Wagner-Söldner und Duma-KontakteUntergetauchter Wirecard-Manager Jan Marsalek spionierte wohl jahrelang für Russland

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Der frühere Wirecard-Manager wird international gesucht, auch in Deutschland gab es 2020 öffentliche Aufrufe wie hier in Hamburg. (Archivbild)

Der frühere Wirecard-Manager wird international gesucht, auch in Deutschland gab es 2020 öffentliche Aufrufe wie hier in Hamburg. (Archivbild)

Wirecard galt als die große deutsche Hoffnung, doch es bleibt wohl nur der größte Betrugsfall. Nun gibt es aber Neues zu der Wirecard-Schlüsselfigur.

Der nach Russland geflohene Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek arbeitete wohl jahrelang für die russischen Geheimdienste. Das zeigen Recherchen von ZDF-„frontal“, dem SPIEGEL, dem österreichischen Standard und der russischen Investigativ-Plattform The Insider.

Demnach lernte Marsalek über eine russische Geliebte 2014 Stanislaw Petlinski kennen, einen Mann mit besten Kontakten in den russischen Sicherheitsapparat. Wie die Medien berichten, sagte Petlinski später in kleiner Runde, er habe Marsalek anschließend dem russischen Militärgeheimdienst GRU übergeben.

Marsalek wird seit dem Crash Wirecards, dem Bekanntwerden der Insolvenz und dem mutmaßlichen Betrug mit dem Asien-Geschäft des Unternehmens international gesucht. Der untergetauchte, gebürtige Wiener gilt als Schlüsselfigur im Betrugsprozess, dem sich derzeit auch die anderen Wirecard-Manager wie Ex-Boss Markus Braun in München stellen müssen.

Russischer „Sicherheitsberater“ brachte Jan Marsalek wohl in Kontakt mit russischem Geheimdienst

Marsaleks mutmaßlicher russischer Kontakt, Petlinski, bestritt bei einem Treffen in Dubai, dass Marsalek russischer Agent sei. Vielmehr habe er Marsalek einflussreichen Russen bis hinauf in die Duma vorgestellt, berichten die Medien in der gemeinsamen Recherche. Petlinski, der sich selbst „Sicherheitsberater“ nennt, bestätigte, 2017 mit Marsalek und dem damaligen Geheimdienstchef der russischen Söldnergruppe Wagner nach Syrien gereist zu sein. Außerdem ist er in Marsaleks Geschäfte mit libyschen Söldnern involviert. Auch westliche Nachrichtendienste gehen davon aus, dass Petlinski seit Jahren für russische Geheimdienste arbeitet.

Ein Aktenordner mit Fahndungsfotos von Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek

Ein Aktenordner mit Fahndungsfotos von Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek (Archivbild)

Demnach heißt es weiter, dass Marsalek Teil einer „nachrichtendienstlichen Zelle, deren Kapazitäten und Fähigkeiten sich russische Nachrichtendienste bedient“ hätten. Das gehe aus österreichischen Ermittlungsakten hervor. Auch britische Staatsanwälte werfen dem früheren Topmanager vor, noch 2023 einen Agentenring in London gesteuert zu haben, der dem Kreml missliebige Personen ausspioniert haben soll.

Wirecard: Jan Marsalek nahm in Russland wohl neue Identität an

Doch wie konnte Marsalek fliehen? Laut Recherchen haben offenbar die russichen Behörden dem Ex-Wirecard-Manager bei der Flucht geholfen. Dafür soll Marsalek den Pass eines russisch-orthodoxen Priesters genutzt haben, eine Passkopie mit Foto liegt dem Rechercheteam nach eigenen Angaben vor. In Russland soll Marsalek dann eine neue Identität angenommen haben. Mit diesem Dokument soll er sich im September 2020 auf der Krim als „Konstantin Bajasow“ ausgegeben haben.

In München läuft derzeit der Prozess gegen die Wirecard-Verantwortlichen. Anfang Februar hatte es eine große Wende gegeben: Der Kronzeuge im Prozess, Ex-Manager Oliver Bellenhaus, wurde freigelassen. Dadurch wird die Luft im Prozess offenbar dünner für den früheren Wirecard-Boss Markus Braun, der bei Wirecard als Verbündeter von Marsalek galt, aber zuletzt beteuerte, dass auch er von Marsalek betrogen worden sei. (mab)

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