Mutter mit 70 JahrenLasst Frauen selbst entscheiden, wann sie Mütter werden wollen!

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Safina Namukwaya nach der Geburt ihrer Zwillinge in Uganda.

Safina Namukwaya aus Uganda wurde früher als „verfluchte Frau“ beleidigt, weil sie lange keine Kinder bekommen konnte. Nun hat sie mit 70 Jahren noch Zwillinge zur Welt gebracht.

Alles, was Mütter tun, wird von Wildfremden ungefragt kommentiert und kritisiert. Beglückwünschen wir sie doch einfach!

Eine 70 Jahre alte Frau in Uganda soll gesunde Zwillinge zur Welt gebracht haben und die Welt fragt: Darf die das? Eine 23-Jährige bekommt ein Kind mitten im Studium. Hätte sie nicht besser verhüten können? Eine 36-Jährige entscheidet sich nach reiflicher Überlegung und beruflichem Vorankommen für die Mutterschaft. Unerhört, sie setzt als Risikoschwangere das ungeborene Leben der Gefahr einer Fruchtwasserembolie aus!

Kritik kommt immer – egal in welchem Alter Frauen Mütter werden

Eine 30-Jährige isst während der Schwangerschaft Rohmilchkäse. Wie kann sie so unverantwortlich sein und den eigenen Genuss über den des Toxoplasmose-Risikos stellen? Eine 40-Jährige geht drei Monate nach der Geburt wieder arbeiten und lässt das Kind vom Vater betreuen. Warum hat sie überhaupt ein Baby bekommen, wenn sie es zugunsten ihrer eigenen Karriere doch eh nie zu Gesicht bekommen will?

Alles, was Frauen tun, wird streng überwacht und kritisiert. Ihr Handeln wird ungefragt von Wildfremden bewertet: Unverantwortlich. Eigennützig. Berechnend. Impulsiv. Zum Allgemeingut gesellschaftlicher Betrachtung werden sie vor allem dann, wenn sie sich für die Mutterschaft entscheiden. Sie sind dann übermütterlich, zu wenig mütterlich, zu tolerant, zu restriktiv, zu gluckenhaft, zu freizügig. In jedem Fall findet sich immer irgendwer, der sagt: Du machst das falsch! So geht das nicht!

Kinder älterer Mütter sind im Schnitt sogar fitter und gebildeter

Nun ist die 70 Jahre alte Zwillingsmutter ein Extrembeispiel. Man könnte zu Recht einwenden, es wäre schön, Eltern würden bei der Entscheidung, Kinder in die Welt zu setzen, mit einrechnen, dass sie erst sterben sollten, wenn diese erwachsen sind. Das könnte für diejenigen, die erst mit 70 starten, eng werden.

Andererseits: Das Alter ist nur ein Faktor. Würde man eine Altersgrenze fordern, ab der eine Frau sich nicht mehr fortpflanzen darf, man müsste auch zahlreiche andere Vorschriften in Erwägung ziehen. Ungesunde Lebensweise verbieten, fehlende finanzielle Sicherheiten, ungenügende emotionale Reifung, streitbehaftete Beziehungen. Auch derlei Punkte können das Kindeswohl gefährden.

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen, geboren 1978, ist Chefreporterin Story/NRW. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann sie 2005 als Feste Freie beim Kölner Stadt-Anzeiger. Später war sie Online-Redakteurin und leitet...

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Und wer hier Statistiken zurate zieht, der sieht ältere Mütter gar im Vorteil: Das Max-Planck-Institut in Rostock untersucht seit Jahren den Einfluss des Alters einer Mutter auf die Entwicklung des Kindes. Ergebnis: Kinder älterer Mütter sind nicht nur fitter und größer, sondern auch gebildeter und erfolgreicher als der Nachwuchs von Frauen im vermeintlich richtigen Gebäralter. Was daran liegen könnte, dass Menschen mit Zunahme an Jahren im Allgemeinen nicht nur wohlhabender, sondern vielleicht auch klüger werden.

Späte Kinder sind oft reiflich überlegt und sehnlichst erwartet. Die stressigsten Karrierejahre liegen schon hinter den Spätgebärenden und wer in Rente geht, hat endlich genug Zeit, mit dem Nachzügler für die Abschlussprüfungen zu lernen.

Alte Väter wie Bernie Ecclestone (bei der Geburt 89), Mick Jagger (achtes Kind mit 73 Jahren) oder Richard Gere (wurde mit 70 nochmal Vater) beglückwünscht man gerne für ihre Manneskraft. Beglückwünschen wir alte Mütter doch bitte auch. Sie sollten endlich selbst entscheiden dürfen, wann für sie der richtige Zeitpunkt ist, Mutter zu werden.

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