Kommentar zu den Angriffen der HuthisRote Linien im Roten Meer

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Ein Handout-Foto, das am 21. November 2023 vom militärischen Medienzentrum der Huthi zur Verfügung gestellt wurde, zeigt einen Huthi-Hubschrauber, der über das Frachtschiff „Galaxy Leader“ fliegt, als sie es im Roten Meer vor der Küste von Hodeidah in ihre Gewalt bringen.

Ein Huthi-Hubschrauber, der über das Frachtschiff „Galaxy Leader“ fliegt, als sie es im Roten Meer vor der Küste von Hodeidah in ihre Gewalt bringen. (Archivbild)

Die Weltgemeinschaft darf sich die illegalen Übergriffe der Huthis auf die Handelswege nicht bieten lassen.

Für Schiffe, die aus Asien kommend in Richtung Mittelmeer fahren, wird es nicht erst im Suezkanal eng. Schon 2300 Kilometer weiter südlich, bei der Einfahrt ins Rote Meer, knirscht es neuerdings gewaltig. Huthi-Rebellen aus dem Jemen, vom Iran unterstützt, greifen in der Meerenge Bab al-Mandab westliche Handelsschiffe an, mit Drohnen und Raketen.

Die Huthis hantieren mit einer Kriegserklärung ganz eigener Art: Man habe beschlossen, Schiffe aus Staaten zu attackieren, die im Gaza-Konflikt Israel unterstützen. Containertransporte der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd und des dänischen Schifffahrtriesen Maersk gerieten ebenso ins Visier wie Tanker der Londoner BP.

Das „Tor der Tränen“, wie die Übersetzung von Bab al-Mandab aus dem Arabischen lautet, ist nur 27 Kilometer breit. An dieser Stelle kann jeder, der mit Drohnen oder Kurzstreckenraketen umgehen kann, mit wenig Aufwand große Effekte erzielen, vor allem psychologisch: Besatzungen fühlen sich nicht mehr sicher, Reedereien sorgen sich um ihre Beschäftigten. Hapag-Lloyd, Maersk und viele andere haben ihren Kapitänen bereits die Order gegeben, den Umweg ums Kap der guten Hoffnung zu nehmen.

Die ökonomischen und logistischen Folgen dieses Missstands sind, bislang jedenfalls, überschaubar. Noch gibt es keine Anspannung der Lieferketten und keine explodierenden Frachtpreise wie in Corona-Zeiten. Dennoch darf sich die Weltgemeinschaft die illegalen Übergriffe auf die Handelswege nicht bieten lassen. Denn hier werden werden, völkerrechtlich völlig eindeutig, rote Linien überschritten.

Die Freiheit der Seeschifffahrt gehört zu den Prinzipien, die man idealerweise dadurch verteidigt, dass man möglichst früh eingreift, mit maximaler Entschlossenheit. Deshalb ist es gut, dass sich jetzt unter Führung der USA eine internationale Koalition gebildet hat mit dem Ziel, die Seewege frei zu halten. Binnen weniger Tage hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hier Beachtliches auf die Beine gestellt.

Deutschlands Marine kann aus technischen Gründen zu der Mission wenig Substanzielles beitragen. Die deutschen Schiffe eignen sich in ihrem aktuellen Zustand schlecht zur Drohnenabwehr. Für eine Nation mit einer Handelsflotte von 3500 Schiffen, die so sehr vom globalen Austausch lebt, ist das peinlich. Immerhin wird jetzt deutlich, dass der von der Bundesmarine gemeldete Nachrüstungsbedarf nicht aus der Luft gegriffen war.

Für die aktuelle strategische Debatte gilt das Motto: Wehret den Anfängen. Wie so etwas geht, hat ein Friedensnobelpreisträger schon im Jahr 2016 vorgeführt. Der damalige US-Präsident Barack Obama ließ nach Terrorattacken auf Schiffe bei Bab al-Mandab küstennahe Abschussbasen und Radarstellungen der Huthis durch amerikanische Tomahawk-Marschflugkörper vernichten.

Nichtstun ist auch heute keine Option. Würde man die Attacken der Huthis auf zivile Schiffe seufzend akzeptieren, könnte als nächster Akt des terroristischen Theaters eine - ebenfalls islamistisch motivierte - Blockade der Straße von Hormus im Persischen Golf hinzukommen. Spätestens dann gäbe es nervöse Reaktionen an den Energiemärkten, mit destabilisierenden Effekten auf Wirtschaft und Politik in den demokratischen Staaten der Erde. Händereibend würden die Verbündeten Iran und Russland ein solches Szenario betrachten.

Vor diesem Hintergrund ist die Bildung einer maritimen Koalition zur Eindämmung des Terrors am Roten Meer die Wahl des mildesten Mittels. Indem die Freunde einer regelbasierten Weltordnung jetzt gegen die Huthis konsequent vorgehen, schrecken sie andere mögliche Akteure davon ab, in Zukunft Ähnliches - oder gar Schlimmeres - zu tun.

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