Geliebt, gehasst, verspottetDie Amigos stehen seit 50 Jahren auf der Bühne

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Foto Amigos

Die Amigos

Hungen – Wer Bernd Ulrichs Haus betritt, wird förmlich geblendet von Zeichen des Erfolgs. Hinter der Eingangstür beginnt es zu funkeln. An den Wänden reihen sich einige von mehr als 100 goldenen und platinfarbenen Schallplatten aneinander. „Das macht einen stolz und dankbar“, sagt Bernd Ulrich (68), gelernter Bierbrauer, die eine Hälfte des Schlager-Duos Die Amigos aus dem mittelhessischen Hungen.

Auch sein in der Nähe wohnender Bruder Karl-Heinz (70), der Maurer gelernt und als Lastwagenfahrer gearbeitet hat, ist froh, wie das Leben gelaufen ist. „Die Musik hat uns zu Millionären gemacht. Wir sind aber normal geblieben und machen keinen Blödsinn“, sagt er.

Foto Amigo Garten

Karl-Heinz Ulrich (l.) und sein Bruder Bernd in dessen Garten

Etwa 20 Millionen Euro sollen die beiden zusammengespielt haben. Die Amigos, eines der erfolgreichsten deutschen Schlager-Duos, könnten sich den ganzen Tag in den Garten setzen und die Früchte ihres Erfolges genießen. Bernd Ulrich hat seine Ruhe-Oase so konzipiert, dass sie wenig Arbeit macht – Kunstrasen und Kiesstreifen. Dazu ein Springbrunnen mit einer spärlich bekleideten Frauen-Skulptur, daneben thronen weiße Löwen-Statuen. Die Amigos sitzen auf der Terrasse, trinken Kaffee und rauchen reichlich.

Musik muss tanzbar sein

Zuletzt haben sie allerdings viel gearbeitet. Das neue Album namens „Babylon“ erscheint am 26. Juli. Es ist ihr 33. Album, das nun im 50. Jahr ihrer Laufbahn veröffentlicht wird. „Für uns ist wichtig, dass es tanzbar und discofähig ist“, sagt Bernd Ulrich zum Stil. Freunde des Schützenhallen- Discofox dürfen sich freuen. „Und bei den Themen und Texten soll die Musik unsere Fans berühren.“

Bei der Musik der Amigos geht es natürlich meistens um Herz-Schmerz. Aber sie wollen sich auch um ernste Themen kümmern. „Aber wir machen nichts Künstlerisches, es muss leicht verständlich sein“, erklärt Bernd Ulrich. Produziert werden die Amigos von Michael Dorth aus Hennef, der auch schon für Party-Sänger Michael Wendler arbeitete. Ihre Texte bekommen sie mittlerweile aus einem Autoren-Pool.

Die Botschafter der Opferschutz-Organisation „Weißer Ring“ singen im Discofox-Takt auch über Verkehrstote, Umweltverschmutzung, Obdachlosigkeit und Kindesmissbrauch. Branchen-Kollegen hätten deswegen schon gemeckert, erzählen sie. „Wie könnt ihr nur über so etwas singen?“, hieß es da. Doch das ist Bernd Ulrich egal: „Wir wollen auf Missstände hinweisen.“

Die Amigos, die in Hallen für 2000 bis 3000 Zuschauer singen, haben eine treue Fan-Gemeinde. Ihre Alben erobern in den Hitparaden von Deutschland, Österreich und der Schweiz regelmäßig Spitzenplätze. Selbst in der Schweiz gelang es ihnen, fünf Jahre hintereinander Platz eins der Charts zu erreichen.

Amigos spielten in Bierzelten

Bis die Fans ihnen in Scharen zujubelten, hat es allerdings gedauert. Die damals vier Mitglieder der 1970 gegründeten Kombo machten Musik lange nur als Hobby. Sie produzierten in einer umgebauten Garage daheim. Auftritte gabe es bei Dorffesten und in Bierzelten. Das sei es schon mal hoch her gegangen. „Echter Rock ’n’  Roll.“ Damals habe es auch noch Frauengeschichten gegeben. Heute sind sie beide verheiratet.

Erst 2006 schafften die Amigos den Durchbruch. Sie belegten Platz eins in der MDR-Musikshow „Achims Hitparade“. Plattenfirmen wurden auf das Duo mit dem Alleinunterhalter-Charme aufmerksam. 2011 kam mit dem Gewinn des Musikpreises Echo der größte Erfolg.

Mittlerweile absolvieren sie rund 150 Auftritte pro Jahr. Und werden beim Sparten-Werbesender „Deutsches Musik Fernsehen“ in Dauerschleife gesendet. Doch nicht jeder empfindet Sympathie für die Amigos. Sie erhielten schon viele Hass-Botschaften übers Internet.

Spott von Oliver Kalkofe

Und es gibt jede Menge Spott – über die Frisuren, die Kleidung, die variantenarme Bühnenpräsenz und die vorhersehbare Musik. Für Kabarettisten wie Oliver Kalkofe sind sie willkommene Opfer. Ihre Erklärung für die Angriffe: „Wir polarisieren halt. Die Leute reiben sich zum Beispiel extrem an unseren Klamotten.“

Im kommenden Jahr wollen sie mal nachdenken, wie es weitergeht. „Dann werden wir sehen, wie es gesundheitlich steht. Dann bin ich 72. Eigentlich langsam Zeit zum Aufhören“, sagt Karl-Heinz Ulrich. Aber erstmal wollen sie mit ihren Fans ihr 50. Jahr auf der Bühne feiern. (dpa, cv)

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