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„Er will keine Widerworte“Wie Trump mit seinem Clan eine mächtige Dynastie errichtet

Lesezeit 4 Minuten
Machtzirkel: Trumps Nachbar Bill White (rechts), hier mit (von links) Bryan Eure, Präsident Trump und Vizepräsident Vance, wird US-Botschafter in Belgien.  (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Machtzirkel: Trumps Nachbar Bill White (rechts), hier mit (von links) Bryan Eure, Präsident Trump und Vizepräsident Vance, wird US-Botschafter in Belgien. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Donald Trump steht im Zentrum der Macht - allein ist er jedoch nicht: Um sich versammelt der US-Präsident eine „neue Dynastie“, die vom Familienclan bis zur reichen Tech-Elite reicht. 

Der Präsident und seine Dynastie: Mit Donald Trump besitzt auch ein Clan aus Familienmitgliedern, Unterstützern und Superreichen die Macht.
 (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Der Präsident und seine Dynastie: Mit Donald Trump besitzt auch ein Clan aus Familienmitgliedern, Unterstützern und Superreichen die Macht. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Seit Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump vergeht kaum ein Tag ohne Schlagzeilen über neue umstrittene Coups der Regierung. Meist drehen sie sich um politische Entscheidungen, oft auch um das Umfeld des 47. US-Präsidenten. Denn Trump mag zwar im Mittelpunkt stehen, er umgibt sich aber zugleich mit einer bemerkenswerten Entourage aus Familienmitgliedern, Superreichen und loyalen Freunden. „Mit ihm kommt ein ganzer Clan an die Macht“, heißt es in der ZDF-Doku „Die Akte Trump: Eine neue Dynastie - Nur der Deal zählt“ (ab Freitag, 13. Juni, in der Mediathek), die hinter die Kulissen der herrschenden US-Elite blickt. Der informative Film von Lucas Gregorio und David Bercher offenbart jene Netzwerke, in denen Geld, Unterwerfung und der Wille zu Macht und Deals mehr zählen als jede Fachkompetenz.

Bereits in seiner ersten Amtszeit teilte Trump die Macht mit Familienmitgliedern. Allein - heute tut er es offener denn je, wie der Film beleuchtet. Fast jeder im Trump-Clan erhält Aufgaben, Positionen, Sichtbarkeit. Von Sohn Barron Trump, der vom schüchternen Jungen zum Mit-Wahlkämpfer wurde, bis hin zu Enkeltochter Kai, die als Influencerin mobilisiert wird, um die Reichweite ihres Opas auf TikTok und Instagram auszubauen.

Für Donald Trump geht es weniger um Erfahrung oder Fachwissen, sondern viel mehr um Loyalität und Geld. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Für Donald Trump geht es weniger um Erfahrung oder Fachwissen, sondern viel mehr um Loyalität und Geld. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Die Botschaft ist klar: Jeder in der Familie trägt zur Machtentfaltung bei, Erfahrung spielt keine Rolle: „Donald Trump stellt schamlos Familienmitglieder ein, die völlig unqualifiziert sind“, so die Journalistin Sonia Dridi.

„Das Anwesen sagt viel über Donald Trump aus“

Milliardär Elon Musk (rechts) unterstützte Donald Trump im Wahlkampf großzügig.
 (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Milliardär Elon Musk (rechts) unterstützte Donald Trump im Wahlkampf großzügig. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Selbiges zeigt sich auch im Kabinett, dessen absurde Liste der Film abarbeitet: Von Robert F. Kennedy Jr., der als Verschwörungstheoretiker und Impfgegner von sich Reden machte und dann Gesundheitsminister wurde, bis hin zur Wrestling-Managerin Linda McMahon, die ohne pädagogische oder politische Erfahrung das Bildungsministerium übernahm. Den Präsidenten scheint das nicht zu stören, es geht ihm um andere Qualitäten: „Wrestling entspricht absolut dem Charakter von Donald Trump: Es ist inszeniert, es geht um Gewalt, und es hat etwas sehr Männliches“, analysiert Amerikanist Jérôme Viala-Gaudefroy.

Auch Donald Trumps Enkeltochter Kai wird als Influencerin bei TikTok und Co. eingespannt.
 (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Auch Donald Trumps Enkeltochter Kai wird als Influencerin bei TikTok und Co. eingespannt. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Ein weiteres Muster legt die Doku offen: Wer Trump unterstützt - finanziell oder öffentlich -, wird honoriert. „Ein Botschafterposten als Belohnung für den treuen Unterstützer“, kommentiert der Film etwa die Ernennung von Bill White zum belgischen Botschafter. Der Milliardär, der in der Doku überraschend offenherzig illustriert, dass die Begeisterung für Trump wichtiger sei als diplomatische Erfahrung oder Sprachkenntnisse, war lange dessen Nachbar in Florida.

Begleitet von Innenansichten zeigt die Doku, wie Mar-a-Lago zur politischen Kommandozentrale wurde. „Das Anwesen sagt viel über Donald Trump aus“, heißt es an einer Stelle: „Hier herrschen Luxus und Kitsch“.

Trump sieht US-Verwaltung „von Verrätern unterwandert“

First Lady Melania Trump hält sich bedeckt, unterstützt ihren Gatten aber dennoch.
 (Bild: ZDF/Ligne de Front)

First Lady Melania Trump hält sich bedeckt, unterstützt ihren Gatten aber dennoch. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Natürlich spielt auch Elon Musk eine Rolle: Der Film zeigt, wie der reichste Mann der Welt den Wahlkampf prägte, wie er an der Seite von Trump „das Amerika der Zukunft“ verkörpern sollte. Hier wurde die Doku allerdings von der Realität schon wieder eingeholt - inzwischen haben sich die beiden Machtmänner schon wieder voneinander distanziert. Aufstieg und Fall, das zeigte bereits die erste Amtszeit, liegen in der schnelllebigen Trump-Dynastie nah beieinander. Aktuell allerdings bleibt die Aufgabe, die Musk lösen sollte: In der US-Verwaltung „aufzuräumen“, die Trump „von Verrätern unterwandert“ sieht. Eine „Obsession“ des Präsidenten, wie es im Film heißt, mit der das „America First Policy Institute“ als ideologischer Maschinenraum betreut ist.

Trump hat sein Anwesen Mar-a-Lago in Florida zur politischen Schaltzentrale ausgebaut. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Trump hat sein Anwesen Mar-a-Lago in Florida zur politischen Schaltzentrale ausgebaut. (Bild: ZDF/Ligne de Front)

Überhaupt unterstreicht die Doku, wie extrem das politische Umfeld Trumps geworden ist. Sebastian Gorka, früher Podcaster, jetzt für Terrorabwehr zuständig, wettert in einem seltenen Interview gegen politische Korrektheit, die Presse, Transgender-Rechte, und er sagt Dinge wie: „Unsere letzte Regierung hasst Amerika.“ Trump, so erläutert der Journalist Anthony Bellanger, habe „das Volk und die Elite gegeneinander ausgespielt“. Zielscheibe sind dabei auch die Medien: Wenn Trump etwa ankündige, das Bildungsministerium aufzulösen, dann wolle er auch, dass die progressiven Medien sich aufregen.

„Er will Loyalität im Sinne von Unterwerfung“

Inmitten dieses Chaos bleibt First Lady Melania Trump eine stille Figur. Kenner in der Doku beschreiben sie als „intelligent“, „erstaunlich lustig“ - aber bisweilen widerwillig in ihrer Rolle. Dennoch: Ihre zurückhaltende, eher liberale Haltung habe Trump laut Film Stimmen von unentschlossenen Wählern gebracht. Als Sympathieträgerin aufgebaut wird auch Trumps Enkelin Kai, die im Kontrast zu Trumps Politik „das Bild eines liebenswerten Großvaters“ suggeriere. Es ist die weichgezeichnete Familienversion eines Mannes, der das Land polarisiert hat wie kaum ein anderer.

Zu Wort kommt auch Ex-Sicherheitsberater John Bolton, mittlerweile ein Trump-Kritiker, der die erste Amtszeit als chaotisch beschreibt: „Die Arbeit im Weißen Haus glich einem Flipperautomaten, sprunghaft und unstrukturiert.“ Zum Führungsstil des Präsidenten wird Bolton deutlich: „Er will Loyalität im Sinne von Unterwerfung. Er will keine Widerworte.“ Am Ende steht die nüchterne Erkenntnis: „Wir befinden uns mitten in der Ära der Trump-Dynastie.“

Der Film macht deutlich: In diesem System zählen Loyalität, Geld und Vetternwirtschaft mehr als alles andere - Fachwissen oder Verfassungstreue treten in den Hintergrund. Wer verstehen will, wie die USA aktuell regiert werden, muss jenes engmaschige Geflecht aus Verwandten, Gefolgsleuten und reicher Elite durchleuchten. Eine gute Grundlage dafür bietet dieser 45-minütige Beitrag. (tsch)