Weil der Sex mit seiner Ehefrau nicht möglich gewesen sein soll, soll ein Frauenarzt sie verstümmelt haben.
54-Jähriger vor GerichtGynäkologe soll Ehefrau auf Hochzeitsreise im Genitalbereich verstümmelt haben

Blick auf den Haupteingang des Landgerichts Braunschweig. Hier beginnt der Prozess gegen einen Frauenarzt.
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Was geschah auf der Hochzeitsreise in einem Hotelzimmer in Dubai? Diese Frage beschäftigt nun das Landgericht Braunschweig. Einem Frauenarzt aus Niedersachsen wird vorgeworfen, während der Reise seine Ehefrau mit einer Schere im Intimbereich verstümmelt zu haben. Die Tat soll sich vor vier Jahren ereignet haben, zwei Jahre nach der Anklage begann jetzt der Prozess gegen den 54-Jährigen.
Im April 2019 wollte der Mediziner laut Anklage mit seiner Braut während der Hochzeitsreise Geschlechtsverkehr haben. Weil das nicht gelungen sei, habe er mit einer Schere ein Stück des Jungfernhäutchens entfernt. Der Gynäkologe soll den Eingriff bei seiner 19 Jahre jüngeren Ehefrau ohne jegliche Betäubung vorgenommen haben. Laut Anklage erlitt die Frau starke Schmerzen und verlor viel Blut.
Gynäkologe soll Ehefrau in Hochzeitsnacht im Genitalbereich verstümmelt haben
Die damals 31-Jährige ließ die Tat aus Angst vor einer angedrohten Scheidung und einer damit verbundenen kulturellen Ächtung über sich ergehen, wie die Staatsanwaltschaft kurz nach Bekanntwerden des Falls mitgeteilt hatte. Beide Ehepartner sind demnach Deutsche mit Migrationshintergrund.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mediziner Verstümmelung weiblicher Genitalien und gefährliche Körperverletzung vor. Das Gericht gab vor Verhandlungsbeginn den Hinweis, dass die Strafkammer in ihrer aktuellen Besetzung zwar einen hinreichenden Tatverdacht in Bezug zur gefährlichen Körperverletzung sieht, aber nicht mehr zur vorgeworfenen Genitalverstümmelung.
Verhandelt wurde am Montag dann überraschend aber nicht: Zum Prozessauftakt am Montag erschien der Angeklagte nicht im Landgericht Braunschweig. Der Richter setzte die Verhandlungen nach einigen Erläuterungen aus. Als Grund für das Fehlen des Mediziners sei ein Attest vorgelegt worden, nachdem der 54-Jährige nicht reisefähige sei.
Gynäkologe arbeitete weiter in seinem Job – jetzt droht Haft
Zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Falls vor zwei Jahren machte der Mediziner laut Staatsanwaltschaft von seinem Schweigerecht Gebrauch. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Nach damaligen Informationen der Staatsanwaltschaft arbeitete der Mann weiter in seinem Job.
Zuständig für eine mögliche Entscheidung zum Widerruf der ärztlichen Berufserlaubnis wäre der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA). Eine Sprecherin dieser Behörde bestätige damals, dass ein solcher Fall dort bekannt sei. In der Regel werde aber der Ausgang eines Strafverfahrens zunächst abgewartet.
So etwa geschehen bei einem Arzt aus Hannover-Bothfeld. Hier entschied der NiZzA dem schon wegen judenfeindlicher Volksverhetzung vorbestraften Mediziner seine Zulassung zu entziehen. Vor dem Oberverwaltungsgericht einigte er sich mit der niedersächsischen Approbationsstelle.
Gynäkologen droht Haftstrafe
Im Fall des Gynäkologen könnte es mit der Arbeit als Mediziner bald ebenso vorbei sein. Abhängig davon, wie der Fall juristisch bewertet wird, drohen dem Mediziner bis zu zehn Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung. Für die Verstümmelung weiblicher Genitalien sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vor.
Von weiblicher Genitalverstümmelung beziehungsweise -beschneidung sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der ganzen Welt rund 200 Millionen Frauen und Mädchen betroffen. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher liegen. Seit Jahren fordert die WHO ein Ende der „medizinisch unnötigen und oft schmerzhaften, erniedrigenden und traumatischen Praxis“. Die weibliche Genitalverstümmelung ist eine gesellschaftlich tief verankerte schädliche Praktik, die vielfach als soziale Norm oder gar fälschlicherweise als religiöses Gebot angesehen wird, informiert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Für den Prozess sind sechs Verhandlungstage geplant. Zunächst war davon ausgegangen worden, dass ein Urteil noch im November fallen könnte – nachdem der Arzt zum ersten Verhandlungstag nicht erschien, ist unklar, wann der Prozess fortgesetzt werden kann. (pst/dpa)