Kommentar zu Joyce Ilgs SpruchEine Komikerin mit dem Humor einer Vierjährigen

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Joyce Ilg Hand

Joyce Ilg im Jahr 2020

Worüber darf man Witze machen und worüber nicht? So häufig, wie diese Frage in Deutschland hochkocht, könnte man fast die Uhr danach stellen. Pünktlich zu Ostern scheint es also wieder so weit. Diesmal im Zentrum der Debatte: Joyce Ilg, eine wohl den meisten Menschen unbekannte Komikerin und Schauspielerin mit einer dennoch beachtlichen, vor allem jungen Fan-Base. Der Witz, um den es geht: ein K.O.-Tropfen-Spruch auf Instagram – unter einem Bild von ihr gemeinsam mit TV-Persönlichkeit Luke Mockridge. „Hat hier irgendwer von euch Eier gefunden? Ich hab nur ein paar K.O. Tropfen bekommen." Luke Mockridge, dazu ein Kommentar, der Gedanken an Vergewaltigungen evoziert: jede Menge Zündstoff, der für zahlreiche verständnislose Reaktionen im Netz sorgt.

„Mein Humor hat wenig Grenzen“, verteidigt sich die Autorin, und man darf das infrage stellen, denn offensichtlich scheitert er schon an der Grenze zum Witzigsein, ganz unabhängig vom Inhalt des Spruchs. Hier ist kein Handwerk im Spiel, kein Wortgefühl, das gut konstruierte Jokes und damit die Kunst von Comedians ausmacht. Es ist die Form von Grenzüberschreitung, von der Vierjährige sich Aufmerkasmkeit erhoffen, wenn sie Erwachsenen „Kacka!“ entgegen rufen und sich vor Lachen nicht mehr einkriegen.

Humor als Deckmantel

Mit der Frage danach, was Humor darf und was nicht, hat die Debatte also wider Erwarten herzlich wenig zu tun. Was bleibt, ist eine erwachsene Frau, die einen extrem unsensiblen und gefährlich verharmlosenden Spruch ins Netz gepostet hat, wo ihn Hunderttausende ihrer jungen Fans lesen, und die ihre eigene Fehleinschätzung oder kalkulierte Provokation unter dem Deckmantel des Humors verteidigt.

Mockridge werden Grenzüberschreitungen mit Frauen bis hin zur versuchten Vergewaltigung einer Ex-Freundin nachgesagt. Sie sind bis heute nicht belegt, Mockridge nicht verurteilt. Ilg ist nach eigener Aussage seit Jahren mit Mockridge befreundet. Auf dem Höhepunkt der Kritik an Mockridge im Jahr 2021 postete Ilg ein Video auf Instagram. Darin betonte sie, dass sie immer versuche, alle Seiten zu sehen und dass sie beide Seiten, also Lucke Mockridge ebenso wie seine Ex-Freundin, verstehen könne.

Man muss nicht jeden „Witz“ machen

Die Fähigkeit, „alle Seiten zu sehen“, scheint Ilg in den Monaten seit dem Video abhanden gekommen zu sein. Sonst würde sie selbst merken, dass ihr Spruch, ob aus Ignoranz oder Kalkül abgesetzt, zu Recht von Tausenden als verharmlosend wahrgenommen wird.

Kommen wir also zur Frage zurück, worüber man Witze machen darf. Die Antwort ist simpel: über alles. Das heißt längst nicht, dass man auch jeden „Witz“ machen muss. Comedy ist eben auch immer eine Frage von Kontext, Timing und Einschätzungsvermögen. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, schreibt ein Fan von Ilg auf Instagram. Mag sein. Aber Menschen, die am lautesten über den eigenen Witz lachen, hatten schon immer etwas Tragisches.

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