Mount EverestMassentourismus auf dem Gipfel

Es waren schon viele vorher da: Bergsteiger inmitten von tibetanischen Gebetswimpeln auf dem Gipfel des Mount Everest.
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Mount Everest – Als vor 60 Jahren der Neuseeländer Edmund Hillary und der Nepalese Tenzing Norgay den 60 Millionen Jahre alten, welthöchsten Berg als erste Menschen bestiegen, machte das weltweit Schlagzeilen. Jetzt, zum Jahrestag, wollen viele Menschen ebenfalls mit ihrem Gipfelsturm berühmt werden. Zum Beispiel kämpfen zwei Senioren darum, als älteste Bezwinger des Mount Everest in die Annalen einzugehen.
In der vergangenen Woche schaffte der 80-jährige Yuihoro Miura, der erst im Januar eine Herzoperation hinter sich gebracht hatte, mit Hilfe seines 43 Jahre alten Sohnes und immensem Materialaufwand die Gewalttour in die Todeszone.
Jagd nach Schlagzeilen
Gegenwärtig kämpft der 81-jährige Nepalese Mir Bahadur Shershan nicht nur mit der Höhenluft, sondern auch mit Geldnot, die ihn zwingt, bei der Kletterpartie zum 8850 Meter hochgelegenen bettlakengroße Stück schneebedecktem Gipfel sparsam mit Sauerstoff und anderen technischen Hilfen umzugehen. Weitere Erstbesteigungen: die ersten Frauen aus Saudi-Arabien und Pakistan, die erste beinamputierte Frau und der erste Mann ohne Hände. Langfristigen Ruhm werden sie aber wohl nicht erlangen.
Den Namen Everest verdankt der Berg einem britischem Landvermesser, der darauf bestand, den höchsten Gipfel der Welt nach seinem Beamtenboss David Everest zu benennen. Heute mutet die Entscheidung nahezu hellseherisch an. Denn Sagarmatha – Göttin des Himmels, wie der erhabene nepalesische Name ist – verkam während der vergangenen 60 zu einem internationalen Abenteuerpark in dünner Höhenluft. Ein Franzose sprang per Fallschirm vom Gipfel ins Tal. Der Italiener Reinhold Messner zeigte, dass man es auch ohne Sauerstoffflaschen durch die Todeszone über 8000 Meter schaffen und gesund zurückkehren kann. Inzwischen setzt die Besteigung des Mount Everest über die meistgenutzte South Col Route von der nepalesischen Seite längst keine bergsteigerische Fertigkeit voraus. Nahezu der gesamte Weg wurde im Auftrag von Expeditionsfirmen mit Seilen versehen.
Im vergangenen Jahr gab es einen riesigen Stau, als mehr als 200 Menschen an einem Tag hinaufkletterten. In den Lagern sind regelrechte Zeltstädte der Unternehmen entstanden, in denen zahlende Gäste für bis zu 85 000 US-Dollar untergebracht werden – und manchmal im Stil von Luxushotels mit Champagner versorgt werden, während sich rundherum in Plastiktüten die Abfälle häufen.
Wer die nötige Ausdauer besitzt, so suggerieren die Unternehmen in ihrer Werbung, schafft es auf den höchsten Gipfel der Welt. Doch ohne eine gute Portion Glück geht nichts. Wenn die Erschöpfung beim Abstieg überhand nimmt, besitzt kaum noch ein Bergsteiger die Kraft, anderen zu helfen. Auch das Wetter kann jederzeit umschlagen.
Über 300 Menschen ließen inzwischen am Mount Everest ihr Leben. Die Leichen von etwa 120 Bergsteigern liegen immer noch im ewigen Eis, oft nur ein paar Schritte von dem Trampelpfad entfernt, über den sich Dutzende von Kletterern kämpfen. Doch wer unbedingt auf den Gipfel will, lässt er sich auch von dem schaurigen Anblick nicht abschrecken.
Aber das gewaltige Gebirgsmassiv bröckelt. „Der Berg hat wegen Klimaerwärmung viel von seinem Eis und Schnee verloren“, sagt der Nepalese Apa Sherpa, der bereits 21-mal auf dem höchsten Berg der Welt stand. „Deshalb wird es gefährlicher, den Everest zu besteigen, und es gibt mehr Steinschlag.“ Während der vergangenen 30 Jahre verschwanden 21 Prozent der Gletscher im Himalaya. Betuchte Rekordjäger schreckt das wohl nicht ab.