Hilfe für dicken HelmuthWie Medizintechnik der Schildkröte und anderen Tiere hilft

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Schildkrötenmännchen Helmuth aus dem Zoo in Gelsenkirchen hat Probleme mit der Schulter, deswegen fährt es Rollbrett. 

Köln/Gelsenkirchen – Nein, Helmuth ist nicht zu faul. Er ist zu dick, gute 100 Kilo schwer. Und weil es deshalb auch nicht mehr so gut mit dem Laufen klappt, soll die Spornschildkröte eine Gehhilfe bekommen. Seit Wochen trainiert das Reptil im Gelsenkirchener Zoo die Beinmuskeln mit einem Rollbrett, um das Laufen nicht zu verlernen. Durch das Übergewicht tut auch die Schulter weh, Helmuth braucht sogar Schmerzmittel. Jetzt aber gibt es vielleicht eine Lösung für das Tier: „Bei uns haben sich unabhängig voneinander mehrere Orthopädie-Techniker gemeldet, die eine Gehhilfe für Helmuth bauen wollen“, berichtet Nataly Naeschke von der „Zoom-Erlebniswelt“ in Gelsenkirchen.

Mit dem Rollbrett klappt es nur auf glattem Betonboden

Wie diese Gehhilfe genau aussehen werde, sei noch unklar. „Wir sind in laufenden Gesprächen.“ Demnächst sollten bei dem Tier Abdrücke genommen werden, um mögliche Halterungen individuell an seinen Körper anzupassen. Jedenfalls solle Helmuth durch die Unterstützung wieder mit eigener Kraft auch ins Schildkröten-Außengehege des Zoos laufen können.

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„Auf dem Rollbrett kommt er derzeit nur drinnen auf dem glatten Betonboden klar“, beklagt Naeschke. Mit der Gehilfe solle das Tier sich auch „auf unebenerem Boden, also draußen auf dem Rasen“, bewegen können. Das Ziel sei, dass „Helmuth es langfristig wieder ganz alleine schafft, auch ohne Skateboard“.

Eine neue Flosse für einen Delfin, vier Füße für eine Katze

Orthopädische Hilfen für Tiere sind längst keine Besonderheit mehr. Ob eine Flosse für einen Delfin oder ein neues Bein für einen Storch: Fehlende Körperteile sind kein Grund mehr, die Tiere einzuschläfern. Manchmal hilft schon ein wenig Kreativität. Ein Schneekranich-Weibchen im Kölner Zoo hatte sich vor einigen Wochen die Spitze des Unterschnabels abgebrochen. Tierärztin Sandra Marcordes baute aus einer längs aufgeschnittenen Spritze eine Prothese und klebte die an den Schnabel.

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Im Kölner Zoo wurde einem Schneekranichweibchen eine Protheses für die Schnabelspitze angeklebt.

Hilfe kommt inzwischen häufig auch aus dem 3D-Drucker. Für eine Katze in Sibirien beispielsweise, die im eisigen russischen Winter ihre vier Tatzen, Ohren und den Schwanz verloren hatte, wurden vier Titanprothesen angefertigt. „Dymka“ habe die Operation gut überstanden und könne wieder rennen, spielen und Treppen steigen, teilte die russische Universität Tomsk im vergangenen Jahr mit.

Helmuth quält Arthritis in der Schulter

Bei Helmuth war der Sachverhalt bei weitem nicht so dramatisch. Die große Spornschildkröte hatte Ende Januar nicht mehr richtig gefressen und sich zunehmend von ihren Pflegern zurückgezogen.

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Querschnittsgelähmter Dackel mit Roll-Hilfe für die Hinterbeine

Offenbar litt sie an Schmerzen, berichtet die Sprecherin des Zoos. Deshalb sei Helmuth in einer Tierklinik in Telgte im Münsterland im Computertomografen untersucht worden.

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50 Jahre alter Elefant in Thailand, der eine Prothese trägt.

„Nur so konnten die Ärzte den dicken Panzer durchleuchten“, weiß Naeschke. Die Untersuchung in der Röhre brachte die Diagnose Schulterarthritis - eine schmerzhafte Erkrankung, bei der sich die Knochensubstanz verändert.

Morgendliche Schmerzspritze

Eine Operation sei nicht möglich, erklärt die Tierärztin der „Zoom-Erlebniswelt“. Die Schildkröte bekomme aktuell Schmerzmittel - eine morgendliche Spritze, mit der das Tier schmerzfrei sei. Das solle aber natürlich kein Dauerzustand sein.

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Diese Katze verlor ihre Beine bei einem Unfall.

Für das Training wird Helmuth bisher von zwei Mitarbeitern auf das Brett mit vier Rollen gesetzt. Auf glattem Untergrund könne er dann aus eigener Kraft vorwärtskrabbeln und verharre nicht länger in der Schonhaltung, die er wegen der Schulterschmerzen eingenommen hatte. Beim„Skaten“ jedenfalls habe er offensichtlich auch Freude und drehe auch schon mal eine Extrarunde, berichtet eine Tierpflegerin.

Ernährung der Schildkröte wurde umgestellt

Die Ursache für die Gelenkprobleme des Tieres war übrigens falsche Ernährung. Helmuth, der erst seit vier Jahren in der „Zoom-Erlebniswelt“ lebt, habe an einem früheren Aufenthaltsort offensichtlich falsches Futter bekommen - zum Beispiel jede Menge Äpfel und Bananen. Dadurch habe die Schildkröte viel zu schnell zugenommen, sagt Naeschke.

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Jetzt sei die Ernährung natürlich artgerecht. Die Schildkröte bekomme hauptsächlich Heu und Kräuter und zusätzlich etwas Endiviensalat und seine Leibspeise Zucchini. (mit dpa)

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