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„Ich konnte das kaum ertragen“ARD-Doku begleitet Mutter eines Gewaltopfers vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Joanna am Grab ihres getöteten Sohnes Philipos. (Bild: WDR / Martina Di Lorenzo)

Joanna am Grab ihres getöteten Sohnes Philipos. (Bild: WDR / Martina Di Lorenzo)

Die ARD-Doku von Gabriele Jenk begleitet eine Mutter nach einer tödlichen Attacke gegen ihren Sohn Philipos (20) im Juni 2024. Die Tat machte Schlagzeilen, ein junger Syrer wurde verhaftet. Im Film äußert sie sich auch zum Angeklagten und bekommt im Gericht ein Video der Tat gezeigt.

Unter Tränen steht Joanna am Grab ihres getöteten Sohnes. „Ich kann nicht glauben, dass mein Sohn da drunter ist. Es ist ganz schlimm, wenn ich hier bin“, erklärt die Mutter noch immer fassungslos über ihren tragischen Verlust. Die ARD-Doku „Echtes Leben: Mein Sohn wurde getötet“ beleuchtet auf emotionale Weise den Fall des jungen Philipos (20), der im Juni 2024 in Nordrhein-Westfalen zusammengeschlagen wurde. Zwei Tage später erlag er seinen Verletzungen. Während Mutter Joanna um ihren Sohn trauert, wird aus Philipos plötzlich eine Schlagzeile ...

Philipos wollte eigentlich nur das gelungene Abitur seiner Schwester feiern, im Festsaal des Kurparks Bad Oeynhausen. „Das war das erste Mal, dass ich meinen Sohn auf einer Tanzfläche erlebt habe. Wir hatten eine super tolle Zeit“, erinnert sich Joanna im Film Gabriele Jenk an die zunächst sehr schöne Party. Doch gegen zwei Uhr nachts nimmt der Abend eine schreckliche Wende: Als Philipos mit seinem besten Freund Max auf seine Schwester im Park wartet, werden sie von einer Gruppe junger Männer angegriffen. Beim Versuch zu flüchten wird Philipos umgeworfen und mit mehreren Tritten gegen den Kopf tödlich verletzt.

Der mutmaßliche Täter: ein damals 18-jähriger Syrer. Schnell nimmt Philipos' Tod in den Medien Fahrt auf und befeuert die Debatte um die Asylpolitik im Bundestag. „Es ging Schlag auf Schlag“, berichtet Joanna von den Ereignissen - und den folgenden Hassnachrichten und -anrufen. Die 48-Jährige setzte sich für Flüchtlinge ein. Für sie spiele die Nationalität des Mörders ihres Sohnes keine Rolle, wie sie in der Doku betont: „Der Arzt, der um das Leben meines Kindes gekämpft hat, ist Syrer. Mein Friseur auch. Und ich? Ich bin Polin“, so Joanna. Verzeihen kann sie dem Täter aber nicht. Zu groß wiegt der Schmerz über ihren Verlust.

Mutter muss Video anschauen, in dem ihr Sohn getötet wird

Sechs Monate später beginnt im Landgericht Bielefeld der Prozess gegen den 18-jährigen Hauptangeklagten. Joanna nimmt als Nebenklägerin teil, um dem mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes Fragen stellen zu können. „Ich wollte ihm in die Augen sehen und er sollte wissen, dass er mir den Sohn genommen hat.“ Es taucht ein Handyvideo eines Zeugen auf, das den Angriff zeigt und den Täter als solchen zu erkennen geben soll. Ein bewegender Moment für Joana, die zitternd „wahrscheinlich die letzte Minute des Lebens meines Sohnes“ mit anschauen muss. „Das ist sehr schwer jetzt.“

„Es war sehr schlimm für mich. Ich konnte das kaum ertragen“, herrschen bei Joana nach dem Sichten des Clips gemischte Gefühle. Immerhin sei der Täter darin ihrer Aussage nach „eindeutig“ zu erkennen gewesen: „Ich glaube, da kann keiner jetzt dran zweifeln, dass der richtige der Hauptangeklagte ist.“ Vor dem anstehenden Urteil sagt sie: „Egal, welche Strafe er bekommt, es ist nicht gerecht und es bringt meinen Sohn auch nicht zurück.“ Zehn Monate nach dem Tod ihres Philipos wird der inzwischen 19-jährige Syrer zu neun Jahren Haft verurteilt.

Bei Joanna überwiegt anschließend die Erleichterung: „Es ist ein guter Abschluss. Er wurde verurteilt und diese neun Jahre wird er jetzt absitzen und da bin ich sehr froh drüber.“ Die ARD-Doku zeigt, wie die Mutter den Tag im Kurpark von Bad Oeynhausen beendet - der Ort, an dem ihr Sohn im Juni 2024 zu Tode getreten wurde. Ein weiteres Mal nimmt sie Abschied. Sie ist sich sicher, dass ihr Sohn sie noch weiterhin begleitet und auf sie aufpassen wird.

Die komplette ARD-Doku „Echtes Leben: Mein Sohn wurde getötet“ wird am Mittwoch, 11. Juni, um 23.35 Uhr im Ersten ausgestrahlt und ist ab sofort in der ARD-Mediathek verfügbar. (tsch)