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Als Precht über Merz, Macron und Co. herzieht, widerspricht Lanz„Das sind ja keine Deppen“

Lesezeit 3 Minuten
In Bezug auf das Ulimatum europäischer Regierungschefs an Wladimir Putin waren sich Richard David Precht (links) und Markus Lanz uneinig. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

In Bezug auf das Ulimatum europäischer Regierungschefs an Wladimir Putin waren sich Richard David Precht (links) und Markus Lanz uneinig. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Nanu, Frühlingsgefühle bei „Lanz & Precht“? Während Markus Lanz dem „neuen, durchtrainierten Richard“ seine Liebe gestand, entlockte Precht seinem Gegenüber dessen Passion fürs Rasenmähen. Kein Wunder, dass sich der Übergang des Gesprächs in Richtung Ukraine-Krieg schwierig gestaltete.

Alles anders bei „Lanz & Precht“: Statt seinen „lieben Richard“ wie üblich in dessen „Kemenate“ zu begrüßen, staunte Markus Lanz nicht schlecht, dass sein Gesprächspartner sich in der jüngsten Ausgabe des Podcasts aus einem Düsseldorfer Tonstudio zu Wort meldete. Internetprobleme hätten ihn zum spontanen Ortswechsel gezwungen, erklärte Richard David Precht. „Gut, dass die Digitalisierung in Deutschland voranschreitet“, witzelte Lanz. Precht gab zurück: „Ich nehme an, russische Agenten versuchen, die Lage zu destabilisieren.“

Ehe die beiden aber auf das eigentliche und eher betrübliche Thema der Sendung - den Ukraine-Krieg - zu sprechen kamen, ging es um etwas ganz anderes: Gärtnern. Auf Lanz' Kompliment hin, er sehe „fantastisch“ aus, nahm Precht die Zuhörerinnen und Zuhörer mit zu seiner Freizeitgestaltung: „Ich habe im grellen Sonnenlicht gekärchert.“ Diese Arbeit umschrieb der Philosoph als „unheimlich befriedigend“ und entlockte Lanz, welcher „Rasenmähertyp“ er sei. „Ab Tag vier werde ich nervös und dann schreite ich zur Tat“, verriet der ZDF-Moderator.

„Das große Nichts. Man denkt an nichts. Diese Leere zuzulassen, ist herrlich“, erörterte Lanz den tieferen Sinn der Gartenpflege. In Precht fand er einen für diese Metaebene des Gesprächs offenen Partner, wenngleich er einschränkte: „Das laute Geknatter des Rasenmähers hört sich nicht so kontemplativ an.“ So oder so: Optisch habe Precht von der akkuraten Pflege seiner Terrasse nur profitiert, lobte Lanz: „Ich liebe meinen neuen, durchtrainierten Richard.“

Precht rät Merz, Macron und Co.: „Macht einen Grundkurs zum Thema Diplomatie“

Gartenarbeit verbindet: Ehe Richard David Precht (links) und Markus Lanz die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg erörterten, widmete sich das Podcaster-Duo einem erquickenderen Thema - Gärtnern. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Gartenarbeit verbindet: Ehe Richard David Precht (links) und Markus Lanz die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg erörterten, widmete sich das Podcaster-Duo einem erquickenderen Thema - Gärtnern. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Die Brücke vom braun gebrannten Richard David Precht zum Krieg in der Ukraine zu finden, fiel entsprechend schwer. Auf einen sprachlichen Kunstgriff verzichtete das Podcaster-Duo - glücklicherweise - und wählte den harten inhaltlichen Bruch. Den Vorstoß von Friedrich Merz und seinen europäischen Regierungschef-Kollegen, Putin mit einem 30-Tage-Ultimatum zum Waffenstillstand zu bewegen, zerpflückte Precht in der Luft. Dabei begrüßte er die Initiative zu Verhandlungen eigentlich als „gute Nachricht“.

Dennoch riet der 60-Jährige den europäischen Verhandlern Merz, Macron, Starmer und Tusk: „Macht mal einen Grundkurs zum Thema Diplomatie.“ Diese hätten „nie gelernt, wie man richtig verhandelt“, grantelte Precht: „Sie haben eindrucksvoll gezeigt, wie es nicht geht. Ich frage mich, was ist das für ein Spitzenpersonal?“ Den russischen Präsidenten mit einem Ultimatum zu erpressen, hält der Philosoph für den völlig falschen Weg. Gehe Putin auf die Forderungen ein, mache er sich laut Precht in seiner Heimat „lächerlich“.

Markus Lanz war diese Argumentation „zu schablonenhaft“, betonte er doch: „Das sind Profis am Werk, das sind ja keine Deppen.“ Auch Prechts Wortwahl missfiel dem Polittalker, der verdeutlichte: „Der Erpresser sitzt in Moskau.“ Zudem begrüßte Lanz das Ultimatum als „überfällige Ansage“, die „etwas mit den Russen gemacht“ habe.

Precht nennt „Grund, warum ich mich vor den Russen nicht fürchte“

Ultimatum hin oder her, Richard David Precht fehlt ein langfristiger Ansatz für eine neue Friedensordnung in Europa: „Wir brauchen doch eine Idee davon, wie könnte eine Lösung für beide Seiten aussehen, die einen dauerhaften Frieden in Europa garantiert?“ In diesem Zusammenhang erneuerte er Aussagen vergangener Podcast-Folgen, er mache sich über einen Durchmarsch Russlands über das Baltikum bis nach Deutschland keine Sorgen. Als „Grund, warum ich mich vor den Russen nicht fürchte“, führte Precht deren mühsame militärische Fortschritte in der Ukraine während der vergangenen drei Jahre an.

Ohnehin entscheide sich der Krieg laut des 60-Jährigen nicht an der Front, „sondern durch die Zerstörung der Ressourcen des anderen“. Einen Sieger erwarte er nicht „auf absehbare Zeit“ und auch die Friedensverhandlungen „werden Jahre dauern“, prognostizierte Precht. Der Grund: Ein „gesichtswahrender Frieden für beide Seiten“ sei schwierig zu erreichen. Entsprechend stünden auch die europäischen Verhandler nun vor einer „großen historischen Aufgabe“, nämlich einer „Sicherheitsarchitektur, in der sich nicht zwei feindliche Gruppen gegenüberstehen“. (tsch)