Polizistenmord in KuselVerdächtiger entlastet – Ermittler gehen von Alleintäter aus

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Dort, wo der Polizist und die Polizistin getötet wurden, haben Menschen Kränze abgelegt und Kerzen angezündet.

Kusel – Der Termin beim Ermittlungsrichter in Kaiserslautern am Dienstagvormittag währte für Andreas S. nur eine halbe Stunde. Beim Amtsgericht wurde dem Betreiber einer Bäckerei und eines Wildhandels im Saarland ein neuer Haftbefehl vorgelegt. Die kriminaltechnischen Untersuchungen haben ergeben, dass er am frühen Morgen des 31. Januar eine Polizeianwärterin und einen Polizisten bei einer Verkehrskontrolle nahe dem pfälzischen Kusel erschossen haben soll. Offenbar wollte Andreas S. verschleiern, dass er im nahe gelegenen Forst gewildert hatte. In seinem Kleintransporter lagen 22 getötete Wildtiere.

Andreas S. gilt nun als Alleintäter. Dem Gehilfen Manfred J. (Name geändert), zunächst auch unter Mordverdacht inhaftiert, wurde ebenfalls ein neuer Haftbefehl vorgelegt. Ihm werden jetzt nur noch Jagdwilderei und versuchte Strafvereitelung vorgeworfen. Als Haftgrund führt die Justiz für den Hartz-IV-Empfänger Fluchtgefahr an. Im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger bezeichnete sein Verteidiger Christian Kessler „den Haftbefehl als rechtswidrig. Mein Mandant hat umfassend Aufklärungshilfe zum Tathergang geleistet, seine Familie steht zu ihm, wie man bei seinen Lebensumständen von Fluchtgefahr ausgehen kann, ist mir ein Rätsel.“

Tat unter großem Aufwand nachgestellt

Wie weiter zu erfahren war, hatten die Ermittler erst vor Kurzem mit dem geständigen Jagdgehilfen am Tatort das gesamte Geschehen unter enormem Aufwand nachgestellt.

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Polizisten suchen am Tatort nach Spuren.

Das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt. Ein Hubschrauber flog mit einer Wärmebildkamera über den Forst und die Landstraße. Mit Hilfe einer Drohne filmten Polizeibeamte die Abläufe. Ein Polizist mimte den mutmaßlichen Todesschützen, zwei weitere übernahmen die Opferrollen. Man drückte Manfred J. eine Schrotflinte in die Hand. Später sollte er zeigen, wie er mit dem Jagdmesser die erlegten Tiere ausnahm. Fünf Stunden lang zeigte der 32 Jahre alte Vater einer zweijährigen Tochter was sich im Januar abgespielt haben soll.

 Gehilfe will nur zugesehen haben

So befand sich Manfred J. eigenen Angaben zufolge noch auf einer Wiese nahe der Landstraße, als sein Chef ihn zum Wagen rief. Kaum angelangt, will er gesehen haben, wie Andreas S. seine Schrotflinte zückte und die 24-jährige Polizeibeamtin Yasmin B. aus nächster Nähe erschoss. Tatenlos habe er zusehen müssen, wie sein Chef mit der zweiten Patrone auf den sich zurückziehenden Beamten Alexander K. feuerte und diesen im Gesäß traf. Vergeblich leerte der Angeschossene das Magazin seiner Dienstwaffe. Seelenruhig soll Andreas S. eine Büchse zur Hand genommen haben und den jungen Polizisten mit drei weiteren Schüssen hingerichtet haben.   

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Auch vor der Polizeiinspektion von Kusel legten Trauernde Kränze ab.

Inzwischen bestätigten kriminaltechnische Untersuchungen die Darstellung des Jagdgehilfen. Auf den Tatwaffen fanden sich ausschließlich DNA-Spuren und Fingerabdrücke seines Auftraggebers Andreas S. S. gilt als guter Schütze und war lange Jahre Jäger. Allerdings hatte der Gewerbetreibende wegen etlicher Verstöße seinen Jagd- und auch den Waffenschein verloren. Um sich aber geschäftlich über Wasser zu halten, soll er sich seit Jahren aufs Wildern verlegt haben. Für seine letzte illegale Pirsch heuerte er den arbeitslosen Manfred J. an.

 Verteidiger will gegen Haftbefehl vorgehen

Der hatte in seinen Vernehmungen stets beteuert, dass er noch nie eine Schusswaffe in die Hand genommen habe. Zeugen betätigten mittlerweile seine Angaben. Umso unverständlicher findet sein Anwalt, dass „der Mandant nicht freigelassen wird“. Mit seinem Kollegen will Kessler nun prüfen, „auf welchem rechtlichen Wege wir gegen den Haftbefehl vorgehen werden“.  

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Aus Justizkreisen erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass der Prozess gegen die beiden Beschuldigten vor dem Schwurgericht in Kaiserslautern im Falle einer zügigen Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft bereits im Juni starten könnte.

Im Falle eines Schuldspruchs droht Andreas S. die Sicherungsverwahrung. Seine Anwälte waren zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. 

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