Frisuren und ihre GeschichtePerücken, Ponys und Palmen

Gwen Stefani trägt derzeit Palme und sieht gut aus.
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Es gibt Menschen, die können ihre Haare stylen wie sie wollen und sehen immer toll aus. US- Sängerin Gwen Stefani ist so jemand. Die Rock-Ikone spielt damit, trägt eine Fönfrisur aus den 1970ern, stylt die Haare zur Tolle wie in der 1950ern und wurde kürzlich erst mit einem struppig-wippendem Pferdeschwanz, einer perfekten Palme gesehen.
Im Laufe der Jahrhunderte haben Frisuren teilweise abstruse Formen angenommen – und manche Sitten haben sich im Sprachgebrauch niedergeschlagen. Eine Spurensuche.
Frauen unter der Haube
Kraft und Freiheit, das symbolisierten lange Haare bei den Germanen und Kelten. Deshalb war es sowohl bei Frauen als auch bei Männern üblich, die Haare lang zu tragen. Mit langen Haaren wird auch die Gottesmutter Maria auf mittelalterlichen Gemälden abgebildet. Hier sind sie allerdings Ausdruck der Jungfraulichkeit. Deshalb war es in jener Zeit nur jungen Mädchen erlaubt, die Haare offen zu zeigen. Sobald eine Frau verheiratet war, musste sie ihren Kopf bedecken, sie kam unter die so genannte Haube. Bereits seit dem 4. Jahrhundert wird Mönchen der Kopf rasiert. Die Tonsur gilt als Zeichen der Abkehr vom weltlichen Leben.
Im Frankreich des 17. Jahrhunderts konnte die Haarpracht bei Hofe dagegen nicht auffällig genug sein. Es musste aber nicht unbedingt der eigene Kopfbewuchs sein. Das Tragen von Perücken war in Mode gekommen, nachdem Ludwig XIII. begonnen hatte, seine Haarlosigkeit damit zu überspielen. Männer trugen die künstliche Haarpracht lang und lockig. Der Kopfschmuck der Frau nahm dagegen so voluminöse Ausmaße an, dass sie Stahlgerüste auf den Kopf montieren und bei Kutschfahrten den Kopf zum Fenster herausstecken mussten oder auf dem Boden des Wagens saßen. Dennoch blieb der Versailler Perücken-Spleen nicht nur auf den französischen Hof beschränkt.
Im 18. Jahrhundert war es in Europa auch in der Mittelschicht üblich geworden, Perücke zu tragen und damit Wohlstand zu symbolisieren. Schließlich wurde das künstliche Haar im 19. Und 20. Jahrhundert zum Ausdruck von Gelehrtheit. Noch heute gehört die Perücke in England und Australien zur Amtstracht von Richtern.
Frisiercreme und Fön kommen in Mode
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begeisterten die bewegten Bilder des Kinos das Publikum und die Filmstars der Leinwand setzten Trends. Die Haare der Frauen wurden kürzer, Pagenköpfe und Kurzhaarschnitte kamen in Mode. Bei Männern hatten sich schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts Kurzhaarfrisuren durchgesetzt. In den 1930er Jahren warb der englische Cricket-Star Dennis Compton damit, sich Brylcreem ins Haar zu reiben. Frisiercremes für Männer wurden populär. Und natürlich ermöglichten zahlreiche Erfindungen ganz neue Frisuren. 1900 stellte AEG den ersten Fön vor – er wog 1,8 Kilogramm. Die 1906 erfundene Dauerwelle brachte ganz neuen Schwung ins Haar und Haarschneidemaschinen und Trockenhauben erleichterten Friseuren das Handwerk.
Die 1950er Jahre wurden schließlich vom Rock ’n’ Roll geprägt. Frauen fingen an, ihre Haare zu toupieren. Männer trugen Elvis-Tolle.
In den 1960er Jahren wurden die Haartürme höher, wenn auch nicht ganz so hoch wie die Perücken der Hofdamen im 17. Jahrhundert. Durch die Beatles kamen die Pilzköpfe bei Männern in Mode. Schließlich protestierten die Hippies in den 1970er Jahren mit ihren langen Haaren gegen das bürgerliche Ordnungsprinzipien.
Egal ob Tolle, Pagenschnitt, Minipli oder Vokuhila, dieser Frisur, bei der die Haare vorne kurz und hinten lang sind – aus heutiger Sicht sehen viele Trendfrisuren vergangener Jahrzehnte doch sehr befremdlich aus. Andere wirken dagegen fast wieder modern. So toupiert sich auch heute noch manche Frau ihre Haare, um mehr Volumen in die Frisur zu bringen. Wie es richtig geht, das zeigte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ bereits im August 1964 unter der Rubrik „Für die Frau“ (siehe oben). Haben Sie auch solche Trends mitgemacht und müssen heute über manche Schnappschüsse aus dieser Zeit schmunzeln? Dann lassen Sie uns daran teilhaben und schicken uns Ihre Fotos. (lan)magazin@ksta.de
Dicke Ponyfransen und mindestens schulterlanges Haar am Hinterkopf wurden in den 1980er modern. Vorne kurz, hinten lang, kurz Vokuhila genannt. Männer kombinierten diese Frisur auch gerne mit einem überdimensionierten Schnäuzer. Klarer Gegensatz war dagegen die Frisurenmode der Popper, Sie trugen Seitenscheitel, im Nacken und an den Seiten waren die Haare exakt geschnitten. Die Vorderpartie durfte länger sein.
Heutzutage sind Frisuren vielfältiger denn je. Der Fantasie sind dank Farben und Pflegemitteln fast keine Grenzen gesetzt. So sind bei männlichen Jugendlichen zurzeit überlange Fransenschnitte angesagt. Aber es gibt auch Trends, die sich scheinbar nie ändern. So war es schon für Römerinnen im klassischen Altertum erstrebenswert, genauso blond zu sein, wie die Germaninnen aus dem hohen Norden. Deshalb bleichten die Südländerinnen ihre Haare mit ätzender Seife. Was allerdings nicht immer zum gewünschten Erfolg führte. Manchen ging nach dieser Prozedur die gestressten Haare aus.