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Leserbriefe zum ehemaligen Ostheimer FliegerhorstUmnutzung umstritten

Lesezeit 5 Minuten
Zu sehen ist ein zweistöckiger, weiß getünchter Gebäudekomplex mit zahlreichen Sprossenfenstern. Darüber schließt sich ein überhängendes Dach mit Dachgauben an. Die Hausnummer 30 ist deutlich zu erkennen. Vor dem Gebäude befindet sich eine kleine Rasenfläche, davor Straße.

Das heute leerstehende Haus 30 des Krankenhauses Merheim war einst die Luftnachrichtenzentrale des Nazi-Fliegerhorsts Ostheim.

Die Ernennung der Nazi-Luftnachrichtenzentrale in Ostheim zum „Denkmal des Monats“ befeuert die Diskussion um den Erhalt des Gebäudes. 

Die ehe­ma­lige Luft­nach­rich­ten­zen­trale in Ost­heim ist eines von Kölns we­ni­gen er­hal­te­nen NS-Bau­ten (4.4.)

Fliegerhorst Ostheim: Historischer Kontext verbietet Nutzung als Schule

Im Artikel wird die „Unterschutzstellung“ der ehemaligen Luftnachrichtenzentrale in Ostheim gefordert. Als Historiker, der sich intensiv mit der NS-Zeit und der Historie des rechtsrheinischen Kölns befasst hat, empfinde ich dieses Ansinnen als äußerst fragwürdig. Der Fliegerhorst Köln-Ostheim wurde 1936 bis 1937 völkerrechtswidrig errichtet und diente allein zur Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs.

Vom Militärflughafen Ostheim wurde der Frankreichfeldzug durch die deutsche Luftwaffe unterstützt. Die aus dem Westen des Reichs kommenden Flugzeuge wurden dort aufgetankt und mit Bordmunition und Bomben bestückt. Der Königsforst war ein riesiges Munitionslager. Von dort fuhr eine Schmalspurbahn zum Fliegerhorst Ostheim, um die Flugzeuge mit Munition zu versorgen. Der Königsforst war ein riesiges Munitionslager. Von dort fuhr eine Schmalspurbahn zum Fliegerhorst Ostheim, um die Flugzeuge mit Munition zu versorgen.

Allein aus diesem historischen Kontext ist es schlechterdings undenkbar, dieses Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen und für eine Grundschule zu nutzen. Nun sind durchaus auch Nazibauten zu Denkmälern deklariert worden. Dies geschah bei Konzentrationslagern aber nur mit der Maßgabe, dass diese Komplexe zu Gedenkstätten ausgebaut werden, die an die Gräuel, die in diesen Gebäuden verübt wurden, erinnern. Dies könnte auch beim Haus 30 des ehemaligen Militärflughafens Köln-Ostheim in Erwägung gezogen werden.

Lässt sich Haus Nr. 30 für eine Grundschule, die dringend im Stadtbezirk Kalk benötigt wird, umbauen? Die Räumlichkeiten innerhalb des Gebäudes sind zumeist so klein dimensioniert, dass sie nicht als Klassenräume für Grundschüler zu nutzen sind. Der Brandschutz ist in dem jetzigen Gebäude nicht gewährleistet. Der gesetzlich erforderliche Wärme- und Kälteschutz ist durch die Bauweise aus den Jahren 1936 bis 1937 nicht vorhanden. Ausreichende Fluchtwege sind zurzeit nicht vorhanden. Aus historischen, architektonischen und bautechnischen Gründen ist daher die Frage, ob sich dieses Gebäude zu einer Grundschule umbauen lässt, eindeutig zu verneinen. Dr. Fritz Bilz Köln

Nazi-Luftnachrichtenzentrale als Zeitzeugnis erhalten

Ein Geschichtsverein spricht sich gegen die Ernennung eines historischen Gebäudes zum Denkmal aus. Aber ein Denkmal heißt Denkmal, damit man mal nachdenkt. Zerstört man Denkmäler, fehlt auch der Anlass, sich an Geschichte zu erinnern, womit die Gefahr besteht, dass sich Geschichte wiederholt. Was fehlendes Geschichtsbewusstsein anrichtet, können wir aktuell im Krieg Russlands in der Ukraine sehen. Es ist zudem sehr fragwürdig und unverantwortlich, wenn ein Geschichtsverein sich für die Zerstörung architektonischer Zeitzeugnisse einsetzt.

Auch dieser Fliegerhorst ist ein Teil der reichen Kölner Stadtgeschichte. Geschichte lässt sich nicht ändern, indem man Zeitzeugnisse vernichtet. Verfolgt man den Gedanken der Geschichtswerkstatt Brück konsequent weiter, müssten auch die historischen Gebäude der Römer sowie des Mittelalters abgerissen werden. Werden nur die „demokratisch guten“ Gebäude stehen gelassen, gibt es keine Geschichte mehr, sondern nur noch Propaganda.

Daher ist die Ernennung des Gebäudes der Luftnachrichtentruppe zum „Denkmal des Monats“ durch den Rheinischen Verein, um für den Erhalt zu plädieren, ein durchaus guter Gedanke, um sowohl auf den architektonischen als auch den historischen Wert des Gebäudes, aber auch auf die anderen vorhandenen historischen Gebäude des Fliegerhorsts aufmerksam zu machen und sie somit zu schützen. Aus diesem Grund begrüße ich ausdrücklich den Bürgerantrag des Merheimer Bürgervereins, dort eine Schule und Räumlichkeiten für Musikgruppen sowie andere Aktivitäten einzurichten. Werner Müller Historisches Luftfahrtarchiv Köln

Fliegerhorst Ostheim in Lern- und Begegnungsort umwandeln

Das allzu abschmetternde Urteil der Werkstatt für Ortsgeschichte Köln-Brück durch die Vorsitzende Frau Ingrid Hege-Wilmschen zum möglichen Erhalt der ehemaligen Luftnachrichtenzentrale an der Ostmerheimer Straße in Ostheim und die mögliche Nutzung als Teil einer neuen Grundschule zeugt nicht gerade von Geschichtsbewusstsein und Verantwortung kommenden Generationen gegenüber. Das heute leerstehende Haus 30, bis 2015 vom Krankenhaus Merheim genutzt, ist eines von Kölns wenigen NS-Staatsbauten und sowohl aus architektonischer wie historischer Sicht erhaltenswert.

Auch eine dort beabsichtigte Grundschule dürfte mit gutem Willen sowie ideellen und finanziellen Mitteln, etwa der öffentlichen Hand, von Stiftungen, Organisationen oder interessierten Bürgerinnen und Bürgern in der Lage sein, ein besonders für Köln zu bewahrendes historisches Erbe aus der Zeit des Terrorregimes der Nationalsozialisten zu bewahren und zugänglich zu machen. Dies bedarf natürlich einer anschaulichen museumspädagogisch aufgearbeiteten Dokumentation und viel Kreativität.

Wie wäre es denn, ein Projekt mit Schulen und Bürgern aus dem Veedel aufzusetzen, etwa im Rahmen des Geschichtsunterrichtes oder der politischen Bildung? Daraus würde dann sicherlich ein lebendiger und höchst anschaulicher Unterrichtsort werden, von dem nicht nur die Schülerschaft profitieren dürfte, sondern die gesamte interessierte Bürgerschaft. Eine solche Gedenkstätte wäre etwa ehrenamtlich zu betreuen und neben dem Unterricht zumindest an Wochenenden und besonderen Tagen wie Elternsprechtagen, Tagen der offenen Tür oder dem Tag des offenen Denkmals öffentlich zugänglich.

Ein solch ambitioniertes Projekt ist allemal einen Versuch und der Mühe wert und keiner pauschalen Abfuhr durch die Geschichtswerkstatt. Denn wie oft ist zu hören: Viele Schülerinnen und Schüler hätten kaum noch Wissen über den Nationalsozialismus. Hier hätten sie einen lebendigen und authentischen Lernort, von denen es gerade im rechtsrheinischen Köln kaum noch anschauliche und erschlossene Orte gibt. Thomas Schulte im Walde Köln

Schaffung von Schulraum in Merheim muss Priorität haben

Losgelöst von der Diskussion, ob ein ehemaliges NS-Gebäude als Schulgebäude genutzt werden darf oder nicht, sollte man die dringende Notwendigkeit für eine Schule beachten. Man hat bei der Errichtung des Viertels „Merheimer Gärten“ schlichtweg vergessen, eine Schule zu errichten! Herrn Alexander Hess vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz ist zuzustimmen, die Bausubstanz ist gut.

In anderen Städten werden Bestandsgebäude erhalten und mit guten Konzepten umgebaut. Im Zuge des Klimawandels ist auch der CO₂-Ausstoß bei Abriss und Neubau zu bedenken. Es gibt Architekturbüros, die auf solche Aufgaben spezialisiert sind und ein schönes Schulgebäude schaffen könnten. Reinhold Gödderz Köln

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