In den Nachtzugverbindungen in Europa ist niemand so aktiv wie die Österreichischen Bundesbahnen. Über die „kultivierteste Art des Reisens“.
Mit dem Nachtzug durch EuropaNachtzüge weiterhin eine Nische - aber eine erfolgreiche

Ein Waggon des Nightjet der Österreichischen Bundesbahn mit dem ´Liegewagen comfort» steht bei einem Medientermin am Bahnhof Altona. Im Schlafwagen von Berlin nach Paris - erstmals seit vielen Jahren steht die nicht nur bei Bahnromantikern beliebte Verbindung wieder im Fahrplan der Deutschen Bahn.
Copyright: picture alliance/dpa
Nachtzugverbindungen erleben in Europa seit einigen Jahren eine Renaissance. Besonders aktiv in dem Bereich sind die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Gemessen am gesamten Verkehrsaufkommen sind Nachtzüge weiterhin eine Nische - aber eine erfolgreiche.
Das Angebot an Zugverbindungen mit Schlaf- und Liegewagen in Europa war stark zurückgegangen - zwischen 2001 und 2019 nach Bahnangaben um 65 Prozent. Die Deutsche Bahn (DB) stellte 2016 ihre letzte Verbindung ein. Teile des alten Nachtzugnetzes übernahmen die ÖBB mit ihrer Marke Nightjet. Seit 2018 erschließen sie auch zunehmend wieder neue Strecken.
Deutschland ist eine zentrale Drehscheibe der blauen ÖBB-Nachtzüge, die dort in Kooperation mit der DB betrieben werden. Beliebte Verbindungen führen etwa von Berlin nach Wien und Graz, von München nach Rom oder von Hamburg in die Ski-Region Innsbruck. Die ÖBB investierten in den vergangenen Jahren zudem in neue Wagen, in denen private Luxus-Abteile zunehmend die klassischen Sechser- oder Vierer-Abteile mit Klappbetten ersetzen.
Alles zum Thema Deutsche Bahn
- Jubiläum Gladbacher S-Bahn feiert 50. Geburtstag
- Bis Ende 2025 Sperrungen und Einschränkungen in Rhein-Sieg – Vorerst letzte Phase des S13-Ausbaus beginnt
- Nach jahrelanger Verzögerung Wache der Bundespolizei im Kölner Hauptbahnhof vor Eröffnung
- Schwächelnde Nachfrage Deutsche Bahn will mit Rabatten mehr Fahrgäste anlocken
- Risiko für Lkw Warum die A4 im Kölner Süden ein Unfallhotspot ist – und was sich ändern soll
- Gefahr von Spannungskorrosion Porzer Bezirksvertreter stimmen für Neubau der Bergerbrücke
- Elektrifizierung Bauarbeiten auf der Voreifelbahn zwischen Euskirchen und Bonn
Neue Wagen - Fokus auf Luxus
Mit einer neuen Charge von 33 Nightjets setzen die Österreicher diesen Kurs weiter fort. In den neuen Wagen gibt es private Schlaf- und Liegeabteile mit Toilette, Dusche und modernen Funktionalitäten wie Induktionsladestellen für das Smartphone. Auch klassische Vierer-Abteile gibt es weiterhin, das Angebot richtet sich jedoch eher an Familien oder Gruppenreisende.
Für mehr Privatsphäre von Einzelreisenden ohne Platzangst sind die neuen Nightjets mit sogenannten Mini-Kabinen ausgestattet: eine Art Schlafbuchten mit einem kleinen Fenster. Verschließbare Gepäckfächer sowie Toilette und Bad gibt es auf dem Gang. Frühstück ist stets im Ticketpreis inbegriffen. Bislang fahren die neuen Züge auf der Strecke Hamburg-Wien sowie München-Rom. Weitere Strecken sollen folgen.
Schwierigkeiten wegen Baustellen
Die im Dezember 2023 feierlich eingeweihte neue Nachtzugverbindung von Berlin nach Paris war im besonders im vergangenen Jahr stark von Störungen und Verspätungen betroffen. Zwischenzeitlich setzte die ÖBB die Verbindung wie auch die alternativen Strecken Paris-Wien und Berlin-Brüssel für mehrere Monate aus. Die Nachtzüge sind häufig von nächtlichen Bauarbeiten an den Strecken betroffen. DB und ÖBB versprechen Besserung.
Große Nachfrage trotz hoher Preise
Preislich kann der Nachtzug häufig nicht mit dem Flugzeug konkurrieren. Die Ticketpreise für eine Fahrt im Schlafwagen, insbesondere im Privatabteil, reichen je nach Verbindung und Verfügbarkeit in den mittleren dreistelligen Bereich.
Dennoch seien die höheren Preiskategorien mittlerweile in der Regel schneller ausgebucht als die günstigsten Plätze, sagt der Leiter der Fernzugsparte der ÖBB, Kurt Bauer. „Der Nachtzug ist weder die schnellste noch die günstigste Art zu reisen, dafür aber die kultivierteste“, sagt der Nightjet-Experte.
Weitere Länder und Anbieter
Die ÖBB betreiben eine Reihe weiterer Nachtzugstrecken in Ländern Mittel- und Südosteuropas. Außerdem ist Italien ein wichtiger Markt. Verbindungen auch von Deutschland führen nach Mailand, Venedig oder Rom. Von Berlin und Hamburg gibt es außerdem Nachtzugverbindungen schwedischer Anbieter nach Stockholm. In Skandinavien gibt es weitere Nachtzugangebote für Reisen in den hohen Norden.
Seit mehreren Jahren verkehrt zudem der European Sleeper zwischen Brüssel und Berlin über Amsterdam. Im Tagverkehr fährt der Zug mittlerweile weiter bis Prag. Das niederländische Unternehmen hinter dem Sleeper hat dafür teils jahrzehntealte Schlafwagen aufgekauft und hergerichtet. Entsprechend sind Komfort und Ticketpreis unter dem alternativen Nightjet angesiedelt. Weitere Verbindungen von ÖBB und anderen Anbietern sollen in den kommenden Jahren dazu kommen. (afp)