Immer mehr Menschen erkranken an Hautkrebs. Eine ARD-Dokumentation warnt vor einem weiteren Anstieg. Ein Forscher jedoch sieht die Sache anders: Kann uns UV-Licht gar vor Krebs schützen?
Hautarzt behauptet in ARD-Doku, dass Sonne vor Krebs schützt - Reporterin will das so nicht stehen lassen

ARD-Reporterin Lena Ganschow will herausfinden, wie schädlich oder gesund UV-Strahlung tatsächlich für uns ist. (Bild: ARD)
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Die Zeiten, in denen man stundenlang ungeschützt in der Sonne lag, sind längst vorbei. In Australien entferne man Hauttumore inzwischen sogar „wie am Fließband“, heißt es in der neuen „ARD Wissen“-Doku „Unsere Haut - Wie viel Sonne ist gesund?“, und auch hierzulande häufen sich die Hautkrebsfälle: Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurden 2023 fast doppelt so viel Patientinnen und Patienten in Deutschland wegen bösartiger Hauttumore behandelt als noch 2003.
Auch Regina Pietsch ist betroffen. „Ich kann mich gar nicht erinnern, dass meine Mutter mich jemals mit Sonnencreme eingecremt hätte“, erzählt sie der „ARD Wissen“-Reporterin Lena Ganschow. Als ihr ein Arzt im Beisein des Kamerateams bestätigt, dass sie an weißem Hautkrebs erkrankt sei, ist die Seniorin sichtlich schockiert. Den geplanten Urlaub mit ihrer Tochter sagt sie ab: „Ich hab überhaupt keine Lust mehr auf Sonne.“
Düstere Prognose für die „Sonnenbrand-Jahrgänge“
Wie der Freiburger Dermatologe Frank Meiß in der Dokumentation erklärt, erkranken immer mehr Frauen und Männern in Reginas Alter an Hautkrebs, weil sie in jungen Jahren zu häufig hoher UV-Strahlung ausgesetzt waren. „Die 60er-, 70er-Jahre - das sind die sogenannten Sonnenbrand-Jahrgänge, bei denen wir jetzt erst die Folgen dieser unkritischen Sonnenexposition sehen.“
Die Prognose des Arztes fällt düster aus: „Wir gehen davon aus, dass bis 2040, 2050 all diese Jahrgänge noch mit hohen Hauttumorenzahlen hierherkommen. Wir werden diesen Trend nicht stoppen können.“
Gehört Hautkrebs in Australien längst zum Alltag?
In Australien ist die drohende Gefahr, an Hautkrebs zu erkranken, längst allgegenwärtig. „Zwischen ganz normalen Geschäften sind überall Hautkrebs-Kliniken“, staunt die Reporterin bei einer Reise nach Brisbane. Dort erklärt ihr ein junger Mann, der als Rettungsschwimmer arbeitet, dass es für ihn „keine Frage“ sei, ob er irgendwann Hautkrebs bekomme, „sondern wann, und wie schlimm es dann ist“.
Der australische Hautarzt Chris Wetherall stellt klar: „Es ist ein Umweltproblem für uns Australier. Eine Menge der Sonne, die wir abbekommen, kommt nicht vom Sonnenbaden, sondern vom Gang zum Auto, in die Geschäfte oder vom Sport draußen.“ Die Sonne sei „einfach immer da“.
Eine weitere Erklärung liefert der Epidemiologe David Whiteman, der im Freiluft-Interview darauf besteht, dass die Reporterin eine Kopfbedeckung als Sonnenschutz trägt: „Die Menschen hier haben die falsche Hautfarbe für das Klima. Die Ureinwohner sind mit ihrer Haut optimal an die Sonne angepasst. Aber die Briten, die im 17. Jahrhundert hierherkamen, haben eine zu helle Haut.“
Schottischer Forscher ist überzeugt, dass Sonnenlicht das Krebsrisiko senkt
Und trotzdem: In Australien leben die Menschen durchschnittlich fast drei Jahre länger als in Schottland, wo es deutlich weniger Sonnenstunden und auch deutlich weniger Hautkrebsfälle gibt. Der schottische Dermatologe Richard Weller vermutet, dass dies am UV-Licht liegen könnte: In einer Studie will er nachweisen, dass sich durch UV-Strahlung die weißen Blutkörperchen so verändern, dass sie mögliche Krebszellen besser unschädlich machen können.
„Bei Sonnenlicht gibt es keinen Beweis dafür, dass dadurch das Leben verkürzt wird“, sagt er. Seiner Ansicht nach könnte „die richtige Dosis Sonnenlicht“ das Leben sogar verlängern. „Wir müssen grundsätzlich alle Krankheiten nach ihrem Sterberisiko beurteilen und vergleichen. Ich kann mich deshalb als Hautarzt nicht nur für Hautkrebs interessieren, sondern muss immer die allgemeine Gesundheit meiner Patienten im Auge behalten“, erklärt er.
Tatsächlich gelingt es dem Forscher von der Universität Edinburgh, die weißen Blutkörperchen seiner Probanden durch die Bestrahlung mit UV-Lampen zu verändern - und unter Laborbedingungen resistenter gegen Krebszellen zu machen. „Die Ergebnisse sind absolut solide“, stellt der Forscher fest: „Wir haben einen neuen Mechanismus gefunden, der zeigt, wie das Sonnenlicht das Krebsrisiko senkt.“
Gar so euphorisch wie der Wissenschaftlerin zeigt sich die ARD-Reporterin nicht. „Was für Australien gilt, muss nicht für Schottland gelten“, mahnt sie: „Bei der Sonne gibt es kein Entweder-oder“ - die Dosis mache das Gift.
Das Erste zeigt die Dokumentation „ARD Wissen: Unsere Haut - Wie viel Sonne ist gesund?“ am Montag, 28. Juli, um 22.10 Uhr. In der ARD Mediathek ist der Film bereits vorab zu sehen. (tsch)