von zusätzlichen Autoabstellplätzen im Umfeld der „von den ukrainischen Geflüchteten häufig aufgesuchten städtischen Dienststellen“ und der propagierte Umstieg auf ÖPNV oder Rad und der ständig bemühte Hinweis auf den Klimanotstand zusammen?Bernd Pniewski Köln