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Munition im MeerMunitionsberge rosten in Nord- und Ostsee – was tun?

Lesezeit 2 Minuten
Für den Experten Jens Greinert ist eine Bergung der Munitionsaltlasten aus den küstennahen Ostseegewässern in Deutschland bis Ende der 2040er Jahre möglich. (Symbolbild)

Für den Experten Jens Greinert ist eine Bergung der Munitionsaltlasten aus den küstennahen Ostseegewässern in Deutschland bis Ende der 2040er Jahre möglich. (Symbolbild)

Granaten, Torpedos, Minen: Auf dem Grund von Nord- und Ostsee rostet haufenweise Weltkriegsmunition vor sich hin – und setzt immer mehr gefährliche Stoffe wie TNT frei.

In der deutschen Nord- und Ostsee liegen nach Expertenschätzung 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Kriegsmunition auf dem Meeresgrund. Die gesamte deutsche Ostsee müsse als munitionsbelastet angesehen werden, sagt der Geologe Jens Greinert vom Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung (Geomar). Hotspots seien nach Kriegsende von den Alliierten ausgewiesene Versenkungsgebiete.

Die Granaten, Torpedos, Bomben, Minen und Patronen rosten seit 80 Jahren vor sich hin und setzen Sprengstoffe wie etwa TNT frei, das als krebserregend gilt. 

Bundesregierung stellt Geld zur Verfügung

Bis einschließlich Freitag debattierten mehr als 200 Expertinnen und Experten aus 16 Ländern in Kiel auf der Tagung „Munition Clearance Week“ darüber, wie man die Kampfstoffe aus dem Meer am besten beseitigt und welche Probleme dabei gelöst werden müssen. Laut Veranstalter geht es auch um den Schutz kritischer Infrastrukturen in Nord- und Ostsee. Im Rahmen einer begleitenden Technologiemesse will die Kieler Werft TKMS eine schwimmende Entsorgungsplattform für Munitionsaltlasten zeigen.

Die Bundesregierung hat für das Sofortprogramm zur Bergung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im September hatten drei Bergungsunternehmen im Auftrag des Bundesumweltministeriums damit begonnen, Weltkriegsmunition aus der Lübecker Bucht zu bergen. Durch diese Pilotbergung sollten wichtige Erkenntnisse für die systematische Bergung mit Hilfe einer Plattform gewonnen werden.

Schadstoffe im Fisch

Greinert ist Experte für Munitionsaltlasten im Meer. Er geht davon aus, dass die deutschen Ostseegewässer bis Ende der 2040 munitionsfrei sein könnte, wenn genügend Geld vorhanden ist. Teilweise liegt die Munition wie im Fall der sogenannten Kolberger Heide, einem Bereich der Ostsee bei Kiel, nur wenige Kilometer vom Ufer entfernt.

Wissenschaftler haben die Explosivstoffe in der Nähe bekannter Lagerstätten bereits im Wasser und auch in Fischen nachgewiesen.

Risiko könnte steigen

Expertin Jennifer Strehse vom Kieler Institut für Toxikologie und Pharmakologie sagte vor der Konferenz, dass Spuren von TNT und dessen Umwandlungsprodukten nachgewiesen worden seien. Die Konzentrationen seien aber gering. 

Nach jetzigem Stand seien für den Menschen keine Gesundheitsgefahren durch den Verzehr eines belasteten Fisches zu befürchten, so Strehse. „Selbst wenn man jeden Tag sein Leben lang einen belasteten Fisch essen würde.“ Wenn die Stoffe immer weiter ins Meer gelangten oder sich aus der Munition lösten, könne das Risiko in den kommenden Jahren jedoch steigen. (dpa)