Eine fünfteilige Doku-Serie zeigt auf, was während des Bundestagswahlkampfs hinter den Kulissen der CDU passiert ist. Erhellend sind die Schlaglichter auf den CSU-Parteichef Markus Söder - und dessen ganz eigene strategische Überlegungen.
In „Inside CDU“-Doku wird klar, warum Söder die Grünen zum Hauptwidersacher erklärte

CSU-Chef Markus Söder arbeitete sich im Wahlkampf bevorzugt an den Grünen ab. (Bild: 2025 Getty Images/Johannes Simon)
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Über mehrere Monate begleitete ein Kamerateam des ZDF einfache Abgeordnete und Spitzenpersonal der CDU im Bundestagswahlkampf - angefangen an einem historischen Tag. Am 6. November wurde nicht nur Donald Trump zum zweiten Mal als US-Präsident gewählt. Noch am selben Tag zerbrach die Ampel-Koaltion aus SPD, Grünen und FDP.
„Ich spüre ein bisschen Erleichterung, dass diese Quälerei mit dieser Regierung zu Ende geht. Ich empfinde es nicht als Genugtuung“, sagt in der fünfteiligen Doku-Serie „Inside CDU“ Friedrich Merz. Im Film von Steffen Haug und Denise Jacobs kommt der CDU-Chef und designierte Bundeskanzler ausführlich zu Wort. Ebenso erhellend sind aber auch die Schlaglichter, die auf das Wirken von CSU-Chef Markus Söder „hinter den Kulissen“ fallen.
„Selbst die, die Merz kritisch sehen, haben gesagt: Augen zu und durch!“
Als die Ampel zerbricht, stehen die Unionsparteien in Umfragen bei deutlich über 30 Prozent. Merz gilt als kommender Kanzler. „Dessen Nähe sucht man, viele Leute wollen was werden, der Widerspruch, den er erfährt, ist praktisch null“, konstatiert in der ZDF-Doku die „Zeit“-Journalistin und Merz-Biografin Miriam Lau. Helene Bubrowski von „Table Media“ bestätigt den Eindruck: „Selbst die, die Merz kritisch sehen, haben gesagt: Augen zu und durch!“
Als der Wahlkampf entfacht, erkennt Veit Medick, Ressortleiter Politik beim „stern“, das zentrale Bemühen der Konservativen: „Man will geschlossen in diese Wahl gehen.“ Das sei „eine der Lehren aus diesem missratenen Wahlkampf 2021“, bei dem Markus Söder den Machtkampf mit Armin Laschet um die Kanzlerkandidatur zum Nachteil der Schwesterparteien ausreizte.

Hinter Friedrich Merz (links) und Carsten Linnemann liegt ein kräftezehrender Wahlkampf. (Bild: 2025 Getty Images/Sean Gallup)
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In „Inside CDU“ gibt es ein paar schöne Szenen, die Söders gebremstes, aber jederzeit bedrohliches Potenzial als Wahlkampfquerschläger illustrieren. Am Tag der Regierungserklärung von Olaf Scholz warnt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Merz und Söder im Aufzug: „In dem Moment, wo wir unten bei der Tür hereingehen in den Plenarsaal, sind die Kameras schon auf euch gerichtet.“ Söder scherzt: „Machen wir keine Victory-Zeichen dazu, oder?“ Dem leicht aufgeschreckt wirkenden Merz versichert er eilig: „Also, ich mach keine große Action.“ Dann ein schöner Nachklapp, der ein bisschen nach Drohung klingt: „Heute nicht.“
Söder lehnt Wüsts Umarmung ab: „Wir wollen uns gegenseitig nicht schaden“
Im Plenarsaal fliegen danach am Rednerpult die Fetzen. Da sei ihr klar geworden, dass es ein „schriller, polarisierender Wahlkampf“ wird, der die Ränder stärkt, erinnert sich RND-Hauptstadtkorrespondentin Alisha Mendgen. Mit welch heißer Nadel die CDU-Kampagne gestrickt ist, zeigt sich Mitte November bei einem Termin in der CDU-Parteizentrale. Merz liest ein Statement zum Wahlslogan „Wieder nach vorne“ vom Prompter ab. Wichtige Aussagen wie die zur „Bewahrung der Schöpfung“ wurden vergessen. „Und es sind immer noch Schreibfehler drin, im letzten Satz.“ Merz wirkt angefressen und angespannt: „Leute, he!“
Am Rande einer Podcast-Aufzeichnung trifft Markusd Söder später auf einen seiner ärgsten Widersacher bei der christdemokratischen Schwesterpartei, Hendrik Wüst. Als der nordrhein-westfälische Ministerpräsident seinem bayerischen Amtskollegen scherzhaft eine Umarmung anbietet, winkt der lachend ab: „Wir wollen uns gegenseitig nicht schaden.“ Politisches Haifischgebaren, verpackt in joviale Gags.
Söder zu Linnemann: „... dann weißt du genau, was die Herausforderung ist!“
Interessant dürfte die Ansicht des ZDF-Mehrteilers auch für einen anderen Erzrivalen Söders sein, Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck respektive die Grünen im Allgemeinen. Wer sich gefragt hat, warum Söder sich wie besessen wirkend an Habeck und den Grünen abgearbeitet hat - deutlich mehr als an der AfD -, bekommt es hier erläutert. Es liegen ganz offenbar strategische Gründe hinter dem viel diskutierten „Grünen-Bashing“.
Als der Podcast noch nicht aufgezeichnet wird, fängt die ZDF-Kamera ein, was Söder einem abgelenkt wirkenden CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vertrauensvoll zuraunt: „Hör dir Weidel an, dann weißt du genau, was die Herausforderung ist!“ Eine aktuelle Rede der AfD-Chefin hat den bayerischen Ministerpräsidenten offenkundig schwer beeindruckt.
Er schließt aus ihr: „Wir verlieren nicht an SPD und Grüne, wir verlieren an die AfD!“ Denn Weidel habe die Aussicht auf „Schwarz-Grün so massiv zum Thema gemacht“ in einer ihrer „stärksten“ Reden. In diesem Licht wird noch mal klarer, warum Söder eine Koalition mit den Grünen im Bund apodiktisch und öffentlichkeitswirksam ausgeschlossen hat.
In ihren weiteren Folgen thematisiert die Doku auch die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag - vor dem Hintergrund des Attentats von Aschaffenburg. Auch den Wahlabend und die Sondierungsgespräche mit der SPD begleitete das Kamerateam hinter den Kulissen der CDU.
„Inside CDU“ ist in einer gekürzten Fassung am Dienstag, 6. Mai, 20.15 Uhr, im ZDF zu sehen und vorab als Fünfteiler in der ZDF-Mediathek. (tsch)