Noch mehr Streit im Verkehr?E-Scooter und Fahrräder sollen auch auf Autoparkplätzen stehen

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E-Scooter und Roller stehen auf einer Straße in Berlin.

Gegen Chaos auf den Straßen sollen E-Scooter und Fahrräder künftig in Berlin auch auf Autoparkplätzen Platz finden. Geht das gut?

In Berlin sollen Fahrräder, E-Roller und Motorräder sich künftig die gleichen Parkplätze teilen. Dadurch drohe jedoch neues Konfliktpotenzial, warnt ein Verkehrspsychologe.

Der Berliner Senat will die Fußwege sicherer machen. Konkret heißt das: Fahrräder, E-Roller, Lastenräder und Motorräder sollen Fußgängerinnen und Fußgänger nicht mehr unnötig behindern.

Erst kürzlich hatte der Fußgänger-Lobbyverein FUSS ausgerechnet, dass zwei Drittel der E-Scooter, Fahrräder und Elektromotorroller in Berlin an falschen Stellen stehen oder liegen. Im Schnitt würden alle 77 Meter Leihroller oder -fahrräder die Gehwege blockieren. Damit werden sie zum Risiko für blinde und sehbehinderte Menschen.

Parkgebühren für Autos steigen

Ab Januar soll sich das ändern. Fahrräder, E-Roller, Lastenräder und Motorräder können dann kostenfrei auch auf Autoparkplätzen abgestellt werden. Die Berliner Senatskanzlei erklärte ihr Vorhaben in einer Pressemitteilung Ende November so:

Für das Abstellen beziehungsweise Parken von Fahrrädern, Pedelecs, Lastenrädern, Leichtkrafträdern sowie Motorrädern auf Verkehrsflächen des ruhenden Verkehrs ist eine generelle Befreiung von der Parkgebührenpflicht vorgesehen, um die Nutzer*innen dieser Fahrzeugarten zu einer verstärkten Inanspruchnahme dieser Verkehrsflächen zu animieren.

Dagegen sollen die Parkgebühren für Autofahrerinnen und Autofahrer steigen – von ein, 2 und 3 Euro pro Stunde auf 2, 3 und 4 Euro pro Stunde. Davon ausgenommen sind Carsharing- und E-Carsharing-Autofahrerinnen und -Autofahrer. Für sie wird das Kurzzeitparken teilweise sogar günstiger. Die veränderten Parkgebühren sollen eine „für den Klimaschutz notwendige Mobilitätswende“ fördern, erklärte der Senat.

Neue Konflikte zwischen Auto und Fahrrad

Aus Sicht von Wolfgang Fastenmeier sind die Pläne nicht zu Ende gedacht. „Es kommt mir ein bisschen wie schwarze Pädagogik vor“, sagte der Verkehrspsychologe von der Psychologischen Hochschule Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie dem RND. „Es wird eigentlich mit einer ordnungspolitischen Zwangsmaßnahme versucht, die Leute vom Auto abzubringen und den Autofahrerinnen und Autofahrern das Leben schwerer zu machen. Und die Radfahrerinnen und Radfahrer gelten dann per se als die Guten.“

Das Problem dabei: Es entstehen neue Konflikte zwischen Auto- und Fahrradfahrerinnen und -fahrern. „Ich denke, dass die Pläne bei Autofahrerinnen und Autofahrern Reaktanz hervorrufen werden“, ist Fastenmeier überzeugt. Statt einem Miteinander könnte es ein Gegeneinander geben.

Verkehrspsychologe rät: Gehwege ausbauen

Dass durch die Maßnahmen mehr Menschen vom Auto auf andere Verkehrsmittel umsteigen, bezweifelt der Verkehrspsychologe. „Durch Verdrängungen schafft man es nicht, die Menschen umzustimmen. Und damit löst man auch die Verkehrsprobleme nicht. Sondern man muss attraktivere Alternativen schaffen.“ Das bedeute auch, den öffentlichen Personennahverkehr zu fördern. Allerdings beobachtet Fastenmeier, dass nur wenige Kommunen und Städte bereit sind, entsprechende Investitionen zu tätigen.

Die Konflikte zwischen Fahrrädern und Fußgängerinnen und Fußgängern könnten wiederum breitere Gehwege lösen. Bisher seien sie oftmals zu schmal, so dass dort nicht alle Verkehrsteilnehmende ausreichend Platz finden, so Fastenmeier. Wobei er anmerkte, dass es nicht immer überall möglich sei, die Fußwege auszubauen. Vor allem kleinere Straßen würden ein Problem darstellen. „Es ist nicht immer die geschickteste Lösung“, räumte der Verkehrspsychologe ein. „Aber irgendwelche Stellplätze zu opfern, löst das Grundproblem auch nicht.“

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