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Thurn-ArealGärtner, Handwerker und Kunststofffirma wollen ins Innovationsquartier in Neunkirchen

Lesezeit 3 Minuten
Thurn-Gelände

Innovations-Quartier Neunkirchen-Süd

Das Plakat des Innovationsquartiers Neunkirchen-Süd zeigt die Produktionsstätte, die Avon Anfang der 1960er Jahre errichtete.

Was geschieht auf dem früheren Thurn-Areal? Das erfuhren zahlreiche Bürger bei zwei Rundgängen mit dem Projektverantwortlichen Johannes Hagen.

In der Luft liegt immer noch ein schwacher Geruch nach Reinigungsmitteln, Pulverreste haben sich in den Betonboden gefressen, und hier und da regnet es durch. Doch Johannes Hagen sieht gute Zeiten für das alte Thurn-Gelände anbrechen. Der Verantwortliche für das Innovationsquartier Neunkirchen-Süd sammelt derzeit Anfragen von Firmen, die sich längerfristig hier ansiedeln wollen: Handwerker, Garten- und Landschaftsbauer und eine Kunststofffirma.     

Das erfuhren zahlreiche Bürger, die beim Frühlingsfests zwei Führungen folgten. Anders als in der Vergangenheit werde es keinen großen Ankermieter geben, sondern einen Branchenmix, erklärte Hagen. Die meisten Interessenten wollten mieten, nicht kaufen, eine Folge der wirtschaftlich nicht einfachen Lage.

Ein Großteil der Hallen am Ortsrand von Neunkirchen wird saniert

Der Großteil der Gebäude bleibe entgegen ursprünglicher Pläne stehen. Angesichts gestiegener Rohstoffpreise und Zinsen lohne es sich, im Bestand zu sanieren. Vor allem in der Sheddachhalle gab es Ahs und Ohs: Ein 11.000 Quadratmeter großer Raum mit viel Tageslicht durch die schrägen, verglasten Dachflächen, getragen von nur vier Stützen.

Projektleiter Johannes Hagen führte zwei große Gruppen durch die Hallen.

Projektleiter Johannes Hagen führte zwei große Gruppen durch die Hallen.

Auf einem Teil der Fläche stehen Weihnachtsmarkt-Hütten und Karnevalswagen, den anderen nutzt ein Logistiker als Lagerfläche. Die Bewegungsmelder funktionieren ebenso wie Sprinkler- und Löschwasserrückhalteanlage, auch das bestehende Brandschutzkonzept sei von Vorteil für die Firmen, die mehr Platz brauchten.

Einige stammten aus dem Ort, andere aus der Region. Der Bedarf reiche von 100 bis zu 2000 bis 3000 Quadratmetern. Die Gebäude auf der sogenannten „Platte“, dem ebenerdigen Abschnitt, böten 25.000 Quadratmeter Platz auf 70.000 Quadratmetern Fläche, der „Kragen“, das abschüssige Freigelände, sei fast ebenso groß, erläutert Johannes Hagen. Hier könne neu gebaut werden.

Denkbar sind auch Räume für Bildung und Entwicklung, Gastronomie und Freizeit sowie Wohnungen, das verrät die kleine Broschüre. Das Projekt ist nicht das erste, das die gemeinsame Entwicklungsgesellschaft der Gemeinden Neunkirchen-Seelscheid und Much stemmt.

Es sei aber wohl das größte und ehrgeizigste nach dem interkommunalen Gewerbegebiet Bitzen und dem Bauhof, sagte der Mucher Bürgermeister Norbert Büscher am Rande. Auch die Neunkirchen-Seelscheider Bürgermeisterin Nicole Berka zeigte sich erfreut über das große Interesse.

Hier und da regnet es durch, und Waschpulverreste haben sich in den Betonboden gefressen.

Hier und da regnet es durch, und Waschpulverreste haben sich in den Betonboden gefressen.

Vor zwei Jahren hatten bereits Bürger in einer gut besuchten Versammlung Ideen eingebracht, 2024 gab es eine Werkstatt mit 30 Unternehmen, im selben Jahr eine weitere mit Experten, die ähnliche Projekte schon ins Laufen brachten.

An diesem traditionsreichen Ort etwas Nachhaltiges für die Zukunft zu schaffen, das beflügelt Johannes Hagen sichtlich. Der 40-Jährige begann seine Verwaltungslaufbahn vor 20 Jahren im Rathaus Neunkirchen, seit neun Jahren verwaltet er als Kämmerer die Finanzen, kein vergnügungssteuerpflichtiger Job.

Zuletzt gingen mit der Thurn-Pleite in Neunkirchen-Seelscheid 150 Arbeitsplätze verloren

In der Vergangenheit habe das Areal häufig für schlechte Schlagzeilen gesorgt, zuletzt gingen 2021 mit der Thurn-Pleite 150 Arbeitsplätze verloren. Seit 2022 gebe es zumindest eine Zwischennutzung mit kurzfristigen Verträgen von ein bis zwei Jahren. Die Containeranlage am markanten Turm, in der Flüchtlinge untergebracht sind, sei auch keine Dauereinrichtung.         

Mit den neuen Plänen schließe sich ein Kreis. Schon die ersten Bauherren, die US-Kosmetikfirma Avon, hätten innovativ gedacht. „Sie haben in der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde 650 gute Arbeitsplätze geschaffen, vor allem für Frauen.“ Und sie hätten Anfang der 1960er Jahre solide gebaut, „fast für die Ewigkeit“.   


Neben dem markanten Turm befindet sich noch eine Container-Flüchtlingsunterkunft

Neben dem markanten Turm befindet sich noch eine Container-Flüchtlingsunterkunft

US-Kosmetikfirma Avon legte Grundstein

Bis 1970 füllte Avon am südlichen Rand von Neunkirchen Kosmetika und Reinigungsmittel ab; nach einem Leerstand bis Mitte der 1980er Jahre nutzen andere Firmen das Areal, darunter Eschbach Keramik. Ab 2005 produzierte die Mucher Firma Thurn Reinigungsmittel, gab 2016 Erweiterungspläne bekannt und meldete 2017 erstmals Insolvenz an. Das endgültige Aus kam 2021.