Ganz Fernsehdeutschland kennt Anja Kling aus zahllosen Rollen als engagierte Mutti. Nun ist die 55-Jährige in „Per Anhalter zur Ostsee“ (Freitag, 22. August, im Ersten) erstmalig als Oma zu sehen. Warum der Generationenwechsel für sie kein Problem war, erzählt die Starschauspielerin im Interview.
„Für mich ist es nur ein Wort“Anja Kling spielt erstmals eine „Oma“

„Dass man irgendwann ältere Rollen spielt, ist der normale Lauf der Dinge“, sagt Schauspielerin Anja Kling. (Bild: 2025 Getty Images/Andreas Rentz)
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Als meistens nette, gelegentlich auch fiese Figur war sie in den unterschiedlichsten Rollen zu sehen, nun kommt eine neue dazu: Zum ersten Mal ist Anja Kling die Oma! In „Per Anhalter zur Ostsee“ reist sie ihrer ausgebüxten Enkelin hinterher. Trotz ihrer Überängstlichkeit sei Steffi, so der Rollenname, jedoch keine Helikopter-Oma. Und, nein, eine Helikopter-Mutter sei auch sie nie gewesen, sagt Anja Kling bezugnehmend auf ihren neuen Film, der am Freitag, 22. August, 20. 15 Uhr, im Ersten ausgeststrahlt wird, gleich zu Beginn des Gesprächs, das am frühen Morgen stattfindet. Fit und ausgeruht klingt die 55-Jährige, die gut auch zehn Jahre jünger sein könnte, dazu gut gelaunt. Vielleicht wirkt der gerade beendete Urlaub auf Rügen noch nach.
Die freie Entfaltung ihrer Kinder habe ihr immer am Herzen gelegen, führt Anja Kling weiter aus. Inzwischen sind beide ausgezogen, kommen aber immer wieder gern nach Hause. Die vielbeschäftigte Schauspielerin, die zu Deutschlands bekanntesten Filmgesichtern gehört und über 130 Rollen gespielt hat, genießt die Besuche, aber auch die Möglichkeit, sich neuen Aufgaben zu widmen: Die Arbeit in der Schauspieler-Agentur gehört ebenso dazu wie das Schreiben eigener Geschichten, wie sie erzählt. Noch immer lebt die gebürtige Potsdamerin in ihrer Heimat und ist häufig Seite an der Seite mit ihrer fünf Jahre älteren Schwester Gerit bei Buchlesungen zu sehen. Sie liebt Ost-West-Dramen wie „Honigfrauen“, weil sie Teile ihrer Vergangenheit widerspiegeln. Mit Komödien wie „(T)raumschiff Surprise“ oder zuletzt „Wunderschöner“ zeigt die vielfach ausgezeichnete Mimin, dass sie auch ziemlich witzig sein kann.
„Es fühlt sich nicht anders an, als eine Mutter zu spielen“

Anja Kling liebt die Ostsee und besucht gern Freunde auf Rügen. Mit dem LKW wie in „Per Anhalter zur Ostsee“ ist sie allerdings eher selten unterwegs. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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teleschau: Sie haben unzählige Mütter gespielt. Wie war es für Sie, das erste Mal in die Rolle einer Oma zu schlüpfen?
Anja Kling: Es fühlt sich nicht anders an, als eine Mutter zu spielen, denn für mich ist es nur ein Wort. Das Mädchen sagt halt nicht Mama, sondern Oma (lacht). Aber ich hoffe, es ist uns gelungen, darzustellen, dass man als Oma heutzutage nicht mehr unbedingt mit Krückstock und Kopftuch herumlaufen muss.

„Privat sind wir sowieso sehr eng“: Gerit Kling and Anja Kling (rechts, bei der Gala „Ein Herz für Kinder“ im Juni in Berlin). (Bild: 2025 Getty Images/Gerald Matzka)
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teleschau: Also keine Panik in Sicht?
Anja Kling: Dass man irgendwann ältere Rollen spielt, ist der normale Lauf der Dinge. Ich wurde am Anfang und dann sehr lange immer als die Tochter besetzt. Dann wurde ich plötzlich die Mutter, auch in meinem nächsten Film bin ich wieder Mutter zweier Teenager. Dazwischen war ich jetzt halt mal die Oma. Die Absicht in „Per Anhalter zur Ostsee“ war, dass man zunächst denkt, dass ich die Mutter bin, was auch noch möglich gewesen wäre. Aber man kann natürlich mit Mitte 50 durchaus Oma sein und auch noch viel eher. Ich bin froh, dass ich das alles spielen darf.
teleschau: Möchten Sie eines Tages selbst gern Oma sein?

Als Helikopter-Mutter hat sich Anja Kling nie verstanden, ihre Rolle als überängstliche Oma Steffi in „Per Anhalter zur Ostsee“ allerdings auch nicht. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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Anja Kling: Meine Kinder sind 21 und 24 Jahre alt. Die sollen erst mal ihr Leben leben. Wenn sie sich irgendwann entschließen, Kinder haben zu wollen, freue ich mich natürlich, aber es ist nicht meine Entscheidung (lacht).
teleschau: Steffi, Ihre Figur, ist eine sehr vorsichtige Großmutter; kritische Zungen mögen sie zunächst als Helikopter-Oma bezeichnen. Waren Sie als Mutter selbst eher vorsichtig, als Ihre Kinder klein waren?
Anja Kling: Nein, und ich finde auch, man kann sie mit Helikopter-Eltern gar nicht vergleichen. Das sind Leute, die ihre Kinder vermeintlich grundlos so derartig umhegen, dass sie ihnen keine Chance mehr lassen, selbstständig zu werden. Das war ich nicht als Mutter, und das ist auch meine Figur in dem Film nicht. Denn es gibt einen bestimmten Grund, warum sie so überängstlich ist. Es hat mit Verlust zu tun, mit Verlustangst, mit Vermissen. Und das kann ich durchaus nachvollziehen. Wenn man einen schweren Verlust innerhalb der Familie ertragen muss, dann kann es eben passieren, dass man seine Liebsten über die Maßen beschützt, um zu vermeiden, dass man noch einmal einen solchen Schmerz aushalten muss. Und das ist es, was Steffi hier passiert.

In „Per Anhalter zur Ostsee“ hat Anja Klings Figur Steffi mit massiven Verlustängsten zu tun. Privat fiel es der Schauspielerin zunächst auch nicht leicht, ihre Kinder ausziehen zu sehen, heute weiß sie mehr Freiräume zu schätzen. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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teleschau: Vermutlich kam es in Ihrem realen Leben noch nicht vor, dass ein kleines Mädchen bei Ihnen vor der Tür stand und sagte: „Sie sind meine Mama!“ Aber Sie hatten sicher schon andere skurrile Begegnungen mit Fans. Was ist Ihnen schon passiert?
Anja Kling: So viele skurrile Geschichten habe ich gar nicht. Es ist schon vorgekommen, dass Fans ein bisschen übertreiben, aber noch nie bösartig. Keiner hat mich je so gequält, dass ich mich massiv in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt hätte. Es tut mir manchmal leid für die Fans, die ihrem Star so sehr hinterherrennen, denn sie werden ja nie befriedigt. Vielleicht haben sie 50-mal dieselbe Autogrammkarte, wobei ich gar nicht weiß, was man damit machen will. Es sind wirklich immer alle freundlich und lieb, aber manche übertreiben es halt ein bisschen mit ihrem Fan-Sein (lacht).
teleschau: Vermutlich werden Sie häufig erkannt!

Als Jugendliche war auch Anja Kling oft per Anhalter unterwegs, so wie sie es als Steffi in „Per Anhalter zur Ostsee“ notgedrungen tun muss. Allerdings hatte sie immer eine Freundin oder einen Freund dabei. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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Anja Kling: Ja, aber auch das empfinde ich nie als störend. In Deutschland reagieren die Fans ganz anders als zum Beispiel in Italien. Hier flüstern die Leute miteinander, zeigen auf denjenigen, den sie erkannt haben, und dann war es das auch schon. Dass ich belästigt werde, habe ich noch nicht erlebt. Und mir ist es auch wirklich lieber, wenn die Leute mich ansprechen und fragen: „Können wir mal ein Foto zusammen machen?“, als dass man mich heimlich fotografiert. Das ist mir unangenehm.
teleschau: Wie reagieren Sie dann?
Anja Kling: Ich sage den Leuten dann, dass ich für ein Foto immer bereit bin, wenn ich danach gefragt werde. Denn dann habe ich ein bisschen die Kontrolle darüber, was ich für ein Gesicht ziehe, als wenn ich spüre, jemand zieht hinter mir sein Handy und fotografiert mich beim Essen oder Nasebohren (lacht)
„Im Grunde habe ich auf alles Lust“

Auf Komödien habe sie wieder „richtig Lust“, sagt Anja Kling. So ist sie im September auch im dritten Teil von „Die Hochzeit“ (hier mit Martin Brambach) zu sehen. (Bild: ARD Degeto Film/Florida Film GmbH/Repro)
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teleschau: Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Rollen aus?
Anja Kling: Vordergründig geht es mir gar nicht um die Rolle, die man mir anbietet, sondern nur ums Buch. Und dieses Buch muss mich in irgendeiner Weise abholen. Es muss mich berühren, es muss mich zum Lachen oder Weinen bringen, es muss mich von Seite zu Seite tragen. Wenn ich mich da durchquälen muss und ich mich schon auf Seite zehn anfange zu langweilen, dann ist es wahrscheinlich nicht das Richtige für mich. Was nicht heißt, dass es nicht für einen anderen Menschen prima ist. Und erst, wenn das Buch mich abgeholt hat, dann schaue ich mir meine Figur genau an, und dann ist es auch ziemlich egal, ob es eine große Rolle ist oder eine kleinere. Wenn die Geschichte stimmt, mache ich da einfach gerne mit.
teleschau: Bei Steffi in „Per Anhalter zur Ostsee“ war das offensichtlich der Fall. Sie ist so vielseitig, dass es Spaß macht, ihr bei ihrer eigenen Entwicklung zuzuschauen.

Sie sind ein eingespieltes Team: Anja Kling und ihr Mann Oliver Haas (bei der Gala „Ein Herz für Kinder“ im Juni in Berlin). (Bild: 2025 Getty Images/Gerald Matzka)
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Anja Kling: Genau. Hier hat mir vor allem gefallen, dass das Buch sehr charakterbezogen war. Was mich auch gereizt hat, war die Mischung aus Drama und heiteren Momenten.
teleschau: Haben Sie eine Lieblingsfigur aus Ihrem eigenen Repertoire, mit der Sie am liebsten Kaffee trinken würden?
Anja Kling: Man hat immer die am liebsten, mit der man sich gerade beschäftigt. Da gibt es nicht die eine Figur. Dazu waren es tatsächlich schon zu viele, und ich habe sie alle in der Sekunde, in der ich sie gespielt habe, geliebt. Ich habe auch nicht eine ganz konkrete Wunschrolle. Aber ich würde mir wünschen, dass ich mal wieder etwas Historisches drehen darf. Oder etwas richtig Lustiges. Ich habe im neuen Improvisationsfilm von Jan Georg Schütte mitspielen dürfen, jetzt zum dritten Mal: „Die Hochzeit“ läuft ab Freiag, 5. September, in der ARD-Mediathek (und am selben Tag ab 22.10 Uhr im Ersten, d. Red.). Die Figur, die ich da spiele, liebe ich auch sehr: Anna Hell, eine Frohnatur, nicht besonders helle, aber das Herz am rechten Fleck und auch auf der Zunge. Da hoffe ich, dass es weitergeht. Also auf Komödie habe ich Lust, auf Drama, auf Historisches - im Grunde habe ich auf alles Lust (lacht).
„Ich wäre auch gerne Ärztin“

Großmutter, Tochter, Enkeltochter? Nicht ganz. Doch auch wenn Ani (Franziska Wulf, links) nicht die verschwundene Anita ist, wirken sie, Nele (Maïmouna Mbacké) und Steffi (Anja Kling) wie eine kleine Familie. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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teleschau: Wenn Sie noch mal von vorne anfangen könnten, würden Sie sich doch für die Medizin entscheiden oder wieder für die Schauspielerei?
Anja Kling: Das ist eine sehr gute Frage, die ich Ihnen gar nicht beantworten kann. Ich weiß es nicht, weil ich nach wie vor beides toll finde. Ich wäre auch gerne Ärztin, das stimmt. Aber je älter ich werde, desto mehr fürchte ich mich auch vor der Verantwortung, die ich damit übernommen hätte, vor falschen Diagnosen und Behandlungsfehlern. Aber dennoch fasziniert mich dieser Beruf. Einen helfenden Beruf zu haben, der wirklich am Menschen dran ist und ganz real hilft, das hätte ich auch gerne gemacht. Aber die Schauspielerei liebe ich natürlich trotzdem nach wie vor auch sehr.

Auf der gemeinsamen Fahrt freunden sich Steffi (Anja Kling) und der Fernfahrer Ibo (Sahin Eryilmaz) an. Beide haben persönlichen Ballast zu tragen und schaffen es, sich gegenseitig zu öffnen. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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teleschau: In gewisser Weise helfen Sie den Menschen auch und sind für sie da, wenn auch auf vollkommen anderer Ebene.
Anja Kling: Ja, aber das ist ja für mich nicht sichtbar. Ich sehe nicht, ob ich dem einen oder anderen ein Lächeln abgewinnen kann. Diese Art der Hilfe ist eben nicht so unmittelbar, denn ich bin darauf angewiesen, dass die Leute auf mich zukommen und mir sagen, ob sie einen Film mochten oder dem ein oder anderen sogar in einer bestimmten Situation geholfen hat.
teleschau: Kürzlich gab es einen offenen Brief von 200 Kulturschaffenden an Friedrich Merz, in dem ein Ende der Waffenlieferungen an Israel gefordert wurde, um Gaza zu schützen. Sind Sie dafür angefragt worden?

Steffi (Anja Kling, links) ist überglücklich, als sie mithilfe des Polizisten Lucas (Bernhard Conrad) ihre Enkelin Nele (Maïmouna Mbacké, Mitte) bei Ani (Franziska Wulf) in ihre Arme schließen kann. (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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Anja Kling: Das nicht, aber ich habe diesen Brief dennoch unterschrieben. Es ist mehr als grausam, was im Moment in der Welt geschieht, vor allem in Gaza. Politische Gründe hin oder her, Fakt ist, dass wir alle jetzt zugucken, wie Kinder verhungern, und das muss ein Ende haben.
teleschau: Sind Sie jemand, der die Nachrichten intensiv verfolgt?
Anja Kling: Ja, natürlich.
teleschau: Da wir über Politik sprechen: Sie haben selber Historisches erlebt und sind einige Tage vor dem Mauerfall mit Ihrer Schwester aus der ehemaligen DDR geflohen. Wie kam es, dass man Sie über die Grenze gelassen hat?

Eine Spur führt Steffi (Anja Kling) und Polizist Lucas (Bernhard Conrad, rechts) an die Ostsee zum Bootsverleiher Fred (Jonas Minthe). Weiß er womöglich etwas über den Verbleib von Steffis Tochter Anita? (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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Anja Kling: Die damalige Tschecheslowakei hat am 4. November für 24 Stunden die Grenzen aufgemacht, um den Druck an der Grenze abzubauen. So sind wir als Vierergruppe einfach durchgewinkt worden. Das war sehr spontan.
teleschau: Wie haben Sie den Westen wahrgenommen?
Anja Kling: Natürlich war alles neu und aufregend. Aber zunächst einmal war es nicht nur Jubel, weil ich meine Familie, meine Arbeitskollegen und meine Freunde zurücklassen musste und nicht wusste, ob ich sie jemals wiedersehe. Ich habe die politische Situation der DDR verlassen und nicht meine Liebsten. Deshalb war das mit einem großen Schmerz verbunden. Natürlich waren wir froh, dass wir während der Flucht nicht verhaftet wurden, ins Gefängnis kamen oder sogar erschossen wurden, aber auf der anderen Seite wussten wir auch nicht, wie es weitergehen würde. Ich war 19, ein halbes Kind, und stand plötzlich ohne alle da, hatte nur noch meine Schwester. Darum bin ich sehr froh, dass nur fünf Tage später die Mauer fiel und ich meinen Eltern sofort wieder in die Arme fallen konnte.
„Natürlich würden wir beide sehr gern mal wieder zusammen drehen“

Werden Steffi (Anja Kling) und Nele (Maïmouna Mbacké) endlich erfahren, wo Anita abgeblieben ist? (Bild: ARD Degeto Film/filmpool fiction GmbH/Christine Schroeder)
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teleschau: Sie haben immer mal wieder Ost-West-Geschichten gespielt, zum Beispiel „Honigfrauen“. Machen Sie das deswegen gern, weil es an die eigene Vergangenheit erinnert und Sie darüber Geschichten erzählen möchten?
Anja Kling: Da müssen Sie die Produzenten fragen, warum man mir so oft so etwas gibt. Ich spiele das natürlich gerne, wenn mich die Geschichte überzeugt, weil es das Land ist, in dem ich groß geworden bin und ich in meiner Darstellung dieser Figuren auch eine gewisse Verantwortung trage, es eben so zu zeigen, wie es war.

Jäcki (Luise von Finckh, Mitte) möchte heiraten. Ihre Mutter Anna (Anja Kling) und ihr Bonuspapa Carsten (Martin Brambach) sollen ihrer Tochter an diesem besonderen Tag zur Seite stehen. Doch in der Impro-Serie „Die Hochzeit“ läuft alles anders als geplant. (Bild: ARD Degeto Film/Florida Film GmbH/Ricardo Gstrein)
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teleschau: Die Ostsee spielt eine wichtige Rolle in Ihrem neuen Film. Ein Lieblingsort von Ihnen?
Anja Kling: Ja, ich bin da wirklich immer noch sehr gerne. Es ist zwar ein bisschen schade, dass wir dort keine Garantie für Sonnenschein haben (lacht). Aber sonst ist es wunderschön da. Ich war gerade wieder auf Rügen und habe Freunde besucht und bin jedes Jahr beim Hundeschlittenrennen auf Usedom. Ich liebe die Ostsee sehr!
teleschau: Wo kann man Sie noch finden - im Ausland?

Der Witwer Johann (Tobias Moretti, links) trägt ein dunkles Geheimnis mit sich rum. Sophia (Josephine Bloéb, links), Anna (Anja Kling) und Carsten (Martin Brambach) hören gespannt zu. Wird die geplante Hochzeit überhaupt stattfinden? (Bild: ARD Degeto Film/Florida Film GmbH/Ricardo Gstrein)
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Anja Kling: Ich bin ganz gerne in Italien, was sicherlich daran liegt, dass ich mal ein halbes Jahr für „La Piovra“ in Italien drehen durfte. Ich war die einzige Deutsche am Set und war erst lange in Rom und dann auf Sizilien. In dieser Zeit lernte ich ganz passabel Italienisch und verliebte mich unsterblich in Land und Leute. Das war in den 90er-Jahren, aber die Einstellung zu dem Land, den Menschen, zum Essen, zum Wein und zur Lebenseinstellung ist geblieben.
teleschau: Sie haben die Schauspieleragentur Ihrer Mutter übernommen. Sind Sie ein Workaholic?
Anja Kling: Die Agentur meiner Mutter hat mein Mann übernommen, und ich stehe ihm lediglich zur Seite, wenn ich nicht drehe. Am Anfang dachte ich, dass ich als Schauspielerin und in der Agentur mit gleicher Kraft arbeiten könnte. Inzwischen weiß ich, das funktioniert überhaupt nicht. Aber ich unterstütze meinen Mann insofern, als dass ich zum Beispiel Drehbücher lese, mit Schauspielern spreche, Caster und Regisseure auf uns aufmerksam mache. Und natürlich entscheiden wir Grundlegendes für die Agentur gemeinsam. Aber das tägliche Geschäft, die Projekte-Betreuung, das Verträge aushandeln, die Kommunikation mit Castern und Produktionsbüros, das alles macht ausschließlich mein Mann. Und ich finde, er macht das ausgesprochen gut (lacht).

Böcki (Gustav Schmidt, links), Thorsten (Devid Striesow, zweiter von links), Anna (Anja Kling) und Carsten (Martin Brambach) sind mit der Situation überfordert. Wird es nun eine Hochzeit geben? (Bild: ARD Degeto Film/Florida Film GmbH/Ricardo Gstrein)
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teleschau: Könnten Sie sich stattdessen vorstellen, hinter der Kamera an einem Projekt mitzuwirken?
Anja Kling: Das könnte ich mir schon vorstellen, ja. Ich bin gerade dabei, einige Geschichten aufzuschreiben, unter anderem auch für ein Kinderdrehbuch. Erst mal mache ich das alles nur für mich, was daraus wird, weiß ich nicht. Ich fülle damit meine Freizeit auf und habe großen Spaß dabei.
teleschau: Wie Sie in Ihrem gemeinsamen Buch erzählen, sind Sie mit Ihrer Schwester immer schon sehr eng verbunden gewesen. Wie geht es Ihnen heute als Schwestern, beruflich wie privat?
Anja Kling: Privat sind wir sowieso sehr eng. Beruflich haben wir leider Gottes nur wenig miteinander zu tun, weil man uns nicht gemeinsam anfragt. Gerit spielt im Gegensatz zu mir auch viel Theater und arbeitet als Coachin. Was wir aber zusammen und mit großer Freude tun, ist unsere gemeinsame Buchlesung. Das läuft wirklich gut, und wir überlegen, jetzt noch einen zweiten Teil zusammenzustellen. Aber natürlich würden wir beide auch sehr gern mal wieder zusammen drehen.
„Ich bewundere diese Entertainer“
teleschau: Sie erzählten vor einigen Jahren in einer Talkshow, dass Sie unter einer schlimmen Talkshow-Phobie leiden. Ist das im Laufe der Jahre besser geworden?
Anja Kling: Das ist nun wirklich sehr lange her. Natürlich gehe ich längst wieder in Talkshows, auch wenn ich zugeben muss, dass es nicht mein Allerliebstes ist. Das liegt wohl daran, dass ich immer das Gefühl habe, dass mir erst hinterher die super tollen und lustigen Antworten einfallen. Das ist bei einem Interview übrigens gar nicht so viel anders für mich (lacht). Ich bewundere diese Entertainer, Menschen, die auf den Punkt immer genau das Richtige antworten und dabei auch noch extrem unterhaltsam sind.
teleschau: Waren Sie vor diesem Gespräch nervös?
Anja Kling: Nein, nicht wirklich. Aber ich denke immer: Ich hoffe einfach, dass mir zu Ihren Fragen immer in der Sekunde die passende Antwort einfällt, die wirklich das widerspiegelt, was ich denke und meine. (tsch)